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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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Boden zum Ausgang. Es lag keine Eile in seinem wortlosen Rückzug, keine Unhöflichkeit, nur die hurtige, zielstrebige Tüchtigkeit eines Mannes, der überzeugt war, er hätte bereits alle Antworten geliefert, die ich mir wünschen konnte. Da auf der langen Liste mir verhasster Dinge auch ein Punkt vermerkt war, der besagte, dass ich es nicht leiden konnte, wenn andere meine Bedürfnisse vorwegnahmen, wartete ich, bis er die Schwelle erreicht hatte, ehe ich ihn zurückpfiff. »Ich bin noch nicht fertig.«
    Der Dreckskerl drehte sich nicht einmal um. »So?«
    »Ein paar abschließende Fragen.«
    Als er sich über die schiefe Ebene zu mir zurückgleiten ließ, trug er ein Grinsen im Gesicht, das dummdreist genug war, mir zu verraten, dass er mit nichts anderem gerechnet hatte. »Ich bezweifle sehr, dass diese Fragen ›abschließend‹ sein werden, Counselor. Sie kommen mir eher wie jemand vor, der seine Arbeit gründlich macht.«
    »Ich bemühe mich. Aber für den Augenblick bleibt es bei einigen kurzen Fragen: Wer hat bei der Oberstaatsanwaltschaft Hilfe angefordert? Sie oder Gibb?«
    »Gibb hat mich damit beauftragt.«
    »Hat er mich namentlich angefordert?«
    »Nein. Ich glaube nicht, dass er vor dem heutigen Tag auch nur von Ihnen gehört hat.«
    Den Verdacht hegte ich bereits, seit er mich mit echter menschlicher Wärme empfangen hatte. So etwas erfahre ich nur selten von Leuten, die bereits über meinen Werdegang informiert sind. »Haben Sie mich angefordert?«
    »Das hätte ich, wäre es mir in den Sinn gekommen, aber ich konnte nicht ahnen, dass Sie verfügbar sind. Nein, ich habe nur New London informiert und denen die Entscheidung überlassen.«
    Bringen hatte mir erzählt, man hätte mich namentlich angefordert. »Ist diese Botschaft noch durch andere Hände als Gibbs und Ihre gegangen?«
    »Nein. Derzeit muss jede Mitteilung, die die Station verlässt, von uns genehmigt werden. Warum?«
    Irgendjemand log, aber ich hatte nicht genug Informationen, um festzustellen, ob der Lügner hier oder zu Hause hockte. »Sie haben Warmuth als Idealistin bezeichnet.«
    »Das war sie.«
    »Sie haben außerdem deutlich gemacht, dass Sie das nicht gerade für lobenswert halten.«
    »Das tat ich nicht, und das tue ich nicht.«
    »Sie mochten sie nicht?«
    Er zögerte. »Das hatte nichts mit persönlicher Zu- oder Abneigung zu tun.«
    »Also?«
    »Ich habe ihre Gesellschaft genossen.«
    »Aber Sie hielten sie nicht für so wunderbar wie Gibb?«
    Wieder zögerte er, gerade lange genug, um wortlos herauszustreichen, dass er über Tote nichts Schlechtes sagen wollte. »Ich denke, sie hatte eine Art exzessive Gier nach neuen Erlebnissen. Sie hat immer wieder betont, sie habe ihre Heimatwelt verlassen, weil sie exotische Erfahrungen machen wollte, und dass es zum Leben gehöre, offen für solche Dinge zu sein. Aber die Art, wie sie es sagte, hatte etwas Eigennütziges an sich. Sie vermittelte irgendwie den Eindruck, dass sie andere Leute und seltsame Orte als eine Art Unterhaltungsprogramm betrachtete, welches das Universum nur zu ihrem Vergnügen geschaffen hat. Reden Sie mit den Porrinyards, die werden Ihnen mehr dazu sagen können.«
    »Und das andere Opfer? Santiago?«
    »Die war noch unangenehmer, das aber ganz offen. Ein bisschen verbittert, zum Teil aufgrund der Welt, aus der sie stammte. Sie wollte jeden wissen lassen, dass sie mehr hatte leiden müssen als der Rest von uns. Dabei hatte sie diesen typisch subversiven Zug eines Menschen an sich, der die ganze Gesellschaft am liebsten ausrotten würde, wenn er es denn nur könnte. Sie hat jedermann nur zu gern erzählt, wie korrupt und nutzlos die Konföderation ihrer Meinung nach sei. Ich bin solchen Themen nicht abgeneigt, also habe ich ein paar Mal versucht, sie in eine persönliche Unterhaltung zu verwickeln, aber mehr als geschwollenes, ideologisch gefärbtes Gerede war von ihr nicht zu erwarten. Sie war ein Profi, fest entschlossen, ihre Arbeit zu tun und ihre Dienstverpflichtung abzuarbeiten. Übrigens hat sie Warmuth gehasst.«
    »Warum?«
    »Warmuth hat ständig versucht, sie zu verstehen.«
    »Und das war ein Problem?«
    »Manche Leute mögen es nicht, wenn man sie wie Forschungsobjekte behandelt.«
    Nachdem ich den größten Teil meiner Kindheit wie unter einer Lupe gelebt hatte, konnte ich das nachfühlen. »Hat es Auseinandersetzungen zwischen den beiden gegeben?«
    »Nun ja, Warmuth war aufdringlich, und Santiago hat ihr die kalte Schulter gezeigt. Wären sie

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