Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
Vom Netzwerk:
beschränkte mich darauf, sie abzuspeichern und weiterzumachen. »Wer, glauben Sie, hat die beiden getötet?«
    Er sah mich nicht an. »Irgendeine Faktion innerhalb der KIquellen.«
    »Aber sie selbst haben uns von den Brachiatoren erzählt. Sie haben dafür gesorgt, dass wir hergekommen sind.«
    »Vielleicht waren einige damit nicht einverstanden.«
    »So sehr, dass sie mehrere Morde begehen?«
    Angewidert verzog er das Gesicht. »Warum nicht. Attentate sind auch nur eine Form der Diplomatie mit anderen Mitteln.«
    »Krieg auch, Sir.«
    »Exakt.«
    Ich wartete auf eine nähere Erklärung, aber ich bekam keine. Nach einigen Sekunden nahm ich an, dass er über das, was hier vorging, auch nicht mehr wusste als ich. Was er mir demonstrierte, war nur das, was Gibb als oberflächlichen Nihilismus bezeichnet hatte, also änderte ich den Kurs. »Welche Meinung vertreten Sie in Hinblick auf deren Position? Denken Sie, es ist rechtens, irgendeine empfindungsfähige Kreatur als Besitz zu betrachten?«
    Er stieß ein kurzes, zynisches Lachen aus, das einem tiefen Zorn zu entspringen schien, der ganze Leben zu beherrschen imstande ist. »Wir sind alle nur Besitz, Counselor. Die Frage ist nur, wem man sich verkauft.«

5
    BESITZ
    Als Lastogne gegangen war, wünschte ich, die Erbauer von Gibbs Außenposten hätten sich ein wenig mehr Mühe gegeben und solide Plattformen errichtet, auf denen ein ruheloser Mensch stehen und auf und ab gehen konnte. Krabbeln, klettern und klammern, die einzig möglichen Fortbewegungsarten in Hängemattenstadt, mochten eine effektive Methode darstellen, von einem Platz zum anderen zu kommen, aber sie konnten weder meine nervöse Energie verbrennen noch mein analytisches Denken so fördern, wie es das Gehen tat. Der Umstand, dieser Möglichkeit beraubt zu sein, würde mich vermutlich während meines ganzen Aufenthalts aus der Bahn werfen.
    Ebenso wie Lastogne. Mit wenigen flapsigen Worten hatte er bereits ein Talent offenbart, mir ein Echo der Verdachtsmomente zu liefern, die ich kaum laut ausgesprochen hatte.
    Wir sind alle Besitz.
    Aus seinem Munde mochte das reiner politisch gefärbter Zynismus sein.
    Für mich hingegen stellte diese Behauptung schon seit einem großen Teil des vergangenen Jahres die uneingeschränkte Wahrheit dar.
    Besitz.
    Jene Dinge, die eines Nachts auf Bocai geschehen waren, hatten einen derartigen diplomatischen Feuersturm ausgelöst, dass die hohen Herrschaften - einschließlich derer in der Konföderation und auf Bocai selbst - beschlossen hatten, allen sei besser gedient, wenn die Überlebenden dauerhaft verschwanden.
    Ich weiß bis heute nicht, was aus den meisten anderen geworden ist; ich nehme an, sie sind tot oder immer noch irgendwo eingesperrt. Mich jedenfalls hatte man einen Ort verschifft, über den ich nicht gern nachdenke, einen Ort, an dem ich eingesperrt und wie ein Versuchskaninchen analysiert wurde, alles in der Hoffnung, man könne herausfinden, welche Umweltbedingungen dazu geführt haben mochten, dass so viele bis dato friedliche Wesen sich in gewalttätige Monster verwandelt hatten.
    Meine Aufseher warteten zehn Jahre darauf, dass mein Wahnsinn zurückkehrte. Es waren zehn Jahre der Erinnerung daran, dass ich eine Schande für meine Spezies war, zehn Jahre, in denen ich unter Bewachung von einem Raum zum nächsten geführt wurde, zehn Jahre, in denen ich gefragt wurde, ob ich irgendetwas anderes töten will. Die Leute, die mich in all diesen Jahren studierten, waren keineswegs unmenschlich. Manche versuchten sogar, mir Zuneigung entgegenzubringen, doch in meinen Augen hatte ihre Zuwendung die Glaubwürdigkeit eines Skripts, das von unpassenden Schauspielern vorgetragen wird. Auch der Beste unter ihnen wusste, dass ich eine Bombe war, die jederzeit wieder hochgehen konnte; selbst wenn sie sich geneigt fühlten, mich in die Arme zu nehmen, taten sie es doch nur, solange ein Wachmann im Raum war. Andere, die schlimmsten unter ihnen, waren der Ansicht, dass, was auch immer hinter meinen Augen lag, so verdorben war, dass es keine Aussicht auf Heilung gab, dass es nicht mehr als rein menschlich angesehen werden konnte. Und da sie selbst nicht rein menschlich waren, verschafften sie sich jedes grausame Vergnügen, das sie sich von einer Kreatur zu fordern bemüßigt fühlten, die schrecklich genug war, alles zu verdienen, was sie ihr antaten.
    Selbst die Freiheit kam, als es so weit war, nur in Form einer längeren Leine zu mir.
    Wir haben deine neuesten

Weitere Kostenlose Bücher