Haltlos
Drachenfamilie für uns geben. Wenn wir leben wollen, müssen wir uns für immer verborgen halten. Aber Abrexar hat recht, das wird auf Dauer nicht gelingen!“
Jaromir legte seinen Arm um sie und zog sie schützend an sich heran.
Der Mentor jammerte übertrieben theatralisch: „Ja, es wird schlimm mit euch enden.“
Dann schüttelte er sein wahres Alter und seine Abgeschlagenheit ab und stand voller Tatendrang auf. „Aber nur, wenn ich weiter hier rumsitze, anstatt etwas zu unternehmen. Wir haben jahrelang auf den passenden Zeitpunkt für unseren Widerstand gewartet. Jetzt ist er da und wir haben mit euch beiden sogar den Beweis dafür, dass es so etwas Außergewöhnliches wie Gefährten gibt!“
Beim letzten Wort strahlte er richtig und war wieder ganz der junge Professor, den Victoria am Nachmittag kennengelernt hatte.
In diesem Moment erklang Alberts Silberglöckchen und rief zum Abendessen.
Abrexar grinste breit und leckte sich mit der Zunge über die Lippen. „Cool – jetzt komme ich ja doch noch in den Genuss von Alberts köstlichem Abendmenü! Ich muss euch beiden unbedingt noch ein paar Dinge ans Herz legen und das können wir prima beim Essen besprechen. Danach werde ich aufbrechen.“
Zur Feier des Tages hatte Albert unten im düsteren Speisezimmer gedeckt.
Victoria war noch ganz betäubt, als sie die Treppen hinabstieg. Der Tatendrang des Mentors hatte sie nicht erreichen können und im großen dunklen Saal wurde ihr mal wieder deutlich, dass sie fast nichts von der Welt der Drachen wusste und sich in dieser Welt auch nicht wohl fühlte. Sie hatte keine Ahnung, wie die Himmelsechsen normalerweise lebten, wenn sie nicht gerade Torwächter waren. Sie schnaubte verächtlich und dachte: „ Es geht mich wohl auch nichts an, wie sie leben, was sie fürchten oder lieben. Ich bin nicht willkommen in ihrer Welt. … Werde ich jemals einen Platz finden, an dem ich einfach akzeptiert werde, wie ich bin?“
Jaromir drückte ihre Hand. „ Du BIST willkommen in MEINER Welt! Lenni und auch Abrexar mögen dich und den anderen wird es genauso gehen, wenn sie dich erst mal kennengelernt haben.“
Dann fragte er laut: „Wie haben die Gefährten denn damals gelebt? Waren die menschlichen Partner eher Teil ihrer oder unserer Gesellschaft?“
Abrexar nahm Platz und runzelte die Stirn: „Hmmm, das kann ich so gar nicht genau sagen, da wir zur Zeit der Gefährten noch offen unter den Menschen gelebt haben und es sehr viele Berührungspunkte zwischen Drachen und Menschen gab. Aber ich glaube, allein schon wegen der physischen Größe haben sich die Menschen eher den Drachen angeschlossen als umgekehrt.“
Albert betrat den Raum und servierte eine Tomatensuppe. Victoria stand der Sinn jetzt überhaupt nicht nach Essen, aber Jaromir würde sicher darauf drängen, dass sie wenigstens probierte.
Also seufzte sie und griff zum Suppenlöffel. Nachdem sie den ersten Löffel lustlos in den Mund geschoben hatte, zog sie erstaunt eine Augenbraue hoch. Die Suppe war wirklich raffiniert: Neben herrlich aromatischen Tomaten waren auch Erdbeeren und ein Hauch Honig in der cremigen tiefroten Suppe… und, wie sie erst nach einigen Augenblicken bemerkte, Chili und das nicht zu knapp. Die würzige Schärfe harmonierte perfekt mit den anderen Aromen und Victoria musste einfach lächeln. „Albert versteht es wirklich einen aufzumuntern… Diese Suppe ist echt hmmmjam!“
Jaromir sah sie an und lächelte; er hatte genau dasselbe gedacht.
Abrexar hingegen zog ärgerlich die Stirn kraus. „Ich weiß wirklich nicht, warum ich Albert damals nicht mitgenommen habe… es ist ein Jammer!“
Jaromir lachte leise. „Ich schon! Ich erinnere mich noch ganz genau, alter Meister: Du wolltest die Küche in deinem Hamburger Domizil nicht umbauen – zu viel Dreck und zu viel Lärm. Tja, und nun ist es zu spät.“ Dann grinste er und fügte gönnerhaft hinzu: „Aber du darfst mich gern ab und zu mal besuchen.“
Albert stand an der Tür und verließ gerade den Raum. Victoria sah, dass seine Augen strahlten und zwinkerte ihm anerkennend zu. Jetzt erreichte das Lächeln auch seine Lippen und schnell schloss er leise die Tür hinter sich.
Der Mentor wischte die letzten Tropfen Suppe mit frischem Brot auf und seufzte genießerisch. Dann wurde sein Blick wieder ernst und er wandte sich Jaromir und Victoria zu. „Ihr müsst euch unbedingt vorbereiten. Ich kann nicht abschätzen, wann die Goldenen euch bemerken werden, aber wir müssen
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