Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan
Organe zur Verfügung stehen. Wenn man einen Lebendspender verwenden kann, ist man besser dran. Es kann sein, dass man mit einem Familienmitglied kompatibel ist, einem Freund oder jemandem, der es aus reiner Nächstenliebe tut, wobei die allerdings ziemlich dünn gesät sind. Wenn man eine Spenderleiche braucht, kann es sein, dass man monate-, sogar jahrelang auf ein Organ warten muss.«
»Und beim Warten stirbt.«
»In den Vereinigten Staaten werden Patienten, die eine Leichenspende brauchen, in das Organ Procurement and Transplantation Network, das Netzwerk für die Organbeschaffung und -transplantation, aufgenommen. Das OPTN wird betrieben von einer gemeinnützigen Organisation namens UNOS, dem United Network for Organ Sharing. Das Vereinte Netzwerk für Organspenden betreibt eine Datenbank mit geeigneten Organempfängern und Informationen über alle Transplantationszentren im Land. Das UNOS bestimmt auch die Regularien in Bezug auf Prioritäten und wer welches Organ erhält.«
»Und wie kommt ein Patient in das Netzwerk?«
»Man sucht sich ein Transplantationsteam, das vom UNOS als qualifiziert eingestuft wird. Das Team entscheidet dann, ob man ein guter Kandidat ist, sowohl körperlich wie mental.«
»Und das heißt?«
»Es ist kompliziert, aber Drogenkonsumenten, Alkoholiker und Raucher zum Beispiel werden für gewöhnlich ausgeschlossen. Das UNOS stuft die potenziellen Empfänger außerdem hinsichtlich ihres gesundheitlichen Gesamtzustands, der Dringlichkeit, der Kompatibilität, der Länge der Wartezeit und Ähnlichem ein. Man will, dass verfügbare Organe dort eingesetzt werden, wo sie am meisten nützen.«
Ryan kam gleich zur Sache. »Diejenigen, die abgewiesen werden, und diejenigen, die nicht mehr warten wollen, sehen sich also außerhalb dieses Systems um.«
»So genannte Broker arrangieren den Verkauf von Organen an Patienten, die dafür bezahlen können. Für gewöhnlich nehmen die Verkäufer freiwillig an diesen Transaktionen teil. Am häufigsten wird mit Nieren gehandelt, und in den meisten Fällen sind es arme Leute aus Entwicklungsländern, die ihre Organe an die Reichen verschachern. Die Gesamtkosten können über hunderttausend Dollar betragen, wobei der Verkäufer nur einen Bruchteil davon erhält.«
»So was ist weit verbreitet?«
»Cruikshank hatte Tonnen von Material auf seinem Computer. Einige seiner Quellen beschreiben den Nierenhandel als ein globales Phänomen. Nancy Scheper-Hughes, eine Anthropologin in Berkeley, hat eine Nichtregierungsorganisation mit dem Namen Organ Watch gegründet, die behauptet, sie habe Organentnahmen in Argentinien, Brasilien, Kuba, Israel, der Türkei, Südafrika, Indien, den Vereinigten Staaten und in Großbritannien dokumentiert. Cruikshank fand außerdem Material über den Iran und China.«
Ich klickte ein paar Symbole an, und Ryan und ich überflogen einen Bericht über die Verwendung von hingerichteten Verbrechern als Spender in China.
»Man kann richtige Komplettarrangements kaufen.« Ich öffnete einige Dateien, und wir lasen schweigend.
Ein Syndikat unter israelischer Führung bot Transplantationsreisen in die Türkei und nach Rumänien für hundertachtzigtausend Dollar an. Eine Frau aus New York kaufte eine Niere von einem brasilianischen Spender und reiste dann nach Südafrika, um sie sich in einer Privatklinik einpflanzen zu lassen. Das ganze Paket kostete sie fünfundsechzigtausend Dollar. Ein Kanadier flog im Rahmen eines Geld-für-Niere-Arrangements nach Pakistan, was insgesamt zwölftausendfünfhundert kanadische Dollar machte.
»Schau dir diese Site mal an.«
Ich klickte auf ein weiteres Download. Ein pakistanisches Krankenhaus pries sich selbst als private Einrichtung mit fünfzig Betten an, die seit 1992 operierte. Die Site offerierte ein Komplettarrangement, das drei Wochen Unterkunft, drei Mahlzeiten täglich, drei präoperative Dialyse-Sitzungen, die Spenderkosten, die Operation selbst und Medikamente für die ersten beiden Tage nach der Entlassung beinhalteten. Das Ganze für vierzehntausend Dollar.
»Tabernac.« Ryan klang so entsetzt, wie ich mich fühlte.
»In den meisten Ländern ist so etwas illegal, aber nicht in allen. Im Iran zum Beispiel ist es legal, aber streng reguliert.« Ich öffnete eine weitere Datei. »Der U. S. National Organ Transplant Act von vierundachtzig verbietet Bezahlungen an jene, die Organe zur Transplantation anbieten. Der Uniform Anatomical Gift Act erlaubt es Personen zu verfugen, dass
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