Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
Vom Netzwerk:
hatte, aber der Schock machte seine Berührung zu einer medizinischen Notwendigkeit. Also sagte ich nichts, als er mich mit dem Rücken an die nächste solide Wand lehnte, die sich in dem Moment, in dem sie mein Gewicht registrierte, meinem Körper anpasste, weich wurde, ein stützendes Kissen formte. Der Kontakt zu der Wand fühlte sich verstörend intim an, beinahe invasiv, aber ich war nicht in Stimmung, Widerworte zu erheben.
    Unsichtbare Dämonen, hatten sie gesagt.
    In dem Jahr, als sie zu meiner persönlichen Mission wurden, muss ich diese Worte tausendmal ausgesprochen haben. Sie hatten mich aus meiner Verzweiflung gerissen, aus der Apathie, aus dem Gefühl, dass es nichts gab, was ich tun konnte, um je die Schuld für das zu tilgen, was ich getan hatte.
    Sie hatten mir einen Grund zum Leben geliefert.
    Aber ich hatte nur mit einem anderen Menschen über sie gesprochen, und der war tot.
    In die diplomatische Krise auf Catarkhus ein Jahr zuvor waren etliche Alienregierungen verwickelt, die alle nach einem angemessenen Gerichtsstand gesucht hatten, um einen verstörten Menschen namens Emil Sandburg abzuurteilen, der gestanden hatte, eine ganze Anzahl Einheimischer ermordet zu haben.
    Alle bekannten Protokolle der speziesübergreifenden Gesetzgebung verlangten danach, dass Sandburg von den Einheimischen vor Gericht gestellt wurde, aber die Catarkhaner lebten, wenngleich sie intelligent waren, in einer von uns anderen so abgeschlossenen Welt, dass sie nicht einmal imstande waren zu begreifen, wenn sich ein Verbrechen gegen ihre Spezies ereignet hatte. Blind, taub und unfähig, uns auf irgendeine Weise zu spüren, waren sie sich unserer Gegenwart überhaupt nicht bewusst. Für sie waren die fremden Besucher, die Delegationen der Menschen, Riirgaaner, Tchi und Bursteeni, nichts als unsichtbare, unfassbare Präsenzen, deren Einfluss auf ihr Leben weder fühlbar war noch vermutet wurde.
    Kurz gesagt: Unsichtbare Dämonen.
    Diese Phrase war im Zuge meiner Untersuchung mehr als nur einmal aufgekommen. Es war eine gefällige Metapher, eine elegante Beschreibung dessen, wie es sich anfühlte, sich unter Catarkhanern zu bewegen.
    Aber noch während ich an einem Kompromiss gearbeitet hatte, der es Sandburg gestatten sollte, seine Haftstrafe in einem Gefängnis für Menschen zu verbüßen, fingen die größeren Implikationen des Falles an, mich zu verfolgen.
    Im Anschluss an die Verhandlungen stand ich vor dem gebrochenen Sandburg in der Zelle, in der er auf seine Auslieferung wartete, und begegnete ihm als Gleichgestelltem: Monster unter sich. Warum nicht? Meine Gegner in diesem Fall hatten mich bereits wegen der Verbrechen, die ich auf Bocai begangen hatte, mit Schmutz beworfen; er wusste, was ich war, und er verstand, dass ich ebenso schuldig war wie er.
    Womit er das einzig verfügbare Publikum darstellte, dem ich die Überzeugung vortragen konnte, die sich in mir im Zuge der Untersuchung entwickelt hatte.
    Ich stand vor ihm und sagte: Da ist noch etwas, das ich mit Ihnen teilen möchte, Lehnsmann. Es hat etwas mit dem zu tun, was auf Bocai passiert ist.
    Noch immer verabscheute ich es, den Namen jener Welt auszusprechen, in der ich geboren wurde.
    Bocai war die Heimat einer unauffälligen intelligenten Rasse gewesen, die mit ihrem Dasein viel zu zufrieden war, um mit Riirgaanern, Hom.Saps und dem Rest dieses kranken, bunten Haufens darum zu konkurrieren, wer mehr Quadrate des riesigen, himmlischen Schachbretts beherrschen sollte. Sie waren in den Raum aufgebrochen, hatten festgestellt, dass er ihnen nichts zu bieten hatte, waren nach Hause zurückgekehrt und hatten ihr Raumfahrtprogramm aufgegeben. Und zu Hause waren sie denn auch geblieben, voll und ganz zufrieden damit, den freundlichen Gastgeber zu spielen, wann immer Außerweltler sie besuchten, um sich an dem Gefühl zu erquicken, natürlichen Boden unter den Füßen zu haben.
    Noch erfreuter zeigten sie sich, als eine kleine Kolonie menschlicher Akademiker, zu denen auch meine Eltern gehörten, eine Insel mieten wollte, auf der sie und eine Gruppe gleichermaßen neugieriger Bocaier das Experiment wagen konnten, ihre Kinder Seite an Seite aufzuziehen. Trotz der vielen Jahre, in denen ich Papiere und Korrespondenz beider Seiten durchwühlt hatte, war mir der Zweck dieses Experiments verschlossen geblieben. Ich nehme an, es war weiter nichts als eine seichte, utopische Demonstration, dazu bestimmt, ein für alle Male zu beweisen, dass die so häufig angezweifelte

Weitere Kostenlose Bücher