Hale 2 Freibeuter des Herzens
sie künstlich geschielt und ihnen die Zunge herausgestreckt.
»Cathy, ich glaube, du kennst bereits die Gräfin von Firth? « Lady Stanhope hatte sie zu einer schier uralten Frau, in einem Kleid in schrillen Farben, geführt. Cathy nickte höflich, obwohl sie keine Ahnung hatte, wo sie die Gräfin schon einmal getroffen haben sollte, wenn überhaupt. Die Gräfin erwiderte ihr Nicken mit einer eisigen Bewegung ihres mit Federn geschmückten Kopfes.
»Lady Catherine«, brachte sie tonlos heraus. Cathy lächelte sie kühl an, fest entschlossen, jeden in Grund und Boden zu starren, der sie mit Verachtung strafen wollte. Lady Stanhope beeilte sich, ihre Nichte im Raum herumzuführen.
Es waren so viele Menschen im Raum, daß Cathy es schon nach kurzer Zeit aufgab, sich all die Namen zu merken. Schon bald überließ Lady Stanhope sie sich selbst. Cathy hielt sich an die Regeln der Etikette, unterhielt sich ein wenig mit jedem über belanglose Themen, lachte über langweilige Witze und gab sich alle Mühe. Schon bald plagten sie jedoch starke Kopfschmerzen; es war schrecklich heiß im Raum, kein einziges Fenster wurde geöffnet. In den Kronleuchtern brannten die Kerzen, und der Geruch des schmelzenden Unschlitts, kombiniert mit dem Geruch des Essens und den Ausdünstungen der Körper war erdrückend, Cathy spürte, wie sich ihr Magen umdrehte, und sie wußte, daß sie schnellstens einen Ort finden mußte, wo sie sich einen Moment ausruhen konnte.
Mit einem Lächeln drängte sie sich durch die Menge, nickte, wenn Leute sie ansprachen oder ihr zuwinkten. Sie mußte schleunigst hier heraus! Schließlich fand sie, wonach sie gesucht hatte: einen roten Samtvorhang, der die Tür zu einem kleinen Nebenzimmer verbarg. Cathy betrat das Zimmer, überquerte den Marmorboden und ließ sich auf einem kleinen, harten Sofa nieder. Die zerkratzte Oberfläche fühlte sich wie Seide auf ihrer Haut an. Cathy lächelte, lehnte sich zurück und schloß die Augen. Ich bin doch müder, als ich dachte, ging es ihr durch den Kopf. Wenn sich das hier schon anfühlt wie mein Federbett! Nach kurzer Zeit legte sie auch ihre Füße auf das Sofa und ließ ihre Gedanken wandern.
So wurde sie von Harold gefunden. Er kam leise hinter dem Vorhang hervor und blieb einen Augenblick wie angewurzelt stehen. Sie war so wunderschön, mit ihrer weißen Haut und ihrem goldenen Haar, ihr schlanker, wohlgeformter Körper wurde durch das Kleid noch betont, so daß er einen Augenblick lang vergaß, daß sie die Hure eines Piraten gewesen war und einen Bastard als Sohn hatte. Sein Mund verzerrte sich verächtlich, während in seinen Augen die Lust schimmerte. Seine Mutter mußte wahnsinnig sein, ihm vorzuschlagen, diese Frau zu heiraten! Zwar gelüstete ihn nach ihrem Körper, aber er hatte nicht vor, sie zu heiraten, um ihn zu besitzen. Schließlich war sie nun schon fast zwei Monate von ihrem sogenannten Ehemann getrennt. Ihr Fleisch mußte sich förmlich nach einem Mann sehnen... Aber da war auch das Geld. Ihr Vater war ein reicher Mann und sie sein einziges Kind. Es war anzunehmen, daß er ihr alles vermachen würde. In der Zwischenzeit lag all das Geld in einem Treuhandfonds und wartete nur darauf, ausgegeben zu werden. Und Harold brauchte dringend Geld. Er hatte sein ganzes Vermögen verspielt, und seine Gläubiger bedrängten ihn von allen Seiten. Wenn er nicht bald zu Geld kam, um sie auszuzahlen, war er ruiniert. Vielleicht sollte er sie doch heiraten. Sie war zumindest hübsch, und es floß edles Blut durch ihre Adern, wenn auch einiges nicht so ganz war, wie er es wollte. Er konnte sie heiraten und in ein bescheidenes, gehorsames Weib formen, das damit zufrieden sein würde, auf seinem kleinen Landsitz zu bleiben, während er sich die Zeit in der Stadt vertrieb. Wahrscheinlich würde sie ihm dafür, daß er ihr zu ihrer rechtmäßigen Position in der Gesellschaft verhalf, so dankbar sein, daß sie tat, was immer er sagte. Ja, vielleicht würde er sie doch heiraten...
Cathy bewegte sich und ihre Brüste hoben sich, als sie tief einatmete. Harold starrte sie mit offenen Augen an, als sich die erregenden Rundungen gegen den Stoff ihres Kleides preßten. Alle Gedanken an Geld und Heirat waren urplötzlich wie weggewischt. Er verspürte nur noch die Erregung, die sie in ihm weckte. Automatisch strich er sich über das bereits schütter werdende Haar, das ihm sein Diener nach der letzten Mode mit Öl an die Kopfhaut geklebt hatte. Dann zog er seine zu eng
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