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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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sollten.
    Aber meine Furcht zu stürzen war verschwunden.
    Das hatte wenig damit zu tun, dass ich mich in großer Höhe plötzlich besonders wohlgefühlt hätte. Ich hatte lediglich ein paar andere Dinge entdeckt, die meine Furcht deutlich eher wert waren.
    Also seufzte ich, wandte mich vom Abgrund ab und räusperte mich; dabei stellte ich fest, wie trocken meine Kehle nach all dem Gerede war, das ich bereits hinter mich gebracht hatte. Bis zu diesem Punkt hatte ich den Flug dazu genutzt, so detailliert wie nur möglich über meine Gespräche mit den KIquellen zu berichten. Nun, da ich in der Gegenwart angekommen war, berichtete ich von dem Pfad, den ich eingeschlagen hatte, um die Sache zu Ende zu bringen.
    »Wir versetzen sie in Erstaunen. Das ist der Schlüssel zu der ganzen Geschichte. Wir versetzen sie in Erstaunen. Sie wissen nicht immer, was wir tun werden. Das macht uns interessant für sie.
    Und damit hat die ganze Sache auch angefangen.
    Gibb hat mir eigentlich schon alles erzählt, was ich wissen musste. Die Taue an Santiagos Hängematte zu durchtrennen erforderte Werkzeuge, die auf dieser Station nur die KIquellen besitzen. Sie mussten sie mit diesen Werkzeugen ausgestattet haben, was bedeutet, sie hatten ein berechtigtes Interesse daran, diese Katastrophe herbeizuführen.
    Noch bevor ich von ihren internen Konflikten erfuhr, konnte ich nicht glauben, dass sie Warmuth oder Santiago hatten töten wollen. Wie sie selbst erklärt hatten: Selbst wenn sie sich etwas davon versprochen hätten, irgendwelche Leute umzubringen, dann hätte ihnen doch die Macht über Leben und Tod jedes einzelnen Lebewesens auf dieser Station zur Verfügung gestanden, sodass es für sie weitaus einfacher gewesen wäre, das menschliche Kontingent auf eine andere Weise zu zerpflücken.
    Und mir fiel sofort auf, dass eine Person definitiv tot war, während die andere, die zuerst weg gewesen war, nur für tot gehalten wurde.
    Womit es sehr wahrscheinlich schien, dass sie sie rekrutiert hatten.
    Und warum auch nicht. Trotz all ihrer Technik, trotz allem, was ich später über ihre Möglichkeiten erfahren habe, uns nach Belieben zu kontrollieren, sind bloße Marionetten keine guten Arbeiter. Sie bringen keine ihrer naturgegebenen Fähigkeiten in ihre Arbeit ein; sie kennen weder Enthusiasmus noch die Fähigkeit zu lernen; sie haben nicht einmal die Freiheit, eigene gute Ideen einzubringen. Sie tun nur das, wozu sie gezwungen werden, mehr nicht.
    Wie viel vorteilhafter ist es da, empfindungsfähige, intelligente Wesen zu finden, die kein Problem damit haben, ihre Loyalität mal dem und mal jenem zuzuwenden? Jedes menschliche Wesen, das aus freien Stücken für die KIquellen arbeitet und nicht aus aufgezwungenem Gehorsam, musste eine Menge persönlicher Qualitäten in seine Arbeit einbringen. Fanatismus, beispielsweise. Oder Eigennutz. Oder auch Kreativität. Alles Aspekte eben der Unberechenbarkeit, die die KIquellen für so wertvoll halten. Ein einziger Überläufer dieser Art wöge eine beliebige Anzahl geistig ferngesteuerter Roboter auf.
    Und wo sollten sie diese Qualitäten finden? Wo konnten sie die Qualitäten entdecken, die sie sich für ihre Rekruten vorstellten?
    Es gibt nur eine Stelle, die einen endlosen Strom von Individuen zu bieten hat, die sich gern zum Dienst verpflichten, um ihre Heimatwelten zu verlassen, in der Hoffnung, etwas Besseres vorzufinden - und zwar das Dip Corps, eine Organisation, die in diesem Kontext einen hervorragenden Vorwand liefert, um Leute zusammenzubringen, die nur zu gern bereit sind, jegliche Loyalität gegenüber den Orten aufzugeben, von denen sie gekommen sind.
    Was Santiago betrifft, so war sie zunächst einmal eine Schuldensklavin und darauf erpicht, sich an andere Eigentümer zu verkaufen. Warum sollte irgendjemand glauben, sie würde ihren zweiten Herren mehr Loyalität entgegenbringen als den ersten? Umso mehr, da ihre sozialen Fähigkeiten allen verfügbaren Beweisen zufolge äußerst beschränkt waren und sie nicht imstande war, mit ihren Mitmenschen zurechtzukommen?
    Ich weiß nicht, ob sie selbst an die abtrünnigen Intelligenzen innerhalb der KIquellen herangetreten war oder ob die sich ihr genähert hatten, jedenfalls wurde sie rekrutiert, und ihre erste Aufgabe war es, ihren eigenen Tod vorzutäuschen, damit niemand sich fragte, was aus ihr geworden sein mochte. Es wäre mehr als ausreichend gewesen, einfach aus dem Überwuchs abzustürzen, nachdem dahingehende Absprachen mit den

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