Halbmast
nicht?»
«Da haben Sie Recht, Herr Schmidt-Katter. Wir müssen davon ausgehen.»
«Dann unternehmen Sie doch etwas dagegen!»
Nervös trommelten Schmidt-Katters Finger auf der Schiffsskizze herum, bis Pasternak sich herüberbeugte und mit einem festen Griff diese Bewegung stoppte. «Regen Sie sich nicht auf. Meine Jungs sagen, wir haben Glück im Unglück gehabt. Schauen Sie hier auf die Karte. Die Bordwandist okay, der Antrieb ist okay, die Manövrierfähigkeit ist in keiner Weise beeinträchtigt. Und ein Defekt am Flutungsventil ist zwar von hier oben aus nicht zu beheben, aber ein Kontrollventil im Inneren des Rumpfes regelt die Flutungshöhe. Mehr als anderthalb Meter Wasser im Tank brauchen wir nicht zu befürchten, da ansonsten die gestaute Luft durch ein hydraulisches System herausgepresst wird, welches den Zustrom automatisch stoppt. Und dann kommt kein Tropfen mehr ins Schiffsinnere.»
Der Mechaniker nickte. «Allerdings muss an der anderen Seite der Ballasttank angepasst werden, sonst haben wir Schlagseite. Alles in allem kostet uns das Malheur nur ein paar Zentimeter mehr Tiefgang, einiges mehr an Treibstoff und wenige Minuten Zeit. Leib und Leben sind nicht in Gefahr, da kann ich Sie beruhigen, Herr Schmidt-Katter.»
Jeder im Raum atmete auf. Die Fahrt konnte weitergehen. Carolin nutzte den Augenblick und verließ die Kapitänsbrücke. Im Türrahmen drehte sie sich um und bemühte sich, besonders schwach zu wirken.
«Entschuldigen Sie mich. Ich werde mich wohl doch besser noch ein wenig ausruhen. Ob Frau John Beruhigungsmittel an Bord hat? Es ist alles zu viel für mich … glaube ich.»
Schmidt-Katter stand auf und kam auf sie zu. Väterlich legte er seine Hand auf ihre Schulter. «Entschuldigen Sie, wenn wir Sie eben ein wenig hart angefahren haben. Es ist ein wenig anders gelaufen, als wir es uns gewünscht haben. Aber Sie haben ja selbst gehört: Es gibt keinen Grund zur übertriebenen Sorge.»
«Wie gesagt, ich werde zu Frau John gehen.»
«Ich denke, das ist eine gute Idee, mein Mädchen. Ruhen Sie sich noch ein wenig aus.»
«Sie müssen mir helfen!»
Plötzlich stand der Mann von der Zwischentreppe, der Schweißer, der sich in der vergangenen Nacht im Schatten des Stufenvorsprungs versteckt hatte, vor ihr, fast an derselben Stelle wie vor zwölf Stunden. Und er kam auf sie zu.
Carolin wich einen Schritt zurück. «Was wollen Sie?»
«Ich tue Ihnen nichts, falls Sie das glauben.» Er war breitschultrig, ein wenig zu dick und ziemlich groß. Noch immer trug er diesen Schweißeranzug. Seine blonden Haare klebten an der Stirn und er sah ungewaschen aus. Er kam näher und roch nach Hitze und Staub. «Sie suchen Ihren Kollegen?»
Carolin nickte leicht, obwohl sie nicht wusste, ob er nun Leif oder Pieter meinte.
«Sehen Sie, ich kann Ihnen sagen, wo er ist. Aber erst müssen Sie etwas für mich tun!»
«Ich kann mir nicht vorstellen, was das sein könnte! Bitte lassen Sie mich gehen!»
«Ich habe gerade die Szene beobachtet, dort oben auf der Brücke. Sie sind ziemlich niedergebügelt worden.»
«Das kann man wohl sagen. Aber was haben Sie damit zu tun? Wer sind Sie überhaupt?»
«Sagen wir: ein Mitarbeiter …»
«Ein Mitarbeiter von wem?»
«Sie stellen gute Fragen. Wenn Sie mir helfen, kann ich Ihr Mitarbeiter werden.»
«Können Sie bitte in klaren Sätzen reden? Ich habe keine Lust auf solche Andeutungen. Also, wer sind Sie und was wollen Sie?»
«Die Ballasttanks laufen voll.»
«Ja, ich habe es mitbekommen. Aber es ist kein Grund, sich zu sorgen.»
«Doktor Perl ist da unten!»
«Wie bitte?»
«Gehen Sie zu den Leuten da oben und sagen Sie ihnen Bescheid.»
«So ein Schwachsinn!»
«Nein, das ist es nicht. Ich habe den Mann dort unten eingesperrt. Und nun ist er in Lebensgefahr. Das war nicht meine Absicht.»
«Sie haben Perl in einen Ballasttank gesperrt?»
«Er ist gefesselt. Wenn Sie ihn nicht befreien, wird er ertrinken. Bitte gehen Sie wieder nach oben und erzählen Sie, was Sie eben von mir erfahren haben.»
«Gehen Sie selbst hin, sagen Sie denen, was Sie mir gesagt haben. Schließlich ist es Ihre Sache. Warum sollte ich es tun?»
«Weil ich weiß, wo der Mann ist, den Sie suchen …»
«Sie wollen mich erpressen!»
«Im Grunde ja. Aber ich weiß keinen anderen Ausweg.»
«Und was versprechen Sie sich davon? Glauben Sie, auf diese Weise unerkannt zu entkommen, oder was?» Carolin hätte Lust gehabt, diesen Fremden auszuquetschen. Was wusste
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