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Halloween

Halloween

Titel: Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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zu strecken, wobei das grüne Leuchten einen Augenblick lang stärker wird), dann wendet er den Vic in einem engen Bogen um die hohe Laterne und kehrt nach vorn zurück. Er glaubt zu wissen, wo Tim ist – wo die beiden sind. Die Uhrzeit stimmt, wenn er sich richtig erinnert, und das müsste er eigentlich, er hat das Ding oft genug gelesen. Er wäre überrascht, wenn er falsch läge, aber wie bei vielem in seinem Leben hofft er, dass es so ist.
     
    Sie kommen aus dem Wald runter, vorbei an dem modrigen Komposthaufen und dem Schuppen, und durchqueren, vom Strahler geblendet, den Garten. Wenn jemand mit einer Pistole auf der Veranda stände, würden sie ihn erst sehen, wenn es zu spät wäre. Die Hunde bellen lauter – ein gutes Zeichen. Travis denkt, dass Greg vielleicht irgendwas mit ihnen anstellen will. Travis will alles schnell hinter sich bringen, rein und ruck, zuck wieder raus, wie bei
Mission Impossible
, und außerdem sind die Hunde unschuldig.
    Greg ist an der Veranda und drückt sich mit dem Rücken dagegenwie ein Polizist, der sich an einen Verdächtigen ranschleicht. Sie sagen kein Wort. Ein Blick, und Travis übernimmt die Führung, sie halten sich im Schatten, während sie ums Haus gehen. Das Gras ist nass, und der Regen, der durch die Bäume fällt, bedeckt ihre Fußabdrücke. Die Hunde sind sie erst mal los, die stehen noch hinten am Fenster, aber das wird nicht lange dauern.
    Von der Ecke der vorderen Veranda kann Travis die Straße erkennen, bloß das Stück vor der Einfahrt, der Rest ist von Bäumen verdeckt. Bei dem Licht könnte jeder, der vorbeikommt, sie mühelos sehen.
    Travis horcht. Durch die Kälte und den Umstand, dass sie sich verlaufen haben, ist er wieder nüchtern geworden, außerdem ist er müde, klatschnass, körperlich am Ende, aber sie sind da, sie werden es Toe zuliebe tun. Er kniet sich auf einem Bein hin und lässt den Rucksack von den Schultern gleiten, tastet nach dem Reißverschluss und greift dann zwischen den Eierkartons durch nach dem glatten Stahl der Sprühdose. Greg hat seine schon draußen. Er macht Travis alles nach, zieht die Plastikkappe ab und steckt sie weg, streift die Arme in Zeitlupe durch die Gurte, damit die Düse nirgends hängen bleibt.
    Auf der Straße geht plötzlich eine Laterne an und verwandelt die Bäume in schwarze Spitze. Mit einem Bewegungsmelder ausgestattet, aber es fährt kein Wagen vorbei, keine letzte Schar verkleideter Kinder zockelt umher.
    Sie warten, bis die Laterne wieder ausgeht. Die Hunde hören auf zu bellen und geben dann einzelne Warnlaute von sich.
    Nichts außer dem Wind, der durch die Büsche pfeift, dem unermüdlich fallenden Regen.
    Die Straße ist leer und Travis beschließt, dass es so weit ist.
    Greg gibt ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass er bereit ist.
    Travis hält die Faust hoch, streckt drei Finger in die Luft, und Greg begreift.
    Eins. Zwei. Drei!
    Sie stürmen auf die Treppe zu und stampfen die Stufen rauf, die Sprühdosen in der Hand. Als sie von den nassen Stufen auf die trockenen Verandadielen treten, rutschen sie fast aus. Die Hunde sind ihnen irgendwie zuvorgekommen und toben hinter der Haustür. Travis läuft nach links, Greg nach rechts, und sie passen auf, dass sie nicht gegen die Gartenstühle stoßen. Sie stellen sich da auf, wo sie anfangen wollen, aber Travis dreht sich unwillkürlich nochmal um, überängstlich, sicher, dass jemand kommt.
    Bloß der Vorgarten, die Regentropfen, die im Licht herabfallen.
    Er hört, wie Greg seine Sprühdose schüttelt, und tut dasselbe. Die Hunde drehen total durch. Er hat Angst, dass sie ihn durchs Fenster anspringen könnten.
    Greg sprüht schon, es zischt, und Travis erinnert sich an die Buchstaben, für die er verantwortlich ist, tritt einen Schritt vor und beginnt, die Vinylverkleidung zu besprühen, die Farbe sieht seltsam aus, fehl am Platz, während er die Sprühdose auf und ab schwenkt und die Linie dicker macht. Er will, dass es groß wird, und muss sich auf die Zehenspitzen stellen, dann sieht er nach, wie groß Greg seine Buchstaben macht. Es muss lesbar sein.
    Der Platz reicht gerade aus. Er muss über ein Fenster sprühen, und die Linie tropft, aber egal. Er ist bei seinem dritten Buchstaben, aber es scheint eine Ewigkeit zu dauern. Die Hunde machen einen Riesenradau und werden langsam heiser. Er dreht sich zur Straße um, und die Laterne ist wieder an.
    (Beeilt euch, drängt Toe.)
    Greg ist fast fertig und hockt sich hin, um das R zu Ende zu sprühen.

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