Hale 2 Freibeuter des Herzens
Weniger gezwungen warst! Harold und ich haben es durchgesprochen, und wir sind uns einig: Das war Gottes Werk! Er gibt dir eine zweite Chance, Cathy! «
Cathy schwankte zwischen Ärger und Belustigung. »Aber ich will keine zweite Chance, Tante. Sobald ich nach Südcarolina zurückgekehrt bin, werde ich Jon sofort erneut heiraten. Ich dachte, das hättest du begriffen. «
Lady Stanhope wußte nur zu gut, wann sie nachgeben mußte, um das zu bekommen, was sie wollte. »Es ist die reinste Verschwendung«, sagte sie nur, und zu Cathys Erleichterung schien das Thema damit erledigt zu sein.
Erst viel später, als Cathy an der Seite ihres Vaters Nachtwache hielt, fiel ihr das Gespräch erneut ein. Je mehr sie darüber nachdachte, um so klarer wurde ihr das Verhalten der Stanhopes. Sie tolerierten ihre gegenwärtige Lage, weil sie hofften, sie überzeugen zu können, Harold zu heiraten! Aber warum? Sie und Harold hatten sich vom ersten Tag an nicht leiden können, und obschon Cathy gelegentlich Verlangen in seinem Blick hatte erkennen können, so war doch ein physisches Verlangen nach ihrem Körper kein ausreichender Grund, sie zu heiraten. Es ergab einfach keinen Sinn. Schließlich entschloß sie sich, am nächsten Tag Dr. Bowen zu fragen, wann sie in die Staaten zurückkehren und ihren Vater mitnehmen konnte.
Währenddessen hielt Harold selbst ihr Mißtrauen aufrecht. Er war so höflich, überschlug sich fast, um ihr entgegenzukommen, brachte ihr die neuesten Romane zu lesen und kaufte sogar Spielsachen für Cray, um sich anzubiedern. Cathy akzeptierte all das mit einer kühlen Gleichgültigkeit.
Als Dr. Bowen sich widerstrebend einverstanden erklärte, daß Sir Thomas in die Staaten reisen konnte, um sich zu erholen, jubelte Cathy innerlich. Sie konnte es kaum erwarten, wieder nach Hause zu kommen, in Jons Armen zu liegen und diesen Alptraum hinter sich zu lassen. Cray vermißte seinen Vater und Cathy ihren Gatten - oder, wie es sich ergeben hatte, ihren zukünftigen Gatten. Fast schwindelig vor Erleichterung mußte Cathy kichern. Vielleicht konnten sie nach dieser Heirat endlich eine richtige Hochzeitsreise machen.
Martha war voll und ganz auf Cathys Seite, was ihren Wunsch anbelangte, so schnell wie möglich nach South Carolina zurückzukehren. Im Gegensatz zu Cathy, die von den Sorgen um ihren Vater und ihre ungültige Ehe fast aufgezehrt wurde, hatte Martha sehr viel wahrgenommen, was ihr gar nicht gefiel. Zum einen beobachtete Lord Harold Cathy mit so lüsternen Blicken, wenn sie es nicht sah, daß Martha fassungslos war. Außerdem war Lady Stanhope, von der Martha wußte, daß sie gewissenlos, eigennützig und eingebildet war, gegenüber Cathy so freundlich, daß es schon fast beängstigend war. Drittens gingen Gerüchte um, daß die Stanhopes kurz vor dem finanziellen Ruin standen. All das zusammen genommen, konnte nur Ärger bedeuten. Je eher Miß Cathy von hier wegkommen würde, um so besser.
Mason, ihr alter Verbündeter, dem Martha ihre Sorgen mitteilte, pflichtete ihr von ganzem Herzen bei. Zusammen beschlossen sie, Cathy so unauffällig wie möglich im Auge zu behalten. Martha sah keinen Sinn darin, Cathy noch weiter zu beunruhigen, aber wann immer Lord Harold im Hause war, sorgten sie dafür, daß sich immer einer von ihnen in Miß Cathys Nähe befand.
In der Zwischenzeit buchte Cathy Plätze für sich, ihren Vater, Martha, Mason und Cray auf einem Schiff, das fast genau fünf Wochen nach ihrer Ankunft London verlassen sollte. Danach fühlte sie sich besser und war sogar in der Lage, an einer Gesellschaft an diesem Abend teilzunehmen, die von Lady Stanhope gegeben wurde. Nachdem sie nur noch eine knappe Woche in London war, wäre es eine Schande, wenn sie sich nicht noch ein wenig amüsierte, argumentierte Lady Stanhope.
Den Rest des Nachmittags verbrachte sie mit ihrem Vater, der inzwischen immer längere Phasen des Bewußtseins hatte. Er war zwar noch immer unbeschreiblich schwach und rechtsseitig vollständig gelähmt, aber er erkannte Cathy und erfreute sich offensichtlich an ihrer Gesellschaft. Ein Besuch von Cray, einmal am Tag, war für ihn immer der Höhepunkt, aber Cathy hielt diese Besuche immer möglichst kurz. Sir Thomas war noch immer nicht über den Berg, und laut Dr. Bowen konnte die geringste Aufregung einen weiteren Schlaganfall hervorrufen. Daher schnitt Cathy auch nie das Thema Jon und ihre ungültige Ehe an. Offensichtlich hatte der Schlaganfall all seine Erinnerung daran
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