Half Moon Bay (German Edition)
Verzweiflung.
"Natürlich brauchten wir eine offizielle Erklärung, über das Kind, das sie nie austragen würde. Die Öffentlichkeit würde irgendwann Fragen stellen. Wir mussten uns etwas einfallen lassen. Und die Wahrheit konnten wir unmöglich erzählen. Da hatte Henry die Idee, es mit einer Fehlgeburt zu erklären. Und das taten wir auch. ..... Ich wollte natürlich sofort die Scheidung, dazu willigte sie aber nicht ein."
"Jetzt weiß ich auch, warum deine Mutter so ärgerlich war auf Nicole", sagte Sarah laut in Gedanken.
"Ja, es war nicht einfach für meine Mutter, das zu akzeptieren und ich hatte mich deshalb auch mit ihr gestritten. Als dann auch noch meine Mutter starb, dachte ich, ich hätte alles Wichtige in meinem Leben verloren."
"Warum hast du mir das alles nicht früher schon erzählt?"
"Ich wollte es so oft, aber als ich erfuhr, dass du auch verheiratet warst und sogar ein Kind bekommen hast, sah ich keinen Sinn mehr darin." Sie schwiegen eine Weile.
Mittlerweile war es schon dunkel geworden. Joe hatte schon längst die Lichter oben im Haus eingeschaltet.
Dann war Nicole für alles verantwortlich? Nicht zu fassen. Doch warum nur? Klar hatte Nicole ihr zu verstehen gegeben, dass sie David liebte und ihn nie aufgeben würde, ganz egal auch wessen Kosten! Sarah lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter.
Jeder schien darüber nachzudenken, was in der letzten Stunde geschehen war. Immer wieder sah David zu Sarah. Keiner von beiden konnte sein Gegenüber richtig einschätzen. Wo standen sie beide nun? Sie fuhr sich über ihre Oberarme und meinte schließlich:
"Lass uns reingehen, der Kleine und mein Vater werden Hunger haben. Willst du auch etwas Essen?" Sie brauchte erst einmal Zeit darüber nach zudenken. Und das Abendessen vorzubereiten, war zumindest ein kleiner Zeitaufschub. Schweigend sah David zu, wie Sarah die Decke vom Sand nahm und zusammenfaltete. Dann folgte er ihr ins Haus.
Joe saß mit seinem Enkel gerade auf dem Sofa und las aus einem Kinderbuch vor, als Sarah und David ins Haus kamen.
Er setzte sich auf den gegenüberliegenden Sessel und beobachtete den Jungen. Joe blickte zu seiner Tochter, die ihm mit einem kurzen Nicken ein Zeichen gab, das soweit alles in Ordnung war.
David Junior hatte plötzlich das Interesse am Lesen verloren und rutschte vom Sofa runter, um zu seiner Mutter zu laufen. David ließ ihn nicht aus den Augen. Er beobachtete alle Bewegungen, die sein Sohn machte.
"Wie heißt er eigentlich", brach es heißer aus ihm heraus.
Sarah hatte ihren Sohn auf dem Arm genommen und lächelte ihn an und sagte: "Ich habe ihn,
David Joe Taylor genannt!" Dann kitzelte sie ihn und der Kleine gluckerte laut dabei. Sie mied es, ihn anzusehen. Sie spürte ihre Röte auf ihren Wangen. Doch kurz trafen sich ihre Blicke.
Er sollte nicht sehen, wie viel Gefühl in der Namensgebung des Kindes lag.
Einige Minuten später war sie mutig genug und kniete zu ihrem Kind: "David, das ist dein Daddy! Sag mal Daddy!"
Aber David Junior war zu schüchtern, um etwas zu sagen. Sein Vater berührte ihn vorsichtig an seinen Fingern.
"Er wird müde und hungrig sein", sagte Joe, der die Szene beobachtet hatte.
"Wie wäre es, spielen Sie mit ihm ein wenig, damit er vertrauen bekommt. Er liebt Spielzeugautos." erklärte Joe ihm und drückte David zwei kleine Autos in die Hand, die auf dem Boden lagen.
Etwas zögerte David noch, aber dann setzte Sarah den Kleinen auf den Boden und gab David ein Zeichen es ihm gleich zu tun.
Dann verließen Sarah und Joe das Wohnzimmer und gingen in die Küche, um das Abendessen vorzubereiten. Immer wieder sah Sarah zu den beiden.
Tatsächlich brauchte ihr Sohn nicht lange, um begeistert mit seinem Vater zu spielen.
"Ist alles in Ordnung", fragte Joe. Natürlich hatte er bemerkt, dass Sarah geweint hatte, und wollte jetzt wissen, ob sie zwischen sich alles geklärt hatten.
"Ich weiß nicht genau, Daddy. Ich denke, es gibt noch viel zu besprechen, aber der erste Schock hat er wohl schon verdaut.
Als sie das Abendessen fertig hatten, saßen sie alle zusammen am Tisch. Es herrschte eine merkwürdige Atmosphäre. Sarah konzentrierte sich auf ihren Sohn, der mit Begeisterung in seinem Essen panschte und auf dem Tisch, wie auch in seinem Gesicht, eine Sauerei hinterlassen hatte. Immer wenn Sarah den kleinen Löffel zu seinem Mund führte, war David Junior nicht mehr bereit, seinen Mund zu öffnen. Es war ein kleines Geduldspiel für seine Mutter.
David beobachtete die beiden und
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