Haltlos
heute warst du genau wie ich den ganzen Tag an der Uni.“
Jaromir grinste fröhlich. „Es geht doch nichts über das Internet… Außerdem hat es große Vorteile, wenn man einen treuen Diener hat, der zudem gern Möbel shoppen geht. Und bei dem einen oder anderen Laden hier in der Gegend bin ich ein guter Kunde, so dass meine Wünsche auch gern prompt erfüllt werden. Ich wollte dich einfach gern überraschen, wo du dich im Speisezimmer am Samstag so unwohl gefühlt hast.“
Dann plauderten sie noch über die Uni. Sie erzählte von Falks Reaktion heute Nachmittag: „Vielleicht sollte ich mir ein langweiliges Hobby zulegen, das besonders viel Zeit frisst.“
„Gute Idee. Und was schwebt dir vor?“
„Ich habe keine Ahnung – nur wenn ich mich öfter bei dir rumtreiben möchte, dann sollte ich immer eine gute Ausrede parat haben. Sonst werden meine Freunde ganz schnell misstrauisch.“
Er sah sie nachdenklich an. „Was hältst du von Schach?“
Sie zog die Stirn kraus. „Hmmm, das wäre gar nicht so schlecht. Ich weiß zwar, wie man die Figuren setzten muss, aber von der Spielstrategie habe ich keine Ahnung. Schach hätte ich wirklich nötig!“
Er grinste. „Dann gründe ich hiermit den Dragon-Chess-Club. Er ist aber sehr privat, denn ich werde nur eine Schülerin aufnehmen.“
Sie lachte. „Prima! Das Ganze hat nur einen Haken: Wir müssen neben der Magie auch noch Zeit aufs Schachspielen verwenden.“
„Ach, das kriegen wir schon hin. Apropos Magie – das Abschirmen bei dir klappt schon sehr gut. Ich habe dich heute beobachtet und bis auf wenige Ausnahmen konnte ich deine Gedanken nicht wahrnehmen.“
Sie lächelte stolz. „Ich tue, was ich kann!“
In den nächsten Stunden versuchte Jaromir, sie mit allem möglichen auf die Probe zu stellen, aber sie hielt die Vorhänge konsequent geschlossen. Inzwischen waren sie in seinem Schlafzimmer gelandet und er erklärte ihr die Bedeutung der verschiedenen Elemente des beheizten Bodenmosaiks.
Gegen acht Uhr klingelte das verheißungsvolle Silberglöckchen und rief sie zum Essen.
Jaromir nahm sie bei der Hand und zog sie zur Tür. „Genug gearbeitet für heute. Ich muss sagen, ich finde es fast schade, dass es so gut klappt – ich vermisse deine Gedanken.“
Sie lächelte schief und meinte trocken: „In der nächsten Vorlesung wirst du froh sein!“
Er sah ihr tief in die Augen und die Luft knisterte um sie herum. „Ich habe nie behauptet, dass mir das heute im Hörsaal nicht gefallen hätte!“
Seine Augen standen in Flammen und sein Geist war weit geöffnet. Sie spürte, was er während ihres Kopfkinos empfunden hatte.
Alberts Kochkünste waren augenblicklich vergessen und sie küsste ihn, bis die Luft um ihn herum zu flimmern begann.
Zu Jaromirs großem Bedauern verabschiedete sich Victoria nach dem Abendessen. Aber sie hatte heute drei neue Übungszettel bekommen und wollte sich noch ein paar Stunden dran setzen.
Er bestand darauf, sie nach Hause zu bringen und holte sein Rad aus der Garage.
„Jaromir, das ist wirklich nicht nötig! Ich bin häufig abends allein unterwegs und jetzt ist es sogar noch hell.“
Er sah sie ernst an. „Wenn du die Gedanken der Männer lesen würdest, die nach einundzwanzig Uhr einer Frau begegnen, die allein unterwegs ist, bekämest du bei einigen einen Riesenschrecken. Außerdem kann ich nach dem Abendessen wirklich eine kleine Tour mit dem Rad gebrauchen.“
Victoria gab noch nicht auf. „Und was ist, wenn uns jemand sieht?“
Er grinste verwegen. „Ach, wir haben uns nur zufällig getroffen!“
Sie schwangen sich aufs Rad und fuhren los.
Er sah sie von der Seite an. „Sehen wir uns morgen wieder?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, das wird nichts – morgen habe ich bis achtzehn Uhr Uni und abends machen J und ich unser traditionelles Nudelessen… Mittwochabend habe ich mich mit Kerstin fürs Kino verabredet und nachmittags muss ich mich noch eine Runde an meine Matheübungen setzen.“
Sie öffnete ihre Gedankenfester leicht und er spürte ihr Bedauern. Dann grinste sie. „Aber Donnerstag könnte ich zum Abendessen kommen.“
„Also dann Donnerstag!“, seufzte er.
Sie fühlte, dass er sie nicht bedrängen wollte. Aber es fiel ihm wirklich schwer, ohne sie zu sein.
Ihr ging es nicht anders. „Dabei sind wir erst seit Freitag zusammen – das ist doch nicht mehr normal…“
9. Kino und noch mehr Antworten
In den nächsten beiden Tagen merkte Victoria, wie sehr sie es
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