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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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nicht beide tot, dann hätte ich sie als perfekte Verdächtige für den Mord an der jeweils anderen eingestuft.«
    »War es wirklich so schlimm?«
    »Santiago war wie wir«, sagte er. »Wie Sie und ich, meine ich. Sie wollte keine Freundschaften schließen. Warmuth dagegen war überzeugt, ein jeder brauche Freunde, selbst wenn die jeweilige Person anderer Meinung war. Sie hat Santiago zu ihrer persönlichen Angelegenheit erklärt und sie immer wieder bedrängt. Irgendwann ist Santiago dann sauer geworden und hat sie ein wenig herumgeschubst, woraufhin Warmuth Santiago zur Persona non grata degradiert hat.«
    »Ich möchte den Bericht darüber lesen. Außerdem brauche ich die Namen sämtlicher Zeugen.«
    »Das war zu erwarten. Ich weiß allerdings nicht, welche Relevanz das haben soll. Als wir Santiago verloren haben, haben wir Warmuths jüngste Aktivitäten ermittelt, und ich kann Ihnen versichern, dass sie weder die Mittel noch die Gelegenheit hatte, Santiagos Hängematte derart zu beschädigen.«
    Ich nickte. »Und Gibb? Wie schätzen Sie Gibb ein?«
    »Sie sprechen über meinen direkten Vorgesetzten, Counselor.«
    »Beantworten Sie die Frage.«
    »Das werde ich«, versprach er. »Aber ich würde gern zuerst hören, wie Sie ihn einschätzen.«
    Mir lag die Erwiderung auf der Zunge, dass ihn das nichts angehe; andererseits nahm ich an, es könnte nicht schaden, ihm eine Antwort auf seine Frage zu geben. »Auf mich hat er den Eindruck gemacht, dass er sich zu sehr bemüht.«
    »Das tut er. Und er ist ein bisschen gefährlicher, als er auf den ersten Blick wirkt.«
    »Wollen Sie andeuten, er könnte für diese Todesfälle verantwortlich sein?«
    »Keineswegs. Aber er hat einen lebenslangen Vertrag mit dem Dip Corps. Sie wissen, was das heißt.«
    »Sagen Sie mir, was es Ihrer Meinung nach heißt.«
    »Soweit es mich betrifft«, sagte Lastogne in einem Ton lustloser Geringschätzung, »ist das Dip Corps das Gegenteil einer Leistungsgesellschaft. Schon per Definition kann niemand, der dazugehört, allzu viel taugen. Die wirklich talentierten Leute befreien sich mit Hilfe von Leistungsprämien und Boni so schnell sie können von ihren Fesseln. Den Inkompetenten werden Bußen in Form von Vertragsverlängerungen auferlegt, und irgendwann werden sie mit immer unwichtigeren Aufgaben betraut. Jeder, der zum Mittelmaß zählt, und jeder, der wahnsinnig genug ist, ganz aus dem Raster zu fallen, endet eines Tages im Management - und das Management war zu keinem Zeitpunkt der Menschheitsgeschichte daran interessiert, gute Arbeit zu leisten. Der oberste Punkt auf der Tagesordnung jedes Managements ist es, Verbesserungen für das Management zu erwirken.«
    Eine harte, aber vertretbare Beschreibung der Tatsache. »Und Mr. Gibb?«
    »Mr. Gibb sieht sich selbst als engagierten öffentlich Bediensteten.«
    »Und, ist er das?«
    »Als öffentlich Bediensteter«, sagte Lastogne, »ist der Mann ein Manager in Reinform. Sagen wir einfach, ich halte ihn nicht für besonders talentiert.«
    »Sie tragen Ihren persönlichen Groll offen vor sich her, Mr. Lastogne. Wie läuft es mit Ihrer eigenen Karriere?«
    »Mehr als gut«, sagte er.
    »Und sonst haben Sie mir nichts zu erzählen? Keine Disziplinarmaßnahmen in der Vergangenheit? Ich warne Sie, ich werde das überprüfen.«
    »Nur zu. Meine Akte ist der Inbegriff der Sauberkeit.«
    Ich traute seinem verschlossenen, schiefen Lächeln nicht, die Art von Lächeln, die nicht nur andeutete, dass er sich im Stillen amüsierte, sondern mich überdies mit seiner Weigerung reizte, sein Vergnügen mit mir zu teilen. Ich kehrte zu einem anderen Thema zurück, an dem er bereits ein deutliches Interesse gezeigt hatte. »Beide Opfer sind Frauen. Gibb kommt mir in Hinblick auf Frauen ein bisschen zu begierig vor. Was denken Sie darüber?«
    »Nichts. Ich habe gehört, dass einige unserer Frauen ihn für gefühlsduselig halten. Mir selbst ist das auch schon aufgefallen, aber das ist kein Verbrechen. Ebenso wenig wie sein Ehrgeiz, jede Dienstverpflichtete zu vögeln, die ihn haben will. Wir alle sind für eine lange Zeit hier vor Ort, und unser Leben wäre ziemlich unerträglich, müssten wir es im Zölibat verbringen. Ich glaube nicht, dass er Santiago oder Warmuth umgebracht hat, falls es Ihnen darum geht. Ich glaube einfach, er hat nur sich selbst im Blick.«
    »Wie steht es mit Ihnen, Mr. Lastogne? Was haben Sie im Blick?«
    Er schnaubte. »Das große Ganze.«
    Eine profunde Nichtaussage, doch ich

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