Halloween
Gemischtwarenhandlung fängt an, gelb zu blinken. Niemand merkt es. In den Hügeln sind die Straßen nass und leer, die Garagenlampen aus, die Kürbisse dunkel. Die letzten verkleideten Kinder haben ihre Tour beendet, die Finger taub, weil sie den ganzen Abend draußen waren.
Drinnen, im hellen Licht, beginnt der beste Teil von Halloween, der zuckrige Mittelpunkt der Jahreszeit, wo du deine Tüte auskippst, deine Beute auf dem Teppichboden verteilst und die Hand darin vergräbst wie in einem Schatz. Das ist nie langweilig; sogar die Erwachsenen zeigen Interesse und schnuppern rum wie Jagdhunde. Zähl nach, wie viele Süßigkeiten es sind, und vergleich es mit letztem Jahr – ist es ein neuer Rekord? –, dann sortier alles zu einzelnen Haufen, einen für die Reese’s Cups, einen für Kit Kats, Twizzlers, M&Ms, die ganzen Lutscher zusammen.Wovon hast du das meiste gekriegt? Was ist aus all den Mr. Goodbars vom letzten Jahr geworden? Hör auf, die ausgefallenen Sorten zu bestaunen und dich drüber lustig zu machen. Wer hat dir das gegeben, den verbeulten Popcorn-Ball und das große Payday, das einzelne White Crunch und das 100 Grand? Die Mounds und Almond Joys sind immer ein Problem und werden sofort ausgesondert. Und dann noch alles, was dazwischen liegt – Goobers und Jujubes und Black Jacks –, die Sorten, die in ein paar Wochen als Letztes übrig sein werden. Wer isst schon gern Milk Duds? Schmecken irgendwem Spanish Peanuts? Tausch oder verschenk alles, was du nicht magst, es ist so viel da, dass du es nicht vermissen wirst.
Außerdem haben wir ständig irgendwas verdrückt, angefangen bei der Party während der Klassenbesprechung. Die Schokolade gibt allen ein Glücksgefühl, einen Energiestoß, der sich mit den Strapazen von zu viel Spaß vermischt und sich in Albernheit verwandelt. Schon bald bewerfen wir uns mit Karamellbonbons, toben rum, machen Ringkämpfe auf unserer Beute wie Piraten. «Du kannst noch drei Sachen essen» wird zu «Das war’s, das ist das Letzte».
Und dann – wie lächerlich – ist Schlafenszeit.
Heb deine Süßigkeiten auf, du kannst sie nicht mitten auf dem Fußboden liegen lassen. Frag nicht, warum, stopf sie einfach mit überquellenden Händen in die Tüte. Los, los, nach oben. Vergiss deine Maske nicht – und putz dir bitte die Zähne.
Aber du bist nicht müde, und es läuft ein cooler Film, den du dir die ganze Zeit verstohlen angeguckt hast, ein Gruselfilm, von dem du Albträume kriegst, diese Jugendlichen, die in einer Kleinstadt von Vampiren verfolgt werden – ein Film, über den am nächsten Tag in der Schule alle reden werden. Du bettelst darum, aufbleiben und ihn dir angucken zu dürfen, obwohl du weißt, dass es zwecklos ist.
Gute Nacht.
Bitte? Noch zehn Minuten. Ist doch schon fast zu Ende.
Nein. Keine Widerrede. Es ist schon spät, und morgen geht’s wieder in die Schule.
Ihre Logik ist unwiderlegbar. Und dann, als du aufgibst, aber nicht gehst, machen sie ein Spiel draus und jagen dich die Treppe rauf, sodass du das Beste nicht mitkriegst, die einsetzende Musik und die Schreie.
Was ist passiert?
Nichts, sagen sie.
Ich will das sehen.
Keine Sorge, sagen sie. Wir erzählen dir, wie’s ausgeht.
N acht der L ebenden
Brooks hat Glück. Das verdächtige Treiben ist nicht weit von seinem Haus entfernt, ungefähr einen Kilometer Luftlinie. Er ist sich sicher, dass es Jugendliche sind, egal, worum es sich handelt. Es zieht sie immer wieder zum Radweg, bei jedem Wetter. Den ganzen Herbst musste er bei Saufgelagen eingreifen oder irgendwelche Rotznasen auf Minibikes schnappen. Brooks weiß nicht, was sich die Parkverwaltung dabei gedacht hat, als sie das Ding anlegte. Es ist der perfekte Ort, um ein Haus zu beobachten, weil der Weg an der Rückseite von Hunderten von Häusern vorbeiführt. Von der Straße aus ist man nicht zu sehen. Über einen Zaun springen, ein Fliegenfenster rausreißen, und schon ist man drin.
Er könnte die Old Farms Road nehmen, entscheidet sich aber für eine kürzere Strecke, auf der West Avon Road an der Truthahnfarm vorbei, und hält sich am Friedhof links (es deprimiert Brooks und wundert uns, wie viele Friedhöfe es in der Stadt gibt). Dann wieder links, auf die Country Club Road, am 18. Fairway entlang. Das Clubhaus ist hell erleuchtet, der Bass der Lautsprecheranlage wummert, ist auch im Regen weithin zu hören. Viele Leute verlassen die Party schon, ein stetiger Strom von Wagen. Ein großer Beamer kommt raus, braust los
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