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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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Augenblick des Zorns verrauchte und machte unverhohlener Verwirrung Platz.
    Was, zum Teufel, hatte das zu bedeuten?

9
    EXILANTEN
    Das Dip-Corps-Schiff, ein reizloses patronenförmiges Etwas, auf dessen Rumpf das häufig parodierte Kennzeichen des Dienstes prangte - eine Sternenlandschaft in den Umrissen einer ausgestreckten menschlichen Hand -, lag an seinem Liegeplatz am hinteren Ende eines der vielen Hangars auf One One One, einer leuchtenden Halle mit blauen Wänden, lang genug, gleich vier Schiffe dieser Größe aufzunehmen.
    In dieser Halle war mehr als genug Platz, auch meinen Transporter unterzubringen, aber die KIquellen hatten ihm einen anderen Hangar zugewiesen. Warum, vielleicht abgesehen von Höflichkeit gegenüber Besuchern, die zu unterschiedlichen Zeiten eintreffen, wusste ich nicht, und es interessierte mich auch nicht besonders. Vor dem Schiff waren eine Reihe zusammenfaltbarer Schlafkubenzelte zu sehen, hervorragend geeignet zur Übernachtung in der Wildnis, hier jedoch eher ein seltsamer Anblick. Jeder der Schlafkuben erglühte in dem sanften Schein einer internen Lichtquelle. Außerdem gab es noch einen tragbaren Tisch, flankiert von zwei Stasisboxen, die zu Sitzgelegenheiten umfunktioniert worden waren. Es sah aus wie ein Ort, an dem Leute lebten, aber ganz und gar nicht wie ein Zuhause. Es sah noch weniger als ein Zuhause aus als das, was die Dienstverpflichteten aus Hängemattenstadt gemacht hatten.
    Ich nehme an, das kam einem Campingaufenthalt ziemlich nahe, jedenfalls für Leute, denen kein offener Himmel zur Verfügung stand, nur ein weicher Boden und leuchtende blaue Wände.
    Die Luft war wärmer, nicht körperneutral wie in den meisten Raumhäfen, warm und feucht in einer Weise, die den Eindruck vermitteln wollte, es gebe eine echte Sonne an einem echten Himmel. Dies war die Art Umgebung, in der ich mich wohlfühlte: nur gerade Linien.
    »Die armen Schweine haben es sich jedenfalls gemütlich gemacht«, kommentierte Lastogne.
    »Das ist nicht leicht für sie«, sagten die Porrinyards.
    Die Schiffsluke öffnete sich und gab den Blick auf einen gebräunten, muskulösen Mann mit schulterlangem schwarzem Haar frei. Er war nackt bis zur Taille, und die Haut an seinem Oberkörper war ausreichend mit Schweiß bedeckt, um eine erst kurz zurückliegende Trainingseinheit nahezulegen. Er hatte eine große Nase und winzige graue Augen, die Skye regelrecht anzuleuchten schienen, ehe sie sich mit einem Ausdruck trauriger Selbsterkenntnis auf mich richteten. »Sie kommen von der Staatsanwaltschaft?«
    »Hervorragende Deduktion«, sagte Lastogne, dessen Stimme mehr als üblich vor Verachtung troff. »Counselor Andrea Cort, wenn ich Ihnen den Exophysiologen Dritter Klasse Nils D'Onofrio vorstellen darf, derzeitiger Status inaktiv. De facto Kommandant der drei Höhenängstlichen, die sich auf Mr. Gibbs Anordnung auf diesen Hangar zu beschränken haben.«
    D'Onofrio bot mir seine Hand dar, streckte sie mir eine Weile entgegen und ließ sie schließlich fallen. In seinen Augen spiegelte sich ein grimmiger Ausdruck der Enttäuschung, der verriet, dass ihm derlei grausame Erfahrungen nicht fremd waren. »Wie ich sehe, teilen Sie Mr. Gibbs Haltung gegenüber uns Unberührbaren.«
    »Ganz und gar nicht«, sagte Lastogne. »Sie hasst einfach jeden.«
    D'Onofrio taxierte mich kurz. »Wirklich, Peyrin. Sie müssen sich vorkommen, als hätten Sie gerade Ihre Seelenverwa ...«
    Ich schnitt ihm das Wort ab. »Mr. Lastogne spricht nicht für mich, Sir. Es stimmt, ich versuche physischen Kontakt zu vermeiden, wann immer es mir möglich ist, aber die Leute, die zu verabscheuen ich mir die Mühe mache, bilden eine sehr kleine, auserwählte Gruppe und mussten sich ihren Platz schwer verdienen. Verhalten Sie sich mir gegenüber ordnungsgemäß, und wir werden einen freundlichen, professionellen Umgang miteinander pflegen.«
    D'Onofrio studierte mich, sichtlich auf der Suche nach einem Ausdruck des Spotts. »Dann werde ich Ihnen das einmal unbesehen glauben, Counselor. Wie wollen Sie vorgehen? Möchten Sie uns gemeinsam oder einzeln befragen?«
    »Gemeinsam wird reichen. Für den Augenblick.«
    D'Onofrio nahm meine Entscheidung mit einem Nicken zur Kenntnis und kehrte - ein Bild gebrochener Würde - zum Schiff zurück.
    Ich dachte an die vielen Jahre, die ich gebraucht hatte, um eine Haltung der Stärke aufzubauen, während ich zugleich die Last des monströsen Rufes zu tragen hatte, den ich mir auf Bocai verdient hatte.

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