Haltlos
Lenirs Gesicht ging die Sonne auf. „Oh Mann, Albert! Wie habe ich dich und deine gute Küche vermisst! Hmmm, das duftet ja wirklich lecker…“
Albert war sehr erfreut und nickte dem neuen Gast bescheiden zu, als er servierte. Doch da er spürte, dass die drei Wichtiges zu besprechen hatten, sagte er nichts weiter, sondern verließ zügig wieder den Raum.
Nach den ersten Happen fiel Lenir noch etwas ein: „Ach ja, Hoggi hat auch noch gesagt, dass es helfen kann, wenn die Gefährtin eine Art Eskorte bekommt. Wenn eine Himmelsechse, welcher der Drachengefährte vertraut, die Angebetete auf Schritt und Tritt begleitet, dann ist die Eifersucht meist nicht ganz so stark.“
Jaromir konnte seinen Pessimismus nicht ablegen und meinte freudlos: „Und wie stellt Hoggi sich das vor? Du kannst ja wohl kaum Victoria in Drachengestalt zur Uni begleiten.“
Victoria runzelte die Stirn. „In Drachengestalt vielleicht nicht, aber was ist, wenn Lenni ein Austauschstudent wäre? Dann könnte er mich doch zur Uni und allem möglichen begleiten.“
„Das könnte klappen“, stimmte Lenir zu.
Beide sahen Jaromir erwartungsvoll an. Der runzelte die Stirn, guckte missmutig drein und brummelte etwas Unverständliches vor sich hin.
Victoria spürte genau, wie unglücklich er mit der ganzen Situation war. Er hatte das Gefühl, dass sich die Welt gegen ihn verschworen hatte. Er musste so weitermachen wie bisher, war aber jederzeit drauf und dran sie beide durch seine Eifersucht zu verraten.
„Hey Jaro… du kannst doch nichts dafür, dass dich die Eifersucht so umhaut“ , munterte Victoria ihn auf. „Wenn sogar dieser Hoggi bestätigt, dass das ganz normal für Gefährten ist, warum machst du dir dann solche Vorwürfe?“
„Ich hätte Lenni fast angegriffen – auch wenn er so cool tut, als hätte ihm nichts passieren können! Ich war wirklich kurz davor, ihn in Stücke zu reißen! Ich weiß nicht, wie ich die nächsten Wochen bis zum Semesterende unauffällig überstehen soll. Wie soll das gehen, ohne dass ich jemanden umbringe oder verrückt werde, besonders da es ja anscheinend noch schlimmer wird mit meinen Ausrastern! Am liebsten würde ich dich sofort schnappen und irgendwo hinbringen, wo im Umkreis von hundert Kilometern kein männliches Wesen zu finden ist. Aber das geht einfach nicht, weil ich damit die Goldenen auf uns aufmerksam machen würde. Was ich auch tue, ich bringe dich in Gefahr und das ist das, was ich vom ersten Tag an vermeiden wollte!“
Victoria sah ihm in die tiefschwarzen Augen und griff seine Hand. „Ich weiß... Ich weiß, dass du mich immer nur schützen wolltest. Vergiss nicht, dass ich mich selbst für dieses Leben entschieden habe. Ich wusste von Anfang an, dass es nicht einfach werden würde – aber ICH WILL DICH! Egal wie kompliziert oder gefährlich es wird. Wir schaffen das schon und Lenni wird uns dabei helfen. Jeder von uns gibt sein Bestes und das muss eben reichen. Du trainierst weiter deine Selbstbeherrschung, ich zeige allen Männern die kalte Schulter und Lenni spielt den Leibwächter für mich. Es wird schon gehen, wenn du dir von uns helfen lässt.“
Jaromirs Gesicht entspannte sich etwas.
Victoria drückte noch einmal seine Hand und spürte, dass er seinen inneren Kampf aufgab. Seine Augen wurden wieder heller und er fasste neuen Mut.
Die Gefährten lächelten einander an.
Lenir tat so, als sei er voll und ganz mit dem Essen beschäftigt. Er tunkte gerade einen Scampi in die Avocadocreme und verspeiste diesen danach genüsslich. Dann sah er zu Jaromirs und Victorias Teller hinüber. Die beiden hatten ihr Essen noch gar nicht angerührt und so bemerkte Lenir beiläufig: „Also ich finde Alberts Essen äußerst lecker! Aber wenn ihr zwei keinen Appetit habt, dann erbarme ich mich und verputze eure Portionen auch noch. Wäre ja Sünde, das verkommen zu lassen… Also was ist?“
Jaromirs Augen verengten sich: „So weit lasse ich es als Professor auch gerade noch kommen. … Mir von einem dahergelaufenen Austauschstudenten mein Essen wegfressen lassen… Ganz bestimmt nicht!“ Bei den letzten Worten griff er zur Gabel, schob sich einen Bissen in den Mund und begann demonstrativ zu kauen.
Alle drei mussten lachen und besprachen, wie sie Lenirs Geschichte am besten aufziehen sollten.
Victoria sah ihren Gast abschätzend an. „Es tut mir ja leid, Lenni, aber für einen normalen Austauschstudenten siehst du eindeutig zu alt aus. Wenn du wirklich unauffällig sein willst,
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