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Halloween

Halloween

Titel: Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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und wird dann langsamer, weil er gemerkt hat, wer hinter ihm ist. Sie gleiten zusammenbergab, schlängeln sich durch die Kurven, halten sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung. Brooks hätte Lust, ihn zu kontrollieren, bloß weil er vor ihm fährt.
    Wenn er Recht hat, braucht er sich nicht zu beeilen. Tim kommt frühestens in einer Stunde weg. Brooks weiß nicht genau, was er vorhat – eine Huldigung an uns, eine gespenstische Gedenkfeier –, aber er muss da sein. All das gilt vielleicht ihm. (Ich hab dir ja gesagt, er ist nicht dumm.)
    Er bringt den Beamer ins Schwitzen, klebt ihm an der Stoßstange, biegt dann, ohne zu blinken, scharf nach rechts in die Winding Lane ab. Er fährt einmal rundrum, gleitet unter den Straßenlaternen durch, und es regnet Bindfäden. Die Häuser hier hinten sind wie sein eigenes, gedrungene Fünf-Zimmer-Ranches aus den fünfziger Jahren mit Asbestverschindelung und einem 100 0-Quadratmeter -Grundstück, zu klein, um darauf bauen zu können. Bei einigen steht neben dem Briefkasten ein Schild mit der Aufschrift «Zu verkaufen» – seine Konkurrenz. Er fragt sich, welche Charity den Interessenten gezeigt hat. Plötzlich denkt er – als würde es keine Rolle spielen –, dass er ihr Angebot annehmen und weggehen sollte, solange es noch möglich ist. (Zu spät, Mann.)
    Seufzend nimmt er den Gedanken zurück. Es liegt nicht bloß an Gram. Das hier ist seine Stadt; er kennt jede kleine Straße. Von Stony Way über Stony Corners Circle bis zur Stony Corners Road. Die meisten Häuser liegen im Schlaf, Holzkästen in der Dunkelheit. Er überprüft die Adresse nochmal und sieht, dass er Recht hat; es ist ganz am Ende der Sackgasse, wo es einen Zugang zum Radweg gibt. Während er in die Einfahrt biegt, prägt er sich wie ein Schauspieler, der seinen Text lernt, den Namen des Mannes ein, der sich beschwert hat, strafft die Schultern, bevor er die Hand nach der Klingel ausstreckt. Das ist der Marine in ihm; wenn er bei seinem Vorgehen die Kontrolle behält, bittet ihn der Chef vielleicht nicht um seine Dienstmarke.
    Geöffnet wird ihm von einem älteren Mann in einem kastanienbraunenJogginganzug, der noch aus den siebziger Jahren stammen muss. Der Fernseher dröhnt durchs Haus (ein Bild seiner Zukunft, der Schmerbauch, das einsame Abendessen aus Tiefkühlkost).
    «Abend, Sir», sagt Brooks wie ein Grünschnabel – Befehlshaltung, fester Blickkontakt, streng nach Vorschrift –, dann nimmt er die Anzeige des Typen auf, als wäre er begeistert bei der Sache.
    Ungefähr vor einer Stunde hat der Mann gesehen, wie ein Auto die Zufahrtsstraße hinter seinem Haus langgefahren ist. Das Auto ist noch nicht zurückgekehrt, das hätte er gemerkt. Er sagt, er ruft nicht zum ersten Mal wegen so was an, als wäre Brooks daran schuld. In letzter Zeit fahren da ständig Liebespaare raus. Eigentlich sollte Licht brennen, aber jedes Mal, wenn die Laterne repariert wird, schmeißen die Jugendlichen sie wieder ein. Er weiß nicht, was er noch tun soll, damit sich jemand darum kümmert. Er hat schon im Rathaus angerufen, aber da hat man ihn immer nur weiterverbunden.
    Brooks nickt ständig, seine Gedanken wandern zum Stop’n’Shop und zu Tim und sind dann plötzlich wieder bei der Sache. Wo war er in jener Nacht, bei einem unwichtigen Einsatz wie diesem? Vermutlich war er nicht mal glücklich, alles war selbstverständlich. Es kommt ihm vor, als wäre es Jahre her, ein anderes Leben.
    Brooks lässt den Alten ausreden, stimmt ihm Punkt für Punkt zu, schüttelt den Kopf über so viel Ungerechtigkeit und teilt seine Enttäuschung, seine Empörung als Steuerzahler.
    «Ich hol die da raus», verspricht Brooks, die Freundlichkeit in Person. «Und ich empfehle der Parkverwaltung, die Laterne mit einem Drahtgitter auszustatten.»
    «Früher war mal eine Kette über die Straße gespannt, keine Ahnung, was damit passiert ist.»
    «Ich sorge dafür, dass morgen früh jemand dort anruft, mehr kann ich im Moment nicht tun.»
    Die freundliche Tour stellt den Typen nicht richtig zufrieden – das ist unmöglich –, aber sie reicht aus, um ihm ein halbherziges Danke zu entlocken.
    Im Vic meldet sich Brooks über Funk, notiert die Einzelheiten in einem Bericht und schiebt sein Klemmbrett unter den faseroptischen Lichtstab, der aus dem Armaturenbrett ragt wie der Fühler eines Tiefseefisches. Das Auto ist wahrscheinlich längst weg, an dem Typen vorbeigeschlichen, während er Fernsehen geguckt hat, oder vielleicht ist es ein

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