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Halo

Halo

Titel: Halo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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kennenlernen.»
    «Wir müssen einfach nur vorsichtig sein.» Gabriel streckte seine Hand aus und drückte meine. «Wir sind mit einer Aufgabe betraut, die weit wichtiger ist als unsere persönlichen Wünsche.»
    Damit hatte er recht. Warum war er bloß so nervtötend weise? Und warum war es so unmöglich, wütend auf ihn zu bleiben?
    Zu Hause war ich viel entspannter. In der kurzen Zeit, die wir hier waren, war es wirklich unser eigenes Heim geworden. Auf fast menschliche Weise hatten wir es uns in unserem Haus gemütlich gemacht und fühlten uns darin so wohl, dass es uns nach einem Tag wie diesem wie ein Zufluchtsort vorkam. Selbst Gabriel begann es hier zu gefallen, auch wenn er das ungern zugegeben hätte. Wir störten uns nicht mehr daran, wenn es an der Haustür klingelte (das imposante Äußere des Hauses schien Besucher anzuziehen), und so waren wir, sobald wir drinnen waren, frei, unseren eigenen Interessen nachzugehen.
    Auch wenn ich es nicht hatte erwarten können, nach Hause zu kommen, wusste ich jetzt nicht so recht, was ich mit meiner Zeit anfangen sollte. Gabriel und Ivy waren völlig zufrieden. Entweder waren sie in Büchern versunken, spielten auf dem Klavier oder steckten in der Küche bis zu den Ellenbogen im Teig. Da ich selber keine Hobbys hatte, blieb mir nichts anderes übrig, als ziellos durch das Haus zu streifen. Ich beschloss, mich fürs Erste der Hausarbeit anzunehmen. Ich trug einen Berg Wäsche herein und faltete sie zusammen, bevor ich den Wasserkessel anstellte, um Tee zu kochen. Im Haus roch es etwas muffig, nachdem die Fenster den ganzen Tag über zu gewesen waren, also lüftete ich und räumte das Chaos auf dem Esstisch auf. Ich sammelte duftende Kiefernzweige im Vorgarten und arrangierte sie in einer schmalen Vase. Als ich ein paar Werbesendungen aus dem Briefkasten holte, notierte ich mir in Gedanken, einen der Keine-Werbung-Aufkleber zu besorgen, die ich auf anderen Briefkästen in der Straße gesehen hatte. Ich warf einen Blick auf einen der Prospekte, bevor ich sie in den Müll warf. In der Stadt hatte ein neues Sportgeschäft eröffnet. Es hieß Sports, was ich ziemlich unoriginell fand, und bewarb seine Eröffnungsangebote.
    Es fühlte sich komisch an, ganz normale Aufgaben zu erfüllen, obwohl meine ganze Existenz so alles andere als normal war. Ich fragte mich, was andere siebzehnjährige Mädchen wohl in diesem Moment taten – auf Drängen ihrer frustrierten Eltern ihr Zimmer aufräumen, auf ihren iPods Musik ihrer Lieblingsband hören, sich gegenseitig SMS schicken, um Pläne für das Wochenende zu schmieden, E-Mails checken, obwohl sie lernen sollten?
    Wir hatten in mindestens drei Fächern Hausaufgaben auf, und ich hatte sie sorgfältig in mein Notizbuch eingetragen, im Gegensatz zu vielen meiner Mitschüler, die offensichtlich über ein gutes Gedächtnis verfügten. Ich sagte mir selbst, dass ich jetzt damit anfangen musste, damit ich für morgen vorbereitet war, aber ich wusste auch, dass es so gut wie gar keine Zeit beanspruchen und ganz sicher keine intellektuelle Herausforderung darstellen würde. Kurz gesagt, es würde kinderleicht sein. Ich kannte alle Antworten auf alle Fragen, weshalb es mir wie ein langweiliger Zeitvertreib vorkam, so zu tun, als ob ich Hausaufgaben machte. Trotzdem schleppte ich meine Schultasche in mein Zimmer.
    Es lag am Ende der Treppe auf der dem Meer zugewandten Seite. Sogar bei geschlossenem Fenster konnte man das rhythmische Geräusch der Wellen hören, die gegen die Klippen schlugen. Von dem schmiedeeisernen Balkon aus, auf dem ein Tisch und ein Korbstuhl standen, konnte man das Meer sehen, auf dem die Boote über das Wasser tanzten. Eine Weile saß ich dort, mit Textmarkern in der Hand und meinem Psychologiebuch vor mir, das auf der Seite mit der Überschrift «Galvanische Hautreaktionen» aufgeschlagen war.
    Mein Gehirn musste unbedingt beschäftigt werden, und sei es nur, um es davon abzuhalten, über meine Begegnungen mit dem Schulsprecher der Bryce Hamilton nachzudenken. Alles schien mich an ihn zu erinnern, an seinen durchdringenden Blick und seine leicht schief hängende Krawatte. Mollys Worte hallten in meinem Kopf wider:
Ich würde mich nicht auf ihn einschießen … er trägt ganz schön viel mit sich herum.
Aber warum war ich so von ihm fasziniert? Auch wenn ich ihn noch so gern aus dem Kopf kriegen wollte, ich konnte es nicht. Wenn ich mich dazu zwang, an etwas anderes zu denken, dauerte es nicht lange, bis er wieder da

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