Hahn, Nikola
haben. Aus Hamburg sind uns in später Abendstunde zwei wichtige
Meldungen zugegangen. Die erste Nachricht, die wir gegen 8V2 Uhr erhielten,
lautete:
»Hamburg,
11. März. Hier wurde der Kutscher
Stafforst verhaftet unter der Beschuldigung, den Klavierhändler Lichtenstein
in Frankfurt a. M. ermordet und beraubt zu haben. Stafforst war im Besitz
einer goldenen Uhr, die Lichtenstein gehört haben soll. Der Verhaftete verschweigt
die Angabe seines Logis. Wahrscheinlich sind die aus dem Raubmord stammenden
Sachen dort versteckt.«
Die
zweite Hamburger Depesche, die nach Mitternacht hier eintraf, brachte noch
genauere Angaben:
»Hamburg,
11. März. Die Frankfurter Polizei
ersuchte die hiesige, auf Stafforst zu recherchieren. Die Hamburger Polizei
war, da Stafforst mehrfach betraft ist, im Besitze seiner Photographie. Mit
Hilfe seines früheren Logiswirtes wurde Stafforst heute Nachmittag auf der
Straße verhaftet. Er hatte einen geladenen Revolver bei sich. Stafforst ist am
26. Februar (Lichtenstein wurde Freitag, den 26. Februar ermordet. Anm. d.
Red.) von Frankfurt abgereist; seit dem 9- März ist er in Hamburg. Er leugnet
die Tat und will Groß nicht kennen. Sein Alibi vom 26. Februar kann er nicht
nachweisen. Seine Angaben sind widersprechend, sein Auftreten ist unsicher. Als
er bei dem Verhör in die Enge getrieben wurde, verweigerte er jede Aussage.«
Abendblatt
Montag, 14. März 1904
Frankfurter
Zeitung und Handelsblatt
Der
Raubmord auf der Zeil. Die im Lauf des Vormittags
aus Hamburg uns zugegangenen Nachrichten beseitigen auch den letzten Zweifel,
daß der Kutscher Stafforst und der Möbelträger Bruno Groß die Mörder von
Hermann Lichtenstein sind.
Heute
erhielten wir folgendes Telegramm:
»Hamburg,
14. März, 10.50 V. Stafforst wurde bis tief in
die Nacht hinein vernommen. Das Geständnis wurde durch einen eigenartigen
Umstand herbeigeführt. Ein Bereiter aus Braunschweig war wegen Unterschlagung
am Samstag hier verhaftet worden. Er hatte Stafforsts Bild an der Anschlagstafel
einer Polizeiwache gesehen. Er kannte Stafforst von früher und kam hier mit ihm
zusammen. Stafforst nannte ihm seine Wohnung und zeigte ihm Schmucksachen von
Lichtenstein. Hiervon machte der Bereiter der Polizei Kenntnis. In der
Wohnung Stafforsts fand man dann tatsächlich Lichtensteins Uhr, Medaillon und
40 Mark Bargeld.«
Ein
weiteres Telegramm meldet uns noch folgende Einzelheiten:
»Hamburg,
14. März, 12.25N. Stafforst leugnete anfangs
immer noch, aber als die Polizei seine Wohnung ausfindig gemacht hatte,
bequemte er sich zu einem vollen Geständnis. Er habe den Groß in Leipzig
kennengelernt. Als Stafforst nach Frankfurt kam, begegnete er dem Groß wieder.
Sie
sannen dann auf Mittel und Wege, um sich Geldmittel zu verschaffen. Groß habe
darauf den Lichtenstein als einen reichen Mann erwähnt, in dessen Geldschrank
sich 60 bis 70,000 Mark befänden. Stafforst habe sich geweigert, die Mordtat
mit auszuführen, aber Groß habe ihn durch Drohungen gezwungen. Am 26. Februar
habe Stafforst nachgegeben, am Mittag seien sie in das Iichtenstein'sche Kontor
gegangen, wo Lichtenstein allein anwesend gewesen sei. Sie hätten vorgegeben,
ein Klavier zu kaufen. Im geeigneten Moment schlugen sie Lichtenstein mit
einem Zweikilostück nieder. Lichtenstein setzte sich zur Wehr. Darauf wurde er
erdrosselt.«
Die
Aussage von Stafforst bestätigt auch, daß wirklich ein Raubmord geplant war,
nicht nur ein Raub mit einer Betäubung oder Unschädlichmachung des Opfers. Denn
Lichtenstein kannte den Groß: darum wurde er für immer stumm gemacht.
Es ist
klar, daß Stafforst so viel als möglich sich zu entlasten sucht und seinen
Genossen als den Haupttäter hinzustellen sucht. In hiesigen polizeilichen
Kreisen ist man dagegen geneigt, zwar in Groß den Anstifter zu erblicken, in
Stafforst aber den Mann, der bei der Verübung der Mordtat die Hauptrolle
gespielt hat.
Die
Annahme, daß noch ein Dritter beteiligt war, ist aufgegeben worden.
Drittes Morgenblatt
Dienstag , 15. März 1904
Frankfurter
Zeitung und Handelsblatt
Der
Raubmord auf der Zeil. Mit dem Bebraer Zug
um 7 Uhr 54 Minuten ist gestern Abend Friedrich Stafforst auf dem
Sachsenhäuser Bahnhof eingetroffen. Es war nicht viel Publikum anwesend, etwa
hundert Personen. Denn man hatte diese Stunde der
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