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Halva, meine Sueße

Halva, meine Sueße

Titel: Halva, meine Sueße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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auf
die Bettdecke. Natürlich, ihr Handy war ja kaputt.
    Einen Moment lang saß er ganz still da.
    Ihm wurde kalt. Etwas ging hier vor, das er nicht kapierte.
Aber was er verstand, war, dass er es nicht geschehen lassen
durfte. Er griff nach seiner Jeans, schlüpfte ohne Socken in
seine Sneaker, zog sich im Laufen noch einen Pulli über den
Kopf und rannte hinaus in den Flur.
    »Halva? Halva!«, rief er kurz, ohne wirklich eine Antwort
zu erwarten. Dann eilte er aus dem Haus und sprang in den
Porsche, der in der Einfahrt parkte. Der Motor heulte gequält
auf, als Kai das Gaspedal durchdrückte, und der Kies sprühte
unter den sich durchdrehenden Rädern zu allen Seiten.
    Im Davonrasen schrammte Kai das nur halb geöffnete Gittertor.
Egal, er gab noch mehr Gas. Die Straße war leer und
der Porsche schlingerte durch die Kurve. Kai schlug hart mit
dem Kopf gegen den Türrahmen und spürte es warm und
feucht über seine Stirn rinnen. Egal, egal, EGAL! Er spürte
die alte Panik aufsteigen. Das vertraute Entsetzen, wenn ein
Auto zu schnell fuhr. Er hasste sich dafür und zwang es in
seine Magengrube zurück. Sein Herz raste dennoch.
    Wenn er aufs Gas drückte, konnte er in zehn Minuten
am Rathausplatz sein, in fünfzehn am Café. Vielleicht war Halva dort hin, um sich doch noch von ihrer Mutter zu verabschieden.
Wo sonst konnte sie sein? Vielleicht zu Hause
in der Friedberger Landstraße? Nein, er hatte ihr gestern
Abend angesehen, dass dies ein Abschied für immer von
ihrer Familie war.
Er war nun ihre Familie,
hatte er gedacht.
Ein dicker Kloß bildete sich in seinem Hals, und er versuchte
zu schlucken, während er über eine rote Ampel sauste. Aber
es gelang ihm nicht.
    Hatte er gedacht.
    War die gestrige Nacht eine Lüge gewesen? Ihre erste gemeinsame
Nacht? Nein. Das konnte nicht sein. Dann war
auch alles andere, woran er je geglaubt hatte, eine Lüge.
    Kais Herz schlug zum Zerspringen, aus Unverständnis
und vor plötzlicher Angst. Seine Fantasie schlug Purzelbäume.
Wo
war Halva? Hatte sie jemand betäubt und fortgeholt,
während er schlief? Hatte er vielleicht nicht gehört, wie sie
um Hilfe rief? Aber wie war das möglich?
    Der Rathausturm kam in Sicht. Er bog mit quietschenden
Reifen ab, den Berg hinunter und dann auf den Parkplatz.
Im Rennen verriegelte er den Porsche und hastete die
Treppen hoch zum Rathausplatz. Die Sonne schien, Tauben
pickten im Kopfsteinpflaster um den Augustusbrunnen
herum und vor den Cafés saßen Menschen an Tischen auf
dem Bürgersteig.
    Kai sah das Café der Mansouris schon aus der Ferne. Die
Tür öffnete und schloss sich, es ging geschäftig zu. Wo war
Halva?, schlug sein Herz. Er drängte am Eingang zwei Kunden
beiseite und stürmte zur Ladentheke.
    Miryam sah auf und wurde blass.
    »Kai …«, keuchte sie.
    »Allerdings, Kai. Du miese Verräterin. Wo ist Halva?« Er
schrie die letzten Worte, fasste sie über die Theke hinweg
grob am Arm und schüttelte sie hart.
    Gerade da kam ein Mann aus der Küche und sagte flehentlich:
»Miryam, bitte, lass uns doch noch einmal reden.
Das ist doch alles Unsinn …« Als er Kai bei Miryam sah,
sprang er zu ihnen. »He, was fällt Ihnen ein, lassen Sie sie
sofort los!«
    Er legte schützend den Arm um Miryam, die ihn aber
wegstieß und fauchte: »Fass mich nicht an, habe ich gesagt.
Du Lügner!«
    Kai blickte den Typ neben Miryam gereizt an. Das musste
der Bäcker sein, mit dem dieses Miststück ein Verhältnis
hatte. Na, herzlichen Glückwunsch!
    Lukas Niebusch sah von Miryam zu Kai und von Kai zu
Miryam. »Ich verstehe gar nichts mehr. Miryam, ich bin
NICHT in Halva verliebt, okay? Ich weiß gar nicht, wie du
darauf kommst, jetzt sag mir doch wenigstens …«
    Miryam verschränkte die Arme vor der Brust und sah Kai
herausfordernd an. Der ballte die Fäuste. Er hatte noch nie
eine Frau schlagen wollen, aber jetzt stand er kurz davor.
»Wo ist Halva?«, wiederholte er mit gepresster Stimme. Das
Blut pochte hinter seinen Schläfen. Wenn sie den Mund
nicht aufmachte, dann …
    Sie sagte kalt: »Fort. Für immer.«
    »Was soll das verdammt noch mal heißen? Was habt ihr
ihr angetan?«, schrie Kai und Miryam zuckte zusammen.
    »Hey …«, begann Lukas Niebusch wieder, doch Kai fuhr
ihn an: »Halt die Klappe.«
    Miryam schüttelte den Kopf. »Halva ist weg, weit weg, wo du sie nicht finden und auch nicht erreichen kannst.« Kai
hasste den Stolz in ihrer Stimme. Was hatten Halva und er
ihr denn je getan?
    »Fort?«, fragte der Bäcker erstaunt.
    »Ja,

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