Halb verliebt ist voll daneben - Roman
Tränen gefüllt, und ich konnte nichts mehr sehen.
»O Sarah, ja. Ruth hat es … äh … das Baby.«
»Aber ich war davon ausgegangen, dass es … dass sie nicht von ihm ist«, sagte ich leise. »Ich dachte, sie sind nicht zusammen.«
»Es ist von Simon«, sagte Eamonn und legte mir sanft eine Hand auf meine Schulter. »Es tut mir leid, Sarah, es muss schwer sein für dich. Ich habe gestern ein langes Gespräch mit ihm geführt. Es gab einen … Vaterschaftstest. Und sie ist sein Kind, und sie haben beschlossen, eine Familie zu sein, Sarah. Es geht ihnen allen gut.«
Ich schob die Antwortkarte zurück in den Umschlag und gelobte mir, diese drei auf meinem Sitzplan so weit weg von mir wie möglich zu platzieren.
79
Am nächsten Tag, nachdem Eamonn wie üblich ins Studio aufgebrochen war, brachte ich Rachel ihren Tee mit Toast und Brokkolispieße mit Frischkäse.
»Wie geht es der zukünftigen Braut?«, fragte ich sie, wie ich das jeden Tag machte.
Und jeden Morgen entgegnete Rachel darauf mit der gleichen Antwort: »Sie kämpft!«
Aber an diesem Morgen sah sie aus, als wäre über Nacht jegliche Energie aus ihr gesaugt worden. Langsam setzte sie sich im Bett auf. Ihr Haar war zerzaust, und ihren Augen war der Schlafmangel anzusehen.
»Nicht besonders, Sarah, um ehrlich zu sein.«
»Hey«, sagte ich.
Ich brachte ihr das Tablett ans Bett und stopfte ihr ein Kissen unter den Kopf, damit sie es bequem hatte. Sie ließ ihren Kopf darauffallen und stöhnte.
»Hab nicht geschlafen«, sagte sie. »Meine Brust tut mörderisch weh, und meine Gedanken gehen ständig im Kreis.«
»Du warst wohl in einem Gruselkarussell und konntest nicht aussteigen?«
»Ja. Total. So was Blödes.«
»Kann ich was für dich tun?«
»Nein. Nein, nein, da kann keiner was tun. Das liegt nicht mehr in unseren Händen, vermute ich. Ich möchte einfach nur Zeit, nur mehr Zeit, Sarah. Ich möchte nicht, dass es damit endet. Krankheit und Tod. Ich meine, wenn’s denn so sein soll – du kennst mich –, dann werde ich das Beste daraus machen. Aber ich möchte noch ein paar Tage. Eine Menge Tage. Ich gebe mich immer noch Tagträumen hin. Von Eamonn und mir, wie wir uns ein richtiges Zuhause einrichten und wie ich die Thaiküche lerne. Und du und ich, Sarah, ich möchte, dass wir zusammen nach New York fahren und dort auf Schnäppchenjagd gehen. Ich möchte dich einen Oscar gewinnen sehen und dir bei der Auswahl deines Kleides für diesen Abend helfen. Ich möchte Yogalehrerin werden. Ich möchte in Schulen gehen und Kinder Yoga lehren. Ich möchte Eamonn eine gute Ehefrau sein. Ich möchte alt werden und mich elegant wie eine französische Dame kleiden. Ich möchte nicht, dass das schon alles war. Mit zweiunddreißig.«
»Wird es auch nicht, Rachel. Lass dir deine Tagträume nicht nehmen. Wir fahren auf jeden Fall nach New York, und du und ich, wir werden in Paris sitzen, wenn wir sechzig sind, und die französischen Frauen werden dich auf Französisch beschimpfen, weil du so elegant und
gepflegt aussiehst, und wir werden schon am Morgen Champagner Rosé trinken.«
»O Sarah, ich könnte mich in den Hintern beißen. Den größten Teil meines Lebens habe ich mich nur mit Blödsinn befasst. Mit meiner Figur und Männern und anderem Quatsch. Was war ich nur für ein Schwachkopf. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal Schwachkopf sage. Siehst du, wie du mich beeinflusst? Ich wünschte, jemand hätte mir auf die Schulter getippt, als ich noch ein Teenager war, und gesagt: Das Leben ist kurz, verplempere es nicht mit Nichtigkeiten … Tut mir leid. Ich bin schon still.«
»Nein, nicht doch. Um es mit Bob Hoskins zu sagen: Reden tut gut.«
»O ja, eine Sache wollte ich dich fragen …«
»Und die wäre?«
»Siehst du das hier«, sagte sie und deutete mit einem Finger auf ihre Wange.
»Deine Wange.«
»Genau, Sarah, wunderbar. Das ist meine Wange. Aber genau da wächst mir immer ein Haar. Ein beschissenes Schamhaar wächst genau hier aus meiner Wange, und das muss rausgezupft werden. Und ich wollte dich bitten, wenn ich krank bin, ob du mir dann diesen kleinen Mistkerl rauszupfen wirst?«
»Natürlich.«
»Ich danke dir. Aber jetzt was Positives … siehst du, was du mit mir anstellst mit all dem Geblödel von wegen positiv? Die letzte Nacht hat ein Positives hervorgebracht: Ich habe mich entschlossen, Erins Vater zu bitten, uns zu trauen. Was hältst du davon?«
»Ich denke, er und Erin werden begeistert sein.«
»Du findest es
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