HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi
großes Unternehmen wie die Betreibergesellschaft eines Flugplatzes gute Anwälte hat, muss ich wohl nicht erwähnen.“
„Nee, musste nicht.“ Kaltenbach winkte ab. „Gibt es denn keinen Widerstand aus dem Volke mehr? Keine Bürgerinitiative, nichts?“
„Fehlanzeige.“ Melanie Balmes blätterte in ihrem Hefter und schüttelte den Kopf.
„Dann lässt das zwei Schlüsse zu: Entweder die Leute sind gekauft und bestochen, oder sie trauen sich einfach nicht, gegen eine Macht wie den Flughafen anzustinken.“ Kaltenbach holte tief Luft. „Und was ist das jetzt für eine heiße Story? Wir können über tote Fische in diesem …“
„Ahringsbach“, half Dietz.
„Ahringsbach berichten“, nahm Kaltenbach den Faden auf. „Das wäre eine reine Berichterstattung über die Fakten. Darüber wird sich niemand beschweren können, auch nicht diese findigen Rechtsverdreher der Flughafengesellschaft.“
„Wir möchten Licht ins Dunkel bringen“, erwiderte Mellie. „Wer steckt hinter dieser Geschichte? Gibt es vielleicht eine Chemiefabrik, die ihre Lkw im Bach leert oder so etwas?“
„Soll ich mich am Ahringsbach Tag und Nacht auf die Lauer legen und warten, bis ich etwas Verdächtiges beobachte?“ Kaltenbach glaubte an einen schlechten Scherz. „Prangenberg reißt mir die Eier ab, wenn er erfährt, dass ich …“ Er brach ab und murmelte eine Entschuldigung.
„Unsere Hoffnung, insofern man in einem solchen Fall von Hoffnung sprechen darf, ist, dass doch die Betreibergesellschaft hinter dieser Schweinerei steckt und wir einen großen Umweltskandal aufdecken können. Damit wäre unser Blatt ganz vorn dabei, und die Kollegen vom Trierischen Volksfreund und der Rheinzeitung würden in die Röhre gucken.“ Mellie grinste verschmitzt, und Kaltenbach sah ihr förmlich an, dass sie von einer großen Karriere als Skandalreporterin träumte.
„Das Problem ist aber der Krankenstand hier im Haus“, kam Dietz zum wesentlichen Problem der kleinen Redaktion zurück. „Man müsste vor Ort recherchieren und mit den Menschen an der Mosel sprechen. Aber wir sind jetzt schon total überlastet.“ Nun lächelte er Kaltenbach an und bekam rote Ohren. „Wir dachten, dass Sie, ich meine, dass du vielleicht an die Mosel fahren könntest, um …“
„Ich soll euch die Kohlen aus dem Feuer holen?“
„So würde ich das nicht sagen, ich …“ Dietz suchte nach den richtigen Worten und blickte Hilfe suchend zu Mellie. Sie war in den Unterlagen auf ihren Knien vertieft.
Kaltenbach überlegte. Vielleicht fand er in Enkirch tatsächlich etwas heraus. Eine Ursache musste das Fischsterben im Ahringsbach ja haben. Und er musste sich nicht mit diesen Weicheiern in der Redaktion herumärgern. Grinsend streckte er die Hand aus und ließ sich von Mellie den Ordner aushändigen. „Dann gib mal her.“
Sie hatte keine Einwände.
„Du übernimmst das also?“, fragte Dietz mit einem leichten Zögern in der Stimme. Wahrscheinlich hatte er es sich schwerer vorgestellt, den Kollegen aus Neuwied wieder loszuwerden, um seine Drecksarbeit machen zu lassen.
Kaltenbach erhob sich. „Klar. Ich fahr mal runter und seh‘ mir das an.“ Er durchquerte mit weit ausholenden Schritten die Redaktion und nickte der älteren Kollegin, die gerade telefonierte, zu.
Mellie war aufgesprungen und folgte Kaltenbach. „Warte“, rief sie. „Ich komme mit!“
Kaltenbach zögerte. „Wozu?“
„Du bist Reporter, ich Fotografin. Ich finde, wir sollten zusammen losziehen.“
Kaltenbach blieb mit der Mappe unter dem Arm stehen und blickte sie an. Dann schüttelte er den Kopf. „Nee, lass mal. Ihr seid jetzt schon unterbesetzt. Wenn ich dich mitnehmen würde, gibt das Ärger mit Prangenberg. Und das wollen wir doch nicht, oder?“
Mellie schüttelte enttäuscht den Kopf.
„Außerdem habe ich keinen Kindersitz auf der Honda. Also musst du hier warten.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, stand Kaltenbach wieder im kühlen Treppenhaus. Er dachte kurz nach, dann entsann er sich einer alten Freundin, die er vielleicht zu Rate ziehen konnte. Doch jetzt musste er erst einmal an die Mosel fahren. Und er durfte keine Zeit verlieren.
DREI
Die Mittagssonne brannte unbarmherzig vom wolkenlosen Himmel herunter, als er das Ortseingangsschild von Enkirch passierte. Für die Fahrt von Koblenz an die Mittelmosel hatte er eine knappe Stunde benötigt. Mit dem Motorrad hatte er die gemächlich dahinschleichenden Wohnmobile der Touristen überholen und Zeit
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