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Halo

Halo

Titel: Halo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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hatte, war ich ziemlich aufgeregt, weil er mir überhaupt seine Aufmerksamkeit geschenkt hatte.
    Ich dachte wieder an unsere Begegnung auf dem Pier zurück und erinnerte mich, wie sehr mich seine Augen fasziniert hatten, dieses unglaubliche reine Blau. Sie gehörten zu der Art von Augen, in die man nicht lange blicken konnte, ohne weiche Knie zu bekommen. Ich fragte mich jetzt, was passiert wäre, wenn ich seine Einladung angenommen und mich neben ihn gesetzt hätte. Hätten wir geredet, während ich versucht hätte zu angeln? Worüber hätten wir gesprochen?
    Ich schüttelte mich innerlich. Zu diesem Zweck war ich nicht auf die Erde geschickt worden. In den nächsten Tagen würde ich keinen Gedanken an Xavier Woods verschwenden. Wenn ich ihn zufällig sah, würde ich ihn ignorieren. Wenn er versuchte, mit mir zu sprechen, würde ich knappe Antworten geben und gehen. Kurz gesagt, ich würde ihm nicht gestatten, irgendeine Wirkung auf mich zu haben.
    Wobei ich natürlich mit Pauken und Trompeten scheitern würde.

[zur Inhaltsübersicht]
    4 Erdgebunden
    Beim letzten Klingeln raffte ich meine Bücher zusammen und rannte so schnell los, wie ich konnte, denn ich wollte um jeden Preis das Gedränge in den Gängen vermeiden. Ich war heute schon genug angerempelt, ausgefragt und gemustert worden, mir reichte es. Es war mir nicht gelungen, auch nur einen einzigen ruhigen Moment für mich allein zu haben: Während der Pausen hatte Molly mich gedrängt, ihre Freunde kennenzulernen, die wie mit dem Maschinengewehr Fragen auf mich abfeuerten. Trotzdem war ich ohne größere Panne durch den ersten Tag gekommen und war froh über diesen Erfolg.
    Unter den Palmen vor dem Schultor wartete ich auf Gabriel. Ich lehnte mich zurück und ließ den Kopf am kühlen, rauen Stamm ruhen. Ich war voller Ehrfurcht vor der vielfältigen Vegetation auf der Erde. Palmen waren sehr seltsam aussehende Gewächse. Sie erinnerten mich an Wachposten mit ihren schlanken, geraden Stämmen und den ausladenden Wedeln, die wie die federgeschmückten Helme einer Palastwache aussahen. Während ich dort stand, beobachtete ich die Schüler, die ihre Taschen in Autos hievten, ihre Blazer auszogen und sichtlich entspannter wirkten. Manche machten sich auf dem Weg in Richtung Innenstadt, um sich noch in einem der Cafés oder an anderen beliebten Orten zu treffen.
    Ich war alles andere als entspannt, ich litt an einer Überdosis von Informationen. Mir brummte der Kopf, als ich versuchte, aus all dem, was in nicht mehr als ein paar Stunden passiert war, schlau zu werden. Obwohl wir über unbegrenzte Energie verfügten, überkam mich ein schleichendes Gefühl der Erschöpfung. Ich sehnte mich nach nichts mehr als nach meinem gemütlichen Zuhause.
    Schließlich entdeckte ich Gabriel: Er kam die Treppe herunter, dicht gefolgt von einer kleinen Gruppe von Bewunderern, hauptsächlich Mädchen. Bei so viel Aufmerksamkeit, wie er erregte, hätte er ein Promi sein können. Die Mädchen hielten sich ein paar Meter hinter ihm und versuchten krampfhaft, nicht aufzufallen. Auf den ersten Blick sah Gabriel aus, als hätte er seine Gelassenheit und seine Ruhe über den Tag gerettet, aber an seiner verkrampften Kieferpartie und dem leicht zerzausten Zustand seiner Haare konnte ich ablesen, dass es auch für ihn Zeit war, nach Hause zu gehen. Als er sich zu den Mädchen umdrehte, verstummten sie mitten im Satz. Ich kannte meinen Bruder gut und ahnte, dass er trotz seiner scheinbaren Gelassenheit derartige Aufmerksamkeit nicht schätzte. Er wirkte eher verlegen als geschmeichelt.
    Gabriel war fast schon am Tor, als eine gutgebaute Brünette in dem ziemlich schwachen Versuch, einen Sturz vorzutäuschen, vor ihm stolperte. Mit einer sanften Bewegung fing Gabriel sie in seinen Armen auf, bevor sie den Boden berührte. Einige Schüler, die die Szene beobachtet hatten, schnappten hörbar nach Luft vor Bewunderung, und ein paar Mädchen erstarrten vor Neid, weil sie nicht selber auf die Idee gekommen waren. Aber es gab für sie fast keinen Grund zur Eifersucht: Gabriel brachte das Mädchen lediglich wieder ins Gleichgewicht, legte die Gegenstände, die ihr aus der Tasche gefallen waren, zurück, hob wortlos seine abgewetzte Aktentasche auf und ging weiter. Er war nicht unfreundlich gewesen, er hatte einfach nur keinen Sinn darin gesehen, auch nur ein paar Worte mit ihr zu wechseln. Das Mädchen sah ihm sehnsüchtig nach, und ihre Freundinnen drängten sich um sie, in der Hoffnung, ein

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