Halo 01 - Die Schlacht um Reach
dem System.
»Umgebungsscan komplett«, meldete Lieutenant Dominique. »Ich glaube, wir haben das letzte Rettungsboot aufgelesen, Sir.«
»Seien Sie sicher, Lieutenant«, antwortete Keyes. »Tasten Sie das System noch einmal ab. Fähnrich Lovell, geben Sie den Kurs ein und wenden Sie das Schiff.«
»Aye, Sir«, antwortete Lovell müde.
Die Brückenbesatzung war körperlich und geistig erschöpft. Sie hatte lange Stunden mit der Suche nach Überlebenden zugebracht. Nach der nächsten Abtastung würde Captain Keyes sie ablösen lassen. Als er seine Crew ansah, bemerkte er einen Unterschied. Lieutenant Hikowas Bewegungen waren knapp und entschlossen, als hinge die nächste Schlacht von dem ab, was sie tat; das war ein überraschender Kontrast zu ihrer üblichen lethargischen Effizienz. Lieutenant Halls falscher Enthusiasmus war echter Selbstsicherheit gewichen. Dominique wirkte fast glücklich, während seine Finger über die Tasten flogen und einen Bericht an das Flottenkommando verfassten. Sogar Lovell schien trotz seiner Er-schöpfung zufrieden. Vielleicht hatte Admiral Stanforth Recht. Vielleicht brauchte die Truppe einen Sieg dringender, als er es geahnt hatte.
Sie hatten die Allianz geschlagen. Es war zwar nie publik geworden, aber bislang hatte es nur drei kleinere Zusammenstöße gegeben, bei denen die UNSC-Flotte die Allianz ähnlich klar geschlagen hatte. Und seit Admiral Cole die Harvest-Kolonie zurückerobert hatte, war es nicht mehr zu einer solchen Schlacht gekommen. Ein umfassender Sieg und eine gerettete Welt. Das würde jedem beweisen, dass Siege möglich waren, dass es Hoffnung gab. Aber, fragte er sich, stimmte das wirklich? Sie hatten gesiegt, weil sie Glück gehabt hatten – und doppelt so viele Schiffe wie die Allianz. Und, so vermutete er, sie hatten die Allianz geschlagen, weil deren wahres Ziel nicht der Sieg gewesen war.
Unmittelbar nach der Schlacht waren Geheimdienstoffiziere der Navy an Bord der Iroquois gekommen. Sie gratulierten Captain Keyes zu seiner Leistung, dann kopierten und vernichteten sie alle Daten, die das Schiff auf dem Planeten von der Allianz hatte erringen können.
Natürlich verließen die Agenten das Schiff ohne jede Erklärung. Keyes spielte mit seiner Pfeife und ließ die Schlacht vor seinem inneren Auge ablaufen. Nein, die Allianz hatte verloren, weil sie hinter etwas anderem auf Sigma Octanus IV her gewesen war – und die abgefangene Nachricht war der Schlüssel dazu.
»Sir«, sagte Lieutenant Dominique. »Uns erreichen Befehle des Flottenoberkommandos.«
»Stellen Sie durch auf meine Station, Lieutenant«, sagte Captain Keyes und setzte sich in den Kommandosessel. Der Computer tastete seine Retina und seine Fingerabdrücke ab, dann dekodierte er die Nachricht. Keyes las sie auf seinem kleinen Monitor.
Prioritätsübertragung des United Nations Space Command 09872H-98
Verschlüsselungscode: Rot
Öffentlicher Schlüssel: Datei/Blitz-Matrix-Vier
Von: Admiral Michael Stanforth, kommandierender Offizier UNSC Le- viathan Kommandant des UNSC-Sektors Drei / (UNSC-Dienstnummer 00.834-19.223-MS) An: Captain Jacob Keyes, kommandierender Offizier UNSC Iroquois (UNSC-Dienstnummer 01.928-19.912-JK) Betrifft: BEFEHLE ZU IHRER SOFORTIGEN KENNTNISNAHME
Klassifizierung: GEHEIM (BGX-Direktive)
/Dateibeginn/
Keyes, lassen Sie stehen und liegen, was immer sie gerade tun, und kommen Sie zurück in den Stall. ONI will Ihren und meinen Bericht sofort im Hauptquartier auf REACH hören. Die Navy-Spione beschäftigen sich anscheinend wieder mal mit ihren üblichen Geheimniskrämereien. Anschließend Zigarren und Brandy.
Gruß,
Stanforth
»Also gut«, murmelte er zu sich selbst. Lauter sagte er: »Lieutenant Dominique, senden Sie dem Admiral meine Grüße. Fähnrich Lovell, generieren Sie den Cole-Anweisungen folgend einen Zufallskurs und bereiten Sie das Verlassen des Systems vor. Halten Sie das Schiff eine Stunde im Slipstream, dann reorientieren wir uns und fliegen zur militärischen Einrichtung auf Reach.«
»Ja, Sir. Zufälliger Kurs steht, unsere Spuren sind verwischt.«
»Lieutenant Hall, organisieren Sie den Landurlaub für die Mannschaft. Wir kehren für Reparaturen und einige wohlverdiente Ruhetage zurück.«
»Ganz Ihrer Meinung, Sir«, sagte Fähnrich Lovell.
Theoretisch war das nicht Teil seiner Befehle, aber Captain Keyes würde schon dafür sorgen, dass seine Crew bekam, was sie verdiente. Das war das Mindeste, was er für sie tun konnte.
Die
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