Haltlos
dann solltest du zehn Jahre jünger sein…“
Jaromirs Stimmung hellte sich schlagartig auf. Er feixte sich einen, denn er wusste genau, wie sehr sein Freund die Prozedur der Altersfestlegung hasste. „Wo sie recht hat, da hat sie recht, mein Lieber! Tja, dann wirst du wohl etwas an deinem Aussehen arbeiten müssen…“
„Oh nein! Nicht das!“, stöhnte Lenir.
Victoria sah die zwei erstaunt an. „Wo ist denn das Problem? Ich dachte, ihr Drachen könnt das Alter eurer menschlichen Erscheinung selbst bestimmen?“
Jaromir grinste nun von einem Ohr zum anderen. „Das schon, aber das bedeutet nicht, dass das ein einfaches Unterfangen ist. Der Zauber dafür ist recht kompliziert – zumindest, wenn man möchte, dass die Erscheinung wirklich realistisch ist.“
Lenir nickte. „Das ist leider wahr. Ich werde mit Sicherheit einen ganzen Tag Ruhe für diesen öden Mist benötigen. Ein Glück, dass es nur zehn Jahre sind – sonst würde es noch länger dauern.“
Victoria schüttelte verwirrt den Kopf. „Das verstehe ich nicht… Ihr braucht doch immer nur eine Sekunde, um euch in die menschliche Gestalt zu verwandeln.“
Wieder nickte Lenir. „Das ist richtig. Aber wir müssen genau wissen, in wen wir uns verwandeln wollen. Und diese Erscheinung exakt festzulegen, ist sehr aufwändig. Ich muss eine Art Vorlage erschaffen, in der ich präzise festhalte, wie alt die Erscheinung sein soll. Ich muss außerdem wissen, welche Haarfarbe und Gesichtszüge ich haben will. Gewisse Eigenschaften sind aber auch festgelegt, wie z.B. die Augenfarbe und die Statur – die entsprechen immer unserer Drachengestalt. Die Größe der Gestalt ist zudem noch abhängig von dem Kulturkreis der gewählten Menschengestalt. Hier habe ich nur wenig Einfluss. Aber das, was ich bestimmen kann, reicht mir schon!“
Jaromir pflichtete seinem Freund bei: „Auf dieses detaillierte Bild greifen wir dann bei jeder Verwandlung zu. Wenn wir das nicht tun, kann es sein, dass beispielweise die Haarfarbe völlig willkürlich oder sogar unstet erscheint. Oder auch, dass wir nach der nächsten Verwandlung nicht mehr genauso aussehen wie davor. Das wäre dann sehr verräterisch, ist also insbesondere in unserer Situation nicht ratsam.“
Lenir seufzte und brummelte missmutig: „Ja, ja, ich sehe ja ein, dass ich das tun muss. Also werde ich mich für die nächsten vierundzwanzig Stunden im Gästetrakt einschließen und in den Jungbrunnen springen. Baaahhhh.“
Jaromir klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter und grinste. „Tu das, junger Padawan. Aber vorher sollten wir uns noch gemeinsam eine Geschichte ausdenken, die Victoria ihren Kommilitonen erzählen kann.“
Victoria zog überrascht eine Augenbraue hoch: „Padawan? Ihr zwei wollt mir jetzt nicht ernsthaft weiß machen, dass ihr Star Wars Fans seid, oder?“
Die Drachen kicherten und jetzt grinste auch Lenir wieder übers ganze Gesicht. „Natürlich! Die Science-Fiction-Geschichten von euch Menschen sind zum Teil wirklich gut und ganz ehrlich: Star Wars ist doch unerreicht!“
Jaromir lächelte. „Ja, absolut! Star Trek finde ich aber fast noch besser… Aber wir können später noch stundenlang am Lagerfeuer darüber philosophieren und Marschmelonen rösten, wenn alles hinter uns liegt und gut gegangen ist.“ Dann wurde er wieder ernst. „Jetzt müssen wir überlegen, wie du heißt und wo du herkommst!“
Victoria dachte kurz nach und meinte schließlich: „Eigentlich ist es ganz einfach. Seit meinem zwölften Lebensjahr hatten wir jedes Jahr für ein paar Wochen einen Austauschschüler bei uns. Die kamen aus ganz Europa, manchmal auch aus Afrika, Australien oder Südamerika. … Was wäre, wenn Lenir der kleine Bruder von einem dieser Austauschschüler wäre? Das würde dann mit seinem Alter passen, den Kontakt erklären und auch, warum er mich oft begleitet.“
Lenir nickte eifrig. „Das hört sich doch gut an! Hattet ihr auch jemanden aus Norwegen bei euch?“
Victoria erinnerte sich und zog dann ihre Geistesvorhänge auf. In ihren Gedanken tauchte eine hübsche Norwegerin auf, die lachend ihre langen blonden Locken schüttelte. „Sofia Langlo aus Oslo besuchte uns gleich im ersten Jahr. Sie war sechzehn und wirklich nett. Wir haben heute immer noch sporadisch Kontakt – wenigstens zu Weihnachten schreiben wir uns. Und das Beste: Sie hat tatsächlich einen jüngeren Bruder. Leider habe ich vergessen, wie der heißt…“
Jaromir war zufrieden. „Das ist doch
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