Hallo Engel!
empfand Mitleid, aber mehr noch Zorn. Mit geballten Fäusten stieß sie hervor: “Dieses Mal helfe ich dir nicht aus der Patsche, Onkel Herb. Du hast Helen wehgetan. Und mir.”
Er antwortete nicht.
“Onkel Herb?”
Im Gebüsch blieb es still. Gaby schluckte ihre Zornestränen hinunter. Was hatte sie eigentlich erwartet? Natürlich würde er nichts erwidern. Vermutlich war er längst auf und davon.
Trotzdem fragte sie: “Willst du mir nichts darauf sagen?”
“Mit wem reden Sie da?”
Gaby zuckte zusammen, als sie die scharfe weibliche Stimme hinter sich vernahm. Sie drehte sich um. Da stand Cecilia, ihr enges rotes Kleid glänzte im schummrigen Licht. Ungeduldig wiederholte sie: “Mit wem haben Sie gesprochen?”
“Ich … ich habe mit den Blumen geredet”, sagte Gaby schlicht.
Mit schmalen Augen blickte Cecilia vom Beet zu Gaby. “Sie sind ein komisches Mädchen. Was soll der Unsinn?”
“Ja, vermutlich ist es albern”, gab Gaby zu. “Wollten Sie etwas von mir, Cecilia?”
Cecilias Lippen wurden schmal. “Es geht nicht darum, was ich will, sondern Devlin.”
“Dev?” Bestürzt nahm Gaby die Feindseligkeit in den Zügen der anderen wahr. “Was meinen Sie damit?”
“Also, bitte. Spielen Sie doch nicht die Unschuld vom Lande. Dev hat viel Zeit mit Ihnen vergeudet, und, ehrlich gesagt, es wird ihm langsam lästig. Er ist ein viel beschäftigter Mann, müssen Sie wissen. Finden Sie nicht, Sie sollten allmählich abreisen?”
Gaby ballte die Hände in den Falten ihres Kleides. “Ich bin nur noch für einen Tag da, dann gehe zurück in … dahin, wo ich herkam.” Sie wischte sich die feuchten Hände am Rock ab. “Aber da Sie das Thema zur Sprache bringen, würde ich mich gern mit Ihnen über Devs Wünsche unterhalten. Ich weiß nicht, ob er es Ihnen erzählt hat, aber er würde gerne Richter sein, das ist sein sehnlichster Wunsch. Ich denke, mit Ihren Beziehungen könnten Sie ihm dabei helfen. Vielleicht können Sie mit jemandem in der Berufungskommission sprechen.”
“Sie machen wohl Witze.” Mit kalter Stimme schnitt Cecilia Gaby das Wort ab. “Ich habe nicht die Absicht, Dev zu einem Richteramt zu verhelfen.” Sie lachte verächtlich. “Haben Sie überhaupt eine Ahnung, was man da verdient? Ein besseres Taschengeld.”
Gabriella starrte sie an und dachte an Devs Gesicht, als er von seinem Traum gesprochen hatte. “Aber es ist das, was er möchte. Und wenn es ihn glücklich macht?”
“Woher wollen Sie denn wissen, was ihn glücklich macht?” Cecilias Augen funkelten Gaby an. “Jedenfalls weiß ich, was
mich
glücklich macht, und das ist mit Sicherheit keine Ehe mit einem kleinen Richter. Mein Vater und ich haben große Pläne mit Dev. Ich erinnere Sie daran, dass Dev
mich
heiraten wird, es geht hier um
meine
Zukunft. Und ich wiederhole, Sie sollten abreisen.”
Sprachlos sah Gaby Cecilia nach, die ohne sich noch einmal umzudrehen zurück zur Party ging.
Es dauerte noch eine gute halbe Stunde, bis Dev endlich den Gratulanten entkam, die ihn umdrängten. Er schlüpfte aus der Tür in die kühle Finsternis der Nacht. Nachdem er die schwach beleuchtete Terrasse überquert hatte, steuerte er auf den gepflasterten Pfad zu, der den gepflegten Rasen vom Blumengarten am Ende des Putman-Anwesens trennte.
Er fand Gaby am Gartenteich. Auf dem dunklen Wasser schwammen kleine Kerzen in lilienförmigen Haltern. Gabys Kleid und Gesicht hoben sich hell gegen den Nachthimmel ab, sie stand still da und betrachtete die winzigen Lichter. Sie wirkte geisterhaft, überirdisch. Unberührbar.
Verwirrt von diesem Eindruck trat Dev neben sie und legte ihr die Hand auf den nackten Arm. Ihre warme Haut fühlte sich merkwürdig beruhigend an. “Was machst du hier?”
“Ich denke nach.”
Dev stutzte. Unwillkürlich verstärkte er den Griff um ihren Arm. “Worüber? Noch mehr Tipps, wie sich Cecilia in mich verlieben kann? Oder hast du beschlossen, jetzt jemand anderem zu helfen?”
Sie schüttelte den Kopf und erwiderte wie geistesabwesend: “Nein, ich habe nicht vor, noch mehr Tipps zu geben – keinem anderen und ganz bestimmt nicht dir.”
“Warum nicht?”
“Weil ich mich geirrt habe.”
Überrascht ließ Dev sie los und schob die Hände in die Hosentaschen. “Gibst du endlich zu, dass du kein Engel bist?”
Sie lächelte traurig. “Nein, ich gebe nur zu, dass ich kein besonders guter Engel bin. Ich habe mich auf der ganzen Linie getäuscht. Ich hätte es längst merken müssen
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