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Halbmast

Halbmast

Titel: Halbmast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Schiffes. Motorräume, links und rechts. Und dazwischen meinte sie sich an einen kleinen Raum zu erinnern, der mit einem grünen Symbol gekennzeichnetgewesen war. Wäre Leif nur hier, er hätte ihr sofort sagen können, was sich dahinter verbarg.
    Sie stand auf, verschloss eilig den Lukendeckel und lief in den hinteren Teil. Der hintere Teil des Schiffes, der in Fahrtrichtung eigentlich ja der vordere Teil   … Da fiel es ihr ein: Der Schaden war am Ballasttank steuerbord gemeldet worden. Und sie hatte sich einmal mehr vertan, weil sie sich nach dieser verdammten Fahrtrichtung orientiert hatte. Die Skizze vor ihrem Auge war auch seitenverkehrt. Durch die Rückwärtsbewegung des Schiffes musste sie anders herum denken. Wahrscheinlich war dieser Mann, wenn er überhaupt dort war, auf der anderen Seite. In Fahrtrichtung links. In Schiffsrichtung rechts. Das musste es sein. Sie rannte los. Seit ihr der Fremde von Doktor Perl berichtet hatte, waren sicher schon zwanzig Minuten vergangen. Und wenn der Arzt dort unten gefesselt war, so hatte er, auch wenn das Sicherheitsventil den Wasserzulauf stoppte, schlechte Chancen, sich an der Oberfläche zu halten. Sie musste sich beeilen und hetzte beinahe an der kleinen Kammer zwischen den Maschinenräumen vorbei. Dieser kleine Raum, der auf der Skizze grün gekennzeichnet gewesen war. Glücklicherweise streifte ihr Blick die in verschiedenen Sprachen angebrachte Aufschrift: «Lager Rettungsmittel». Dort wurden ersatzweise Rettungsringe, Notfallrutschen und Leuchtsignale aufbewahrt. Leuchtsignale! Carolin öffnete die Tür. Die Kartons und verpackten Gegenstände stapelten sich bis zur niedrigen Decke. Sie suchte die Beschriftungen ab, größtenteils prangten asiatische Schriftzeichen an den Paketen, und die englische Beschriftung war nur schwer auszumachen, klitzeklein in der Ecke, kaum entzifferbar. Doch, da war es, was sie suchte: Handfackeln. Damit würde sie die finsteren Ballasttanks von innen einsehen können. Der Karton war, wie einige andere auch, bereits aufgerissen, undCarolin konnte die Plastikkörper erkennen. Hektisch riss sie die Pappe vollends auseinander und schnappte sich drei der Stäbe. Immerhin hatte sie nun Licht. Jetzt musste sie nur noch rechtzeitig in den Maschinenraum gelangen, der steuerbord lag.
    Ihr wurde die Bewegung des Schiffes bewusst, die Beschleunigungskraft schob sie unsichtbar an. Ein leichtes Schwanken war auszumachen, sie registrierte das Auf und Ab der Flusswellen, welche den Kiel der
Poseidonna
leicht hoben und senkten.
    Der Maschinenraum schien die spiegelverkehrte Kopie des vorherigen zu sein. Carolin fühlte sich leicht schwindelig, ein Wirrwarr aus rechts und links ließ ihre Gedanken umherirren, sodass sie fast die Einstiegsluke übersehen hätte, weil sie zur anderen Seite geschaut hatte. Diese Drehöffnung ließ sich im Vergleich zu der ersten leider gar nicht bewegen. Jemand musste sie mit ganzer Kraft zugeschraubt haben. Sie legte die Notsignale neben sich und fasste mit beiden Händen an den Stahlring, legte ihr gesamtes Körpergewicht dagegen, hielt die Luft an, doch nichts lockerte sich. Sie war zu schwach. Zu leicht wahrscheinlich auch. Sie war einfach nicht gebaut für solche Einsätze. Sie müsste Hilfe holen.
    Aber wen, um Himmels willen, sollte sie fragen? Sie versuchte es erneut, stemmte sich mit den Füßen gegen eine aus dem Boden hervorlugende Stahlniete, drückte ihre Knie durch, vielleicht ging es so. Verdammt, wer hatte diesen Deckel so fest zugeschraubt? Der andere hatte sich so problemlos öffnen lassen. Carolin wechselte die Position. Sie stellte ihre Füße auf eine der Streben der Schrauböffnung und stützte sich mit den Händen gegen die Wand. Leicht federnd übte sie immer festeren Druck mit den Sohlen auf die Schraube aus. Bei jedem Tritt stieß sie die Luft wütendaus, wippte verbissen gegen dieses verfluchte, unbewegliche, sture Ding.
    Bis es endlich nachgab. Es machte einen kleinen Ruck. «Ja!», entfuhr es Carolin mit dem letzten Stoß gegen die Öffnung. Erschöpft setzte sie sich auf und drehte das Rad im Uhrzeigersinn. Endlich war die Luke offen.
    Dort unten rauschte das Wasser lauter. Dies schien der richtige, der defekte Ballasttank zu sein. «Hallo? Ist da jemand?» Das kürzere Echo verriet Carolin, dass in diesem dunklen Raum das Wasser bereits höher gestiegen sein musste.
    «Doktor Perl, sind Sie da? Soll ich Ihnen helfen?»
    Keine Antwort.
    Carolin griff nach der Handfackel. Ein runder Stab

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