Haltlos
mit Bestnoten bestehen. So würde es sich nicht anders einrichten lassen, dass sie Mike frühestens in seinen Semesterferien wieder zu Gesicht bekommen würde. So lange wollte und konnte sie definitiv nicht mehr warten. Sie war bereit, daran ließe sich nichts mehr rütteln. Wenn dadurch auch Mikes Verlangen gesteigert werden würde, sie unbedingt schnellst möglich wiedersehen zu wollen, war dies doch ein allzu verlockend süßer Nebeneffekt. Vielleicht würde es dadurch doch ein paar gemeinsame Wochenenden mehr geben, als bisher geplant waren. Tessa ging hinüber zum Bootshaus. Sie hatte sich bereits jede Einzelheit mit ihren Gedanken ausgemalt. Das Bootshaus war ein gemütlicher Holzbau (gut, für manche wäre es ein großzügiges Einfamilienhaus). Im unteren Stockwerk lag viel Werkzeug und anderer Kram herum, den ihr Vater früher oft benutzte, der jetzt aber unter einer dicken Staubschicht vor sich hin schlummerte. Wozu sollte hier auch geputzt werden, es war niemand mehr da, der sich hier aufhielt. An der Wand führte eine Wendeltreppe in den oberen Bereich, der zum Teil zu einem gemütlichen Gästeappartement ausgebaut war. Es hatte ungefähr die Größe von 60 qm. Auch im Appartement waren die Decken, Wände und Böden aufwendig mit Holz verkleidet, was den Charme dieses Gebäudes nur verstärkte. Der zum Wasser liegende Dachgiebel war komplett verglast worden. Von dort aus konnte man einen wunderschönen Ausblick über den See und das umliegende Wäldchen genießen. Wobei Tessa der Sinn nach allem anderen stand, nur nicht nach träumerischen Landschaftsansichten. Ein großer alter Kamin zierte den Wohnbereich mit seiner gemütlichen weißen Kuschelsofagruppe. Auf dem Boden lagen hier und da schwere, flauschige Teppiche. Sie stellte sich vor, wie hier und da ein paar Kerzen brannten und das Feuer im Kamin behaglich zischte und knackte und sie mit Mike eingehüllt in den kuscheligen Decken auf dem Sofa lag. Aus der Anlage würde romantische Musik als Hintergrundgeräusch schallen. Auch die großen Kissen, die den Boden des Schlafbereichs zierten, ließ sie zur Sicherheit noch einmal reinigen. Schließlich wollte sie nichts dem Zufall überlassen. An einigen Stellen würde sie noch ein paar Rosenblätter verstreuen. Den Rosengarten und das Gewächshaus verdankte sie ihrer Mutter, die Rosen über alles liebte. Sie pflegte sie mit einer betörenden Hingabe. So hatte Tessa das Glück jederzeit frische Rosen zur Verfügung zu haben. Sie drehte sich durch den Raum und beschloss innerlich, dass sofern alles genauso ablaufen würde, wie sie es sich vorstellte, ihr erstes Mal das schönste werden würde, was sie je erleben durfte. Der perfekte Ort, die perfekte Zeit und was für sie am wichtigsten war: sie hatte den perfekten Mann. Da sie alles so akribisch plante, beschloss sie auch, ihre nicht ganz jugendfreien Absichten vorher mit Mike zu besprechen. Nichts wäre schlimmer und peinlicher, wenn sie ihn verführen wollte, er sich überrumpelt fühlen würde und sie dann zurückweisen würde. Obwohl sie nicht davon ausging, dass sie solch eine Schmach erleben könnte, hatte sie doch schon oft seine Erregung spüren dürfen, wenn sie sich eng an ihn schmiegte und ihren Körper in Leidenschaft an ihn drückte. Aber sicher war sicher. Als sie sich und ihre Absichten Mike gegenüber offenbarte, war dieser zunächst überrascht aber geschmeichelt. Dennoch versuchte er es ihr zunächst auszureden, obwohl er dabei stets betonte, wie sehr er es auch wollen würde. Sätze wie „mach es bitte nicht nur meinetwegen, weil du denkst, ich würde es wollen“ oder „ich kann auf dich warten, bis du bereit bist, du bist es wert, dass man auf dich wartet“ bewirkten bei Tessa eher das Gegenteil. Es bestärkte sie noch in dem, was sie vorhatte. Wäre er nicht von Beginn an so rücksichtsvoll gewesen, hätte sie wahrscheinlich an seine Beteuerungen, es auch zu wollen, gezweifelt und sich zudem ernstlich gefragt, was mit ihr nicht stimmen würde, dass er sie nicht begehrenswert fand. Aber diese Frage stellte sie sich keine Sekunde lang. Als ihr Geburtstag näher rückte, bemerkte sie sogar etwas erfreut, dass Mike mindestens genauso aufgeregt und voller Vorfreude war, wie sie selbst. Er bat sie zwei Tage vor der Party um die Schlüssel zum Bootshaus, da auch er eine kleine Überraschung für sie plante, aber nur eine winzig kleine. Tessa überreichte ihm die Schlüssel nur allzu gern, zerbrach sich aber dennoch die ganze Zeit den Kopf
Weitere Kostenlose Bücher