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Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)

Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)

Titel: Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Rademacher
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wieder an, mit roten verschwitzten Augen. Und Lisa antwortete ohne zu zögern. „Nein, ich hasse diese Leute. Und ich versuche, gegen sie vorzugehen. Das ist einer der Gründe, warum ich diesen Job mache. Ich kämpfe auch für das Gute. Auf meine Art.“
    „ Und ich eben auf meine Art!“
    „ Nein, falsch“, sagte Lisa. „Du kämpfst für das Böse, du Idiot. Haufenweise Menschen in dieser Stadt können nicht mehr schlafen, weil sie Angst haben, umgebracht zu werden, darunter zumeist Menschen, die niemandem etwas getan haben. Die Boulevardschmierfinken leben ungeniert weiter ihren Frust darüber aus, dass sie es nicht bei ’ner richtigen Zeitung geschafft haben. Jetzt kommen die sich auch noch toll vor, und Charlie Sander hat einen Märtyrerstatus erhalten. Ich hab gehört, die wollen jetzt einen Medienpreis nach ihm benennen. Und Fechners Partei ist auf dem Weg, das Rote Rathaus zu erobern. Genau wie in Holland, als dieser Fortuyn umgelegt wurde. Den Penner haben sie posthum zur bedeutendsten Persönlichkeit des Landes gewählt. Das ist nicht gerade eine Traumbilanz, die du da vorlegst.“
    Sven wollte sich nicht geschlagen geben. „Was im Rathaus passiert, ist doch schnuppe. Politiker sind alle gleich. Was van der Graaf getan hat, war mutig, er hat mich bestärkt. Er ist allerdings nicht gerade der ideale Märtyrer. Wie der vor Gericht aufgetreten ist mit seinem ‚Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll’ oder diesem ‚Ich bin mir nicht sicher’ auf die Frage, ob der Mord ein Fehler gewesen sei. Schade, dass er nicht so gut wegkam in den Medien.“
    „ Glaubst du denn, du kommst besser weg?“
    Lisas Frage sorgte für Stille in der Wohnung. Man hörte nur noch das leise Rauschen der Bäume im Innenhof, und Lisa konnte auch hören, wie Katze draußen kreischte. Offenbar kämpfte er mit einem anderen Kater oder einem widerspenstigen Beutetier. Da Sven noch mit sich selbst beschäftigt war und vor sich hin brütete, trat Lisa wieder auf den Balkon und sah nach unten, ob es Katze gut ging. Sie konnte erkennen, wie er auf einem Mauervorsprung saß und sich mit demonstrativer Gelassenheit mit einer Pfote das Gesicht wusch, während ein riesengroßer, grau getigerter Kater humpelnd von dannen schlich. Lisa konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Sie verspürte tatsächlich Stolz, wenn ihr Kater einen so viel größeren Brocken in die Flucht schlug.
    Plötzlich stand Sven hinter ihr.
    Sie erschrak und fuhr herum. Mit einem einzigen Stoß hätte er sie über das schmale Geländer befördern können. Es war hoch genug, um keine Überlebenschancen zu haben. Ein Unfall, Herr Kommissar, wir waren nur ein wenig am Plaudern, und dann ist sie ausgerutscht. Sven sah sie an, seine Augen unendlich traurig, sein Gesicht zu einer entmenschten Fratze des Leids verzogen.
    „ Lisa, ich...“
    Sie wich zurück und stützte sich an dem kleinen Tisch ab, der auf dem Balkon stand. Sven runzelte verständnislos die Stirn über ihre Reaktion, und sie flüchtete mit einem Satz hinter die Tür. Er wandte sich zu ihr um.
    „ Ich glaub, du hast recht“, sagte er leise.
    „ Was?“
    „ Ist nicht gut, wenn sie mich lebend kriegen“, meinte er und ergriff das Geländer. „Ich würde unserer Sache nur schaden. Ich tauge nicht zum Helden. Ich bin ein ziemlich armseliger Wicht, oder?“
    Er schwang seine Beine über das Geländer und stand mit dem Gesicht zu Lisa auf der Außenkante, wobei er sich mit beiden Händen festhielt. Lisa sah ihn entsetzt an.
    „ Sven, jetzt komm, das kann nicht dein Ernst sein...“
    „ Ich dachte erst, ich erstech mich mit dem Schwert, aber dazu hab ich auch nicht den Mumm.“ Sven sah kurz nach unten und lächelte Lisa an. „Deshalb hab ich das auch so und nicht anders gemacht mit den vieren. Ich hätte nicht den Mut für eine richtige Konfrontation gehabt, oder für einen Kampf. Ich will kein Risiko eingehen. Aber ich schätze, fünf Stockwerke sind hoch genug, oder?“
    Lisa ging einen Schritt nach vorn. Sie streckte die Hand aus, um Sven am rechten Handgelenk zu packen. Er zog die Hand weg.
    „ Lass sein, Liebling“, sagte er lächelnd und hielt sich nur noch mit der linken Hand fest. „Ich liebe dich, das weißt du.“
    Lisa sah ihm in die Augen, die immer noch von seiner Nickelbrille umfasst waren. Er sah auf einmal wieder wie ein netter Junge von Nebenan aus, liebenswert und aufopferungsvoll. Lisa hielt seinem um Vergebung bettelnden Blick stand und sagte schlicht: „Ich dich

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