Halloween
ist ein anderer Wagen, sind andere Insassen, und Danielle wird nicht da sein (Mr. Arnold hat der Nachtschicht die Schlüssel gegeben und ist nach Hause gefahren). Und es ist das erste Mal, dass sie herkommen. Sie kommen später nochmal, um Danielle abzuholen, ihr letzter Stopp, bevor er auf der Bildfläche erscheint. Sie sind unterwegs zu einer Party.
Der Jeep fährt rings um den Parkplatz zum Autoschalter, wie Brooks es erwartet hat. Sein Blick folgt dem Wagen von der Speisekarte zum Abholfenster. Brooks weiß, dass die beiden sich damals unterhalten haben; Tim hat bloß einen Doughnat gekauft, um sie zu sehen, was Brooks wie eine Narbe mit sich rumschleppt. Ihre Unterhaltung ist eine Lücke in seinem Bericht, ein leerer Fleck.
(Ich kann mich nicht mehr erinnern, sagt Danielle schulterzuckend, desinteressiert. Wahrscheinlich haben sie überlegt, zu welcher Party sie zuerst fahren sollten.)
Der Jeep parkt, und die Scheinwerfer und Scheibenwischer gehen aus. Er kann ihre Gesichter nicht erkennen, aber er weiß, dass sie essen. Die Verpackungen sind auf einigen seiner Bilder zu sehen, zerknüllte gelbe Papierknäuel auf dem Boden, eine braune Tüte unter einem Turnschuh, voller Ölspritzer.
Brooks sitzt im Dunkeln und hält Ausschau wie ein Jäger. Im stetigen Tuckern des Vic-Motors horcht er auf seinen eigenen Atem, und die Luft vom Defroster weht ihm in die Augen. Der Cursor auf seinem Bildschirm blinkt und fragt ihn, ob er irgendwas braucht. Er wünscht, er könnte wegen des Berichts auf seinen Computer zugreifen. Er hat Hunger und sein Rücken tut weh, gekrümmt vom langen Sitzen. Er macht einen Buckel und streckt die angewinkelten Arme seitlich aus, reibt sich den Nacken und lässt sich dann wieder in den Sitz sinken. An der Ampel sammelt sich der Verkehr. Die Schlange bei McDonald’s bewegt sich nicht, bloß ein Mädchen im Fenster. So stehen sie da, ein stilles Patt, das ihm gefällt. Wenn er Tim einfach so im Auge behalten könnte, wäre alles in Ordnung.
Natürlich besteht die Möglichkeit – Brooks weiß, er sieht Gespenster –, dass in dem Jeep niemand sitzt, dass sie ihn entdeckt haben, zum Heckfenster rausgekrabbelt sind und sich über den Parkplatz davongemacht haben, die geparkten Wagen als Deckung benutzend. Sie könnten auf der anderen Seite des Hügelsentlangkriechen, plötzlich hinter ihm auftauchen und auf den Kofferraum hämmern, sich mit ihm anlegen.
Wie immer bricht das Funkgerät den Bann. Ein kurzes Räuspern und dann die elektrische Leere des Weltalls, krächzendes Rauschen.
«232. 232, können Sie mich hören?»
«Ich höre», sagt er und drückt im selben Moment auf den Mikroknopf, als sich die Scheinwerfer des Jeeps einschalten. Und schon fahren sie los. Die Pause ist vorbei.
Die Flasche reicht genau, noch ein halbes Glas für beide, während der Kellner den Hauptgang abräumt und dann die Krümel vom Tisch streift. Sie spürt die vom Wein hervorgerufene Wärme im Gesicht, ein Leuchten wie das der Kerze zwischen ihnen.
«Soll ich Ihnen die Dessertkarte bringen?»
«Ich glaube schon», sagt Kyles Dad und ergreift die Initiative.
«Ich lasse Ihnen einen Augenblick Zeit, sich zu entscheiden», sagt der Kellner und verschwindet.
«Du meine Güte», sagt sie, als sie Kürbis-Crème brûlée liest, Zitronenzabaione, Ricotta-Schokoladen-Torte. «Ich glaube, ich brauche länger als einen Augenblick.»
«Die haben auch Espresso», sagt er, denn das ist ihr Lieblingsgetränk, das sie nur selten bekommt.
«Worauf hast du Lust?»
Sie gehen strategisch vor, wollen sich etwas teilen. Das Restaurant ist gedrängt voll, und die Gespräche ringsum verleihen dem Raum zwischen ihnen etwas Intimes. Solange es etwas gibt, worauf sie sich konzentrieren können, fällt es ihnen nicht schwer, sich zu unterhalten. Die Kommunalwahlen stehen vor der Tür, mit einem hochinteressanten Volksentscheid über Wohnblocks; im Wadsworth gibt es eine neue Mondrian-Ausstellung. Der Wein füllt alle Gesprächspausen aus.
«Hast du mit Kelly über Thanksgiving gesprochen?», fragt er,denn es gab eine Auseinandersetzung darüber, dass Kelly den Feiertag mit der Familie ihres Freundes auf Martha’s Vineyard verbringen will.
«Noch nicht.»
«Hoffentlich geht’s ihr gut.»
«Bestimmt.» Sie überlegt, ob sie Kyles Tag der offenen Tür ansprechen soll, verzichtet dann aber darauf. Sie weiß, dass Kyles Dad nicht gern hingeht, dass er sich davor fürchtet, mit den anderen Eltern dazusitzen, während die
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