Haltlos
würde, dass sie eine Weile hier vor Ort bleiben und den Orden in seinem Tun unterstützen würde. Er schien es ihr übler zu nehmen, als sie anfänglich dachte. Aber was war so schlimm daran, dem Orden Zeit einzuräumen. Das war nun wahrlich kein allzu großes Opfer für Tessa. Gefährlich konnte es ihr auch nicht werden. Sie durfte zwar mit auf die Jagd, aber stets im sicheren Abstand und nur als Beobachterin. Das bedeutete keine Action. Klasse. Sie hatte auch das Gefühl, dass sich Connors Abneigung von Tag zu Tag verstärkte. Tessa startete einen neuen Versuch, ihn aus der Reserve zu locken, „Ich verstehe Dich nicht. Ich tue doch nichts anderes, als vor dem Gespräch mit Francis. Gut, ich bekomme gewisse Einblicke, aber die gefährden mich in keinster Weise, wenn es das ist, worum es dir geht. Ich tue also nichts weiter als dir den lieben langen Tag Fragen zu stellen und dich darauf antworten zu lassen. Dann lese ich ein wenig, wobei du mir meistens zusiehst. Oder als Highlight des Tages gehen wir in den Gärten spazieren und genießen ein wenig die frische Luft. Nun also bitte, was habe ich getan, was dich so stört?“ Ohne sich aus der Fassung bringen zu lassen, ließ sie ihren Blick auf Connor ruhen. Connor, dessen komplettes Leben und Gefühlswelt in den letzten Tagen seit Tessas Ankunft durcheinander geraten war, konnte seine Wut ebenfalls nicht ganz verstehen. Er wusste, dass er ihr nicht böse sein konnte. Vielmehr ärgerte er sich über sich selbst. War er doch mit seinen 27 Jahren bei weitem kein kleiner Junge mehr, auch hatte er schon die ein oder andere aufregende Frau in seinem Leben kennen und lieben lernen dürfen. Es wurde zwar nicht allzu gern von den anderen Brüdern gesehen, die ihr Gelübde abgelegt hatten, doch war es genau diese Tatsache, die er sich zu nutzen machen konnte. Er hat nie ein Gelübde abgelegt, da kam ihm Francis rechtzeitig dazwischen. Aber Tessa brachte ihn ständig aus der Fassung. Dahin war seine Selbstdisziplin. Er analysierte sein eigenes Verhalten. Wie musste er nur auf sie wirken, dabei wollte er nichts anderes erreichen, als sich selbst zu schützen. Niemand wusste, wo der vorgezeichnete Weg des Schicksals Tessa hinführen würde. Es war eine Achterbahnfahrt ins Ungewisse. Er ist zu schwach geworden, hatte gar Gefühle für sie zugelassen. Nun wollte er nichts anderes als sie beschützen. Nein, er musste sie schnellstens loswerden. Früher oder später würde sie ihre Neugier bereuen. Eine Neugier, die ihr die grausame Realität zeigen wird und von der es kein Zurück mehr gibt. Wie sie ihn jetzt schon wieder ansah, so schön mit dem trotzig nach vorn geschobenen Kinn aber erhabenen Blickes. So bezaubernd mit ihren großen Augen, so verletzlich und dennoch fest in ihrer Überzeugung. Verdammt nochmal, er war schließlich auch nur ein Mann und nicht sämtlichen Reizen der Frauenwelt gegenüber immun. Er blieb ihr eine Antwort schuldig. „Steh‘ auf und mach dich fertig, ich hole dich in 30 Minuten zum Training ab. Entsprechende Sachen findest du in deinem Schrank.“ Er ging.
Tessa war weit mehr als froh darüber, dass sie seit ihrem zehnten Geburtstag so verbissen an ihrem Cheerleader-Training teilgenommen hatte. Auch den Spot mancher Turnerinnen, Leichtathletinnen oder Fußballspielerinnen hatte sie würdevoll über sich ergehen lassen, da ihr Sport oft belächelt wurde. Dennoch verschaffte ihr dieser Sport sowohl eine außergewöhnlich gute Kontrolle über ihren Körper als auch eine stattliche Kondition. Dies verdankte sie der Vereinigung von Akrobatik und ihrer schnellen Auffassungsgabe. Es waren eben diese Fähigkeiten, die ihr zu einer relativ guten Technik verhalfen, den Schlägen, Tritten und simulierten Angriffen ihrer Sparringpartner auszuweichen. Nie im Leben hätte sie sich noch vor ein paar Wochen vorstellen können, jemals in einem Raum voller kämpfender Mönche hineinzuschlittern, die mit ihr gemeinsam die täglichen Einheiten des Einsatztrainings - eine Mischung aus Karate, Boxen und Ausdauertraining (zumindest sah Tessa das so)- absolvierten. Tessas größtes Problem bestand darin, selbst einen Treffer bei ihrem Gegenüber zu landen. In die Defensive gedrängt und stets den Schlägen anderer ausweichend, wusste sie zu gut, hätte sie gegen einen realen Angreifer keine Chance. Ewig könnte man einem einkassierten Treffer nicht entkommen, nicht so. Diese Annahme spiegelte sich zurzeit auch in ihrem Äußeren wider. Ihre Arme, Beine und der
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