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Hahnemanns Frau

Titel: Hahnemanns Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bauer Angeline
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täte ihr im Herzen weh.
    Plötzlich stand Rose neben ihr. »Vielleicht das«, sagte sie und griff nach einem tiefgrünen Jäckchen mit Chemisette, dazu einem grauen Rock aus Wollstoff.
    Mélanie sah sie dankbar an. Es war schlicht, gab ihr Würde, ohne sie zu schmücken. Sie hatte es erst nach Samuels Tod nähen lassen.
    »Ja, du hast recht, Rose, dies ist dem Anlaß gemäß.« Bitter klang das, voller Hohn.
    Während sie Wasser in die Schüssel goß, um sich frisch zu machen, holte Rose Wäsche, Unterröcke und Strümpfe, Schuhe, Handschuhe und die graue Mantille mit dem schwarzen Pelzbesatz. Dann half sie Mélanie beim Anziehen. Alles geschah schweigend, nur ein gelegentliches Schniefen Roses war zu hören.
    »Nun weine doch nicht!« Mélanie versuchte streng zu wirken, aber ihre Rührung und auch ihre Angst konnte sie nicht ganz verbergen. Rose war seit sechzehn Jahren bei ihr. Sie hatte alles mit erlebt, was Mélanies Leben in dieser Zeit bestimmt hatte. Ihre Abreise nach Deutschland, ihre Rückkehr mit Samuel und wie sie beide gekämpft hatten um seine Anerkennung. Die Liebe, die Fehlschläge, den Erfolg. Zeiten von Reichtum und Zeiten von Not … und am Ende Samuels Tod, der immer noch bleischwer in ihrem Herzen wütete.
    »Daß man Sie abholt wie eine Verbrecherin!« Rose schluchzte auf, nun war es mit ihrer Beherrschung vorbei.
    »Nicht ganz so schlimm«, schränkte Mélanie ein. »Man hat immerhin eine Kutsche gewählt, keinen Schinderkarren.« Ihr Ton war voller Sarkasmus.
    »Ach, Madame!« Rose nahm Mélanies Hand und drückte sie an ihre verweinten Wangen. »Wenn Monsieur Hahnemann das erlebt hätte – zum Glück ist es ihm erspart geblieben.«
    Mélanie schloß die Verschnürung ihrer Schuhe, setzte den Hut auf, den Rose ihr reichte, und warf sich die Mantille über.
    »Führe das Haus wie gewöhnlich weiter. Ich komme bald wieder, spätestens zum Abendessen bin ich zurück. Mach dir keine Sorgen!« Sie ging zur Tür, hielt plötzlich inne. »Nur wenn du Charles benachrichtigen könntest. Und Sébastien.«
    Sofort quollen wieder Tränen aus Roses Augen und liefen ihr in kleinen Bächen über die Wangen. »Ja, natürlich, Madame Hahnemann.« Dann lagen sich die Frauen in den Armen und hielten sich für einen kurzen Moment fest.
    »Und meinen Patienten für heute mußt du absagen.« Mélanie hatte es Rose ins Ohren geflüstert, dann ging sie hinaus und öffnete die Tür zum Salon.
    »Ich bin soweit, Messieurs.«
    Mény verbeugte sich mit bewegungslosem Gesicht. Es war ihm nicht anzusehen, was er in diesem Moment fühlte. Doch als Mélanie in der Kutsche saß und einer der beiden Gendarmen abfällig bemerkte, daß sie die Nase schon bald nicht mehr so hoch tragen würde, wies er ihn scharf zurecht: »Sie mag stolz sein, aber es ist kein hochmütiger Stolz. Es ist ein Stolz, wie Gott ihn nur Menschen schenkt, mit denen er etwas mehr vor hat als das, was wir alle tagein und tagaus tun.« Dann setzte er sich zu ihr in den Wagen, und obwohl sie ihren Blick auf die Straße gerichtet hatte, spürte sie, daß er sie musterte.
    Sie versuchte sich vorzustellen, wie er sie sah. Sie war groß und schlank, hatte blondes Haar und helle blaue Augen. Sie wußte, daß sie trotz der vom Weinen geröteten Lider, der vom Kummer fahlen Haut und der dunklen Ringe unter den Augen jünger aussah, als sie war. Doch wahrscheinlich kannte er ihr wahres Alter aus den Akten. In wenigen Wochen würde sie siebenundvierzig Jahre alt werden – bereits der vierte Geburtstag seit Samuels Tod.
    Als die Kutsche wenig später über das holprige Kopfsteinpflaster rollte, das mit einer feinen, glänzenden Schicht aus Eis überzogen war, wanderten Mélanies Gedanken zurück zu einer anderen Kutschfahrt. Damals war es September, und man schrieb das Jahr 1834.

Die Reise nach Köthen
    »Kutscher!« Es war eine Männerstimme, die hinter ihnen herrief. »Kutscher – halten Sie an!«
    Die Postkutsche verringerte das Tempo. Mélanie beugte sich aus dem Fenster, um zu sehen, was los war. Als sie Dr. Pierre Doyen auf einem eleganten braunen Reitpferd erkannte, erschrak sie. Er war noch dreißig oder vierzig Meter entfernt, holte langsam auf.
    Hastig zog sie sich vom Fenster zurück. Doyen hier! Was sollte das?
    »So halten Sie doch an, Kutscher!« rief er nochmals.
    Brust und Maul des Braunen schäumten vom schnellen Ritt.
    Jetzt, wo die Kutsche fast stand, holte Doyen auf und parierte direkt neben ihr durch. Zweifellos war es Mélanie, nach der

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