Halbmast
oder wie diese Riesenmaschinen sonst so heißen?»
«Nein, keine Bombe. Ich bin kein Feuerteufel. Ich hab es anders angestellt.»
Sie starrte ihn an. «Und warum?»
Schon wieder die richtige Frage. «Wegen des Flusses», antwortete Pieter nur.
Groß war sie nicht, vielleicht ein wenig mehr als ein Meter sechzig. Sie blickte über die Reling. Das Schiff hatte sich noch nicht wieder gerührt. Noch immer sah man aus einiger Entfernung zwei Mühlen am Ufer und die Menschenmengen auf dem kleinen Deich stehen. Er hatte mit der Manipulation des Seitenstrahlruders nicht nur die
Poseidonna
zum Stehen gebracht. Mit ihr schien der ganze Tag zum Stillstand gekommen zu sein. Er war stolz auf sich.
Er hatte das Gefühl, dass diese Frau nicht alles zunichte machen würde. Er hatte damals zu seinen Leuten gesagt, sie sei die Chance. Carolin Spinnaker. Von der er nicht mehr kannte als ihren beruflichen Werdegang und ihre Bilder. Natürlich war es ein Risiko gewesen, sie in den Plan einzubeziehen. Wenn sie sich als eine von diesen Presseleuten entpuppt hätte, die sich für nichts interessierten oder sich nur nach dem richteten, was ihre Chefredakteure für interessant hielten, dann wäre er in dem Moment aufgeflogen, in dem sie sich trafen. Doch Carolin Spinnaker machte keine Anstalten, ihn zu verpfeifen.
Sie sagte noch immer nichts. Sie wartete ruhig, das Diktiergerät in der Hand, und schaute zum Ufer. Dann nahm sie langsam die Kamera mit der linken Hand hoch und führte sie zum Auge. Er hörte ein Klicken. «Sie sind alle fassungslos!», sagte Carolin schließlich, während sie unaufhörlichdie Passanten auf dem Deich fotografierte. «Du hast sie alle sprachlos gemacht! Ich würde gern wissen, warum.»
«Sie können auch anders. Was meinst du, wie laut die alle werden, wenn man die Vorgehensweisen der Schmidt-Katter-Werft hinterfragt. Ich hatte bereits wüste Drohungen in meinem Briefkasten.»
Sie duzten sich nun. Für Pieter war das ein gutes Zeichen.
«Aber jetzt hast du es ihnen allen gezeigt.»
«Ich bin nicht der Typ, der sich profilieren will. Aus diesem Grund mache ich so etwas nicht.»
«Und aus welchem sonst?»
«Ich kann es nicht ertragen, dass alle Augen und Ohren verschließen, wenn man ihnen klar machen will, dass hier ganz großer Mist verzapft wird.»
«Das hat Leif auch gesagt.» Er blickte sie fragend an, und sie fügte erläuternd hinzu: «Leif ist mein Kollege, der, dem dieses Gerät hier gehört. Ich habe doch erwähnt, dass er verschwunden ist. Noch nicht lange, genau genommen seit anderthalb Stunden, eigentlich nicht die Zeitspanne, die Anlass zur Sorge geben sollte.»
«Aber?»
«Er hat gestern Abend etwas Ähnliches erzählt. Gut, er war betrunken, aber er besaß noch den Verstand, mir von Ungereimtheiten zu berichten, die er aufdecken wollte. Heute Morgen hat er mir noch einmal angekündigt, dass er mir etwas Wichtiges zu erzählen hätte, und normalerweise hätten wir ungefähr jetzt einen Termin, aber dann ist er nicht mehr aufgetaucht.»
«Heute Morgen sind wir aber schon unterwegs gewesen», stellte Pieter fest. Er drehte sich eine Zigarette.
«Das ist wahr. Zumindest gab es bereits keine Gelegenheit mehr, von Bord zu gehen. Leif ist also noch irgendwo hierauf der
Poseidonna
. Und ich vermute, dass ihm etwas passiert ist.»
Pieter zog an seiner Zigarette. Es war besser, jetzt seine Klappe zu halten und nichts zu sagen. Carolin hatte Recht, denn ihrem Kollegen war tatsächlich etwas passiert. Er wollte es aber nicht sagen, weil sie nicht denken sollte, dass er etwas damit zu tun hatte.
«Hast du etwas damit zu tun?», fragte sie trotzdem.
Er schüttelte den Kopf.
Dieses Mal hätte sie anders fragen sollen. Er hatte nichts damit zu tun, dies entsprach der Wahrheit. Hätte sie gefragt, ob er mehr wusste als sie, dann hätte er sie belügen müssen. Doch so brauchte er lediglich etwas zu verheimlichen.
Pieter hatte den wehrlosen Journalisten heute Morgen noch gesehen.
Marten
Seit das Schiff stand, raste sein Kopf. Das konnte nicht wahr sein! Alles wurde über den Haufen geworfen. Der Zeitplan war hinüber. Marten konnte nur hoffen, dass sich der heftige Manövrierunfall bald klärte. Sonst würde die
Poseidonna
zu spät weiterfahren, zu spät das Sperrwerk passieren und zu spät an die Nordsee gelangen. Und Perl würde zu lange dort unten sitzen, zumindest zu lange, um ihm nur einen richtigen Schreck einzujagen.
Als es passiert war, hatte Marten bereits im Schacht gesessen, der das
Weitere Kostenlose Bücher