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HalbEngel

HalbEngel

Titel: HalbEngel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Das ist AAD aufgenommen, das ganze Ding, und ich finde, das hört man auch. Das knurrt und ächzt und übersteuert ja andauernd. Ich find das ehrlich gesagt ziemlich geil.«
    »Stimmt schon. Aber das ist immer noch nichts gegen die Livegigs, die sie früher gemacht haben. Ich war ja schließlich dabei.«
    »Ich auch.«
    »Aber nicht bei mindestens einhundert.«
    »Hundert Gigs. Aaaa-yeah.«
    »Tja. Ist ja auch egal. Fest steht jedenfalls, dass Index One den Durchbruch brachte. Mel Sletvik von Loud Chameleon Records hatte das Tape gehört und bot Floyd einen Plattenvertrag an.«
    »So was wie ein Demotape haben die Jungs nie gemacht?«
    »Nein, das ist ja das Komische dran. Floyd wollte kein Demotape. Er wollte auch keinen Plattenvertrag. Er hatte auch keine Ahnung, dass Index One existierte. Er kam zu dem ganzen Big-Money-Scheiß wie die Nonne zum Dick. Und trotzdem konnte Sletvik ihn kaufen. Nicht mit Geld. Er hat ihm das Studio gezeigt und die Möglichkeiten, die Floyd dort haben könnte. Von da an war Floyd nicht mehr derselbe.«
    »Shit.«
    »Die Sache mit Utah war schon schlimm genug für unsere Ehe, aber es war etwas, was man verstehen konnte, was man nachvollziehen konnte und worüber man hinwegkommen konnte. Wir hatten auch schon vorher Chicks im Tourbus gehabt, mit denen Halloran und Brian rumgemacht haben. Die Atmosphäre war schon immer sexy auf Tour, und man sieht das auch alles ziemlich locker. Aber plötzlich fing Floyd an, nur noch von der Musik zu reden und sich mehr und mehr von mir zurückzuziehen und so Sachen zu sagen wie ›Seit ich ein kleines Kind war, hab ich von dem und dem Sound geträumt‹ und so – du kannst’s dir denken, so was wie die Windeffekte bei ›Legless Bird‹ und dieser orchesterartige Rückkopplungswahnsinn von ›Market‹ – und ›endlich könnte ich das machen, ich könnte es wirklich wahr werden lassen‹. Er redete immer mehr von seiner Kindheit und führte sich dabei auch immer mehr auf wie ein kleines Kind. Es war echt scheiße, weil er sich auch keinem mehr so richtig mitteilen konnte, außer Utah vielleicht.«
    »Na ja, er ist eben Musiker. Irgendwie kann ich das ja verstehen, dass ihn das so begeistert.«
    »Na klar. Verstehen konnte ich das auch. Verstehen tu ich das noch immer. Aber Verstehen ist eben keine Basis für Gemeinsamkeit. Man kann jemanden verstehen und dabei doch unendlich weit von ihm entfernt sein. Verstehen bedeutet auch nicht, dass man mit jemandem reden kann. Gerade weil ich ihn verstand, musste ich halt akzeptieren, dass wir eigentlich nichts gemeinsam hatten außer unseren Sex, dass es eigentlich nichts gab, worüber ich mit ihm reden konnte oder er mit mir. Es war schlimm. Es war richtig schlimm. Aber ich war seine Frau, Laurie. Ich hatte ihn geheiratet, und egal was du und unsere Alten je über mich gedacht haben, ich habe sehr wohl einen Sinn für Verantwortung und Verpflichtungen. Ich beschloss, bei ihm zu bleiben. Wir begannen nach nicht einmal zwei Monaten Ehe, das Leben von Leuten zu führen, wo der Mann arbeiten geht und die Frau versucht, ihm ein schönes Weibchen-Zuhause zu bieten, damit er sich für den nächsten harten Arbeitstag regenerieren kann, und über alles Mögliche wird dahergeplaudert, nur die Arbeit, das Wichtigste im Leben dieses Mannes, bleibt als Gesprächsthema tabu.«
    Laurie lächelte und streichelte ihrer Schwester das Haar. »Denk bitte nicht, dass ich dich auslache, weil ich grinsen muss. Das ist wirklich ätzend, was du da erzählst, aber ich wünschte manchmal, bei uns wäre das auch so. Sam kommt nach Hause und plappert und plappert über seine verdammte Baustelle und wem heute wieder ein Stein auf den Fuß gefallen ist und wie gut sie im Terminplan liegen und den ganzen Mist und – mein Gott, es interessiert mich dermaßen überhaupt nicht, was er dort treibt, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Floyd und seine Musik, das wäre wenigstens etwas Kreatives gewesen, etwas Spannendes. Nicht nur Zement und Aushub und Ärger mit der Glaserei.«
    Karen lächelte jetzt auch. »Na ja. Musik ist auch nicht so romantisch, wenn man erst mal drinsteckt. Da geht’s dann auch nur um Regler Sieben und darum, warum die Bässe links nicht vollfett kommen, das ist auch weit entfernt vom typischen Bob-Dylan-Bild ›Ein-Mann-und-ne-Gitarre-und-los geht’s.‹«
    »Da hast du wahrscheinlich recht. Ich kenn mich da eben nicht so aus.«
    »Das ist aber auch alles gar nicht so wichtig. Was ich ihm nicht verziehen habe, was

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