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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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sie mehr als nur ein Mensch.«
    Seine Aufmerksamkeit kehrte ruckartig in das Hier und Jetzt zurück. »Richtig. Was sie Ihnen auch zweifellos auf die eine oder andere Art mitgeteilt haben. Aber auf dieser Station gefallen sie sich darin, uns immer wieder an diese Tatsache zu erinnern, und sie haben ein echtes Talent dafür, jede Konfrontation für sich zu entscheiden. Besonders gern lassen sie irgendwelche Bemerkungen zu Dingen fallen, die man selbst als persönliche Themen einstuft; je intimer, desto besser. Und man selbst kann sich den Kopf darüber zerbrechen, wie, zum Teufel, sie das überhaupt wissen konnten.«
    Wieder ein Unterschied zwischen dem Verhalten, das die KIquellen anderswo an den Tag legten, und dem hier. Ihre hiesigen Umgangsformen gefielen mir nicht sonderlich.
    »Das hier ist ihre Heimstatt«, sagte Oscin. »Hier fühlen sie sich berechtigt, ein wenig Arroganz zu zeigen. Und darin üben sie sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit.«
    »Was nicht erklärt, woher sie ihre Informationen ...«
    »Sie wären überrascht, welche Informationen ihnen zur Verfügung stehen. Sie gehen nicht damit hausieren, aber es heißt, es gäbe irgendwo eine Schnittstelle - natürlich nicht hier, auf irgendeiner anderen Anlage -, wo jeder, der bereit ist, die Gebühren zu entrichten, zwölf beliebige Fragen stellen kann und zwölf korrekte Antworten erhält. Es ist egal, wie obskur die Fragen sind, ob es um die Lage eines vergrabenen Schatzes geht oder um das schändlichste Geheimnis Ihres Lebens. Die KIquellen garantieren eine absolut korrekte Antwort. Ich möchte nicht behaupten, solch ein Ort existiere tatsächlich, aber ausgehend von all dem, was sie mir erzählt haben, seit Oscin und Skye verlinkt sind, wäre ich sehr überrascht, sollte sich herausstellen, dass es ihn nicht gibt.«
    »Ja«, sagte ich, »aber wie machen sie das?«
    »Ihre Rechengeschwindigkeit ist der durchschnittlichen menschlichen Denkgeschwindigkeit millionenfach überlegen. Ihre Speicherkapazität ist beinahe unendlich. Sie waren so ziemlich überall. Wie viel würde Ihnen wohl entgehen, stünden Ihnen derart umfangreiche Mittel zur Verfügung? Machen Sie sich nichts vor: Die sind die Quelle allen Wissens. Nur sind sie auf neutralem Territorium höflich genug, uns nicht ständig mit der Nase draufzustoßen. Hier aber bezwecken sie genau das.«
    Ich fragte mich, ob diese Marotten womöglich auch den Versand anonymer Hassbotschaften beinhalteten, verwarf die Idee aber als unwahrscheinlich. Meine langjährige Erfahrung mit Hassbotschaften hatte mich gelehrt, dass dergleichen die Taktik der Ängstlichen und Machtlosen war. Wenn diese Botschaften aus One One One stammten, dann hatte ein Mensch sie abgeschickt. Aber war das auch der Mensch, der für den Tod von Warmuth und Santiago verantwortlich zeichnete, oder nur einer aus der kleinen Legion von Leuten, die mich aus ganz anderen Gründen hassten?
    Der bloße Gedanke trocknete mir den Mund aus. Ich griff zu der Feldflasche, führte sie an meine Lippen und warf den Kopf so weit zurück, dass ein Rinnsal über mein Kinn lief.
    Als ich ihm die Flasche zurückgab, nahm auch Oscin noch einen Schluck, ehe er sie wieder fest verschloss. »Tja, so viel zu dieser Theorie.«
    »Was?«
    »Einige Kulturen missbilligen Arrangements wie jenes, das ich getroffen habe. Sie nennen so etwas kriminell oder sogar pervers. Bei einigen meiner früheren Einsätze habe ich mich in einer Atmosphäre der Diskriminierung bewegen müssen, die so schlimm war, dass Oscin und Skye sich als ein Paar separater Individuen ausgeben mussten, um ihre persönliche Sicherheit nicht zu gefährden. Und für einen Augenblick habe ich gefürchtet, ich müsste auch in Ihrer Gegenwart auf mich aufpassen.«
    »Und woher wissen Sie, dass Sie das nicht müssen?«
    Er hätte beinahe gelacht. »Sie haben von meinem Wasser getrunken, Counselor. Die meisten der Leute, von denen ich gerade erzählt habe, würden das auf keinen Fall tun.«
    »Das ist albern«, sagte ich. »Was hat das Wasser damit zu tun?«
    »Sie setzen meine Verfassung mit einer Krankheit gleich und können nicht vermeiden, sich mir gegenüber so zu verhalten, als sei ich ansteckend. Ich stimme zu, das ist albern. Aber ich freue mich, dass Sie nicht so empfinden.«
    Ich fragte mich, warum sich Leute wie die Porrinyards überhaupt darum kümmerten, schließlich bedeutete ich ihnen nichts; dann beschloss ich, dass es sich offenbar um eine dieser sonderbaren menschlichen

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