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Hamburg Horror Noir - Halloween Special

Hamburg Horror Noir - Halloween Special

Titel: Hamburg Horror Noir - Halloween Special Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Sidjani
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stand ein Mädchen mit blonden Zöpfen, das anscheinend geklingelt hatte. Es grinste und es war der hässlichste Anblick, den Susanne je zu Gesicht bekommen hatte.
    „Wir wollen Luka abholen“, sagte es.
    Susanne wollte die Tür zuknallen oder den Kindern in die Fresse schlagen. Aber ihre Furcht ließ sie erstarren. Was ging hier vor?
    „Ich habe dir doch gesagt, wir sind Legion, Mutter“, hörte sie eine vertraute doch tiefere Stimme hinter sich. Wie war er aus dem Kinderzimmer entkommen? Wie ging es Jan? Warum hat mich die Macht losgelassen, wenn ich jetzt in der Falle saß?
    Doch jede Suche nach Antworten wurde durch Schmerzen ersetzt, als ihr Sohn begann, auf ihren Rücken einzustechen. Die Kinder vor der Tür grinsten.

    Irgendwann – Nirgendwo
    Sein Freund hatte gelogen. Luka rannte durch die Straßenschluchten auf der Flucht vor den Flammen. Mit ihm waren unzählige Kinder, vor Furcht zernagte Gesichter. Sie waren Legion und kein Held in ihrer Nähe, der sie fort trug.

DAS FLÜSTERNDE HAUS
    Eine Hommage an Edgar Allan Poe

    Für Edgar

    L'écrit d'une existence déchue.
    Adéma

    An einem erdrückend heißen Junitag begab ich mich in den mit Menschen vollen Waggon einer Schnellbahn, die mich von Hoheneichen nach Barmbek brachte, und noch vor meiner Ankunft erblickte ich durch ein Fenster das alte Warenhaus, dessen verwahrloste Fassade mich erschaudern ließ. Mag es der Schmutz gewesen sein, der jedem Regenschauer standgehalten hatte, oder seine erdüsterte Umgebung, die sich grotesk vom blauen Himmel absetzte, mir war unwohl und kein Haus in der Nähe vermochte jene vollkommene Tristesse zu brechen. Diese Seite des Bahnhofs war durch jahrelange Vernachlässigung in einen Zustand geraten, der nur durch das Wort desolat treffend beschrieben werden kann. Schon zu Zeiten, als das Geschäft florierte, Kunden auch aus benachbarten Stadtteilen vorbeischauten, um Haushaltswaren, Tonträger oder Kleidung zu erwerben, besaß das in seiner Symmetrie gebrochene Äußere des Warenhauses einen ausladenden Charakter. Seine drei Stockwerke waren nicht untereinander abgestimmt. Die oberen Plattformen verschoben sich ohne einem ersichtlichen, architektonischen Grund über die unterste Etage, sodass sich drei Meter ihres Bodens über den Eingang schoben und jedem Sonnenlicht stahlen, der sich näherte. Des Gebäudes Fenster waren sich genau so uneins im Erscheinungsbild, unten lang und breit, ganz oben schmal und kurz. Dazu bildete die Front der mittleren Etage mit ihren gitterartigen, weißen Latten vor dem Glas eine beängstigend eigene Wesenheit, die allen anderen Bestandteilen in ihrer Optik die Kraft raubte. Das war, was mich schaudern ließ und warum ich nach meiner Ankunft auf dem Bahnsteig verharrte, mich fragte, ob ich wieder umkehren sollte. Das Warenhaus atmete die Präsenz eines Gefängnisses, aus dem nicht zu entkommen war. Doch ich schalt mich einen Narren, denn hier hatte ich meine Kindheit verbracht, behütete und glückliche Jahre, und das Warenhaus war trotz allem ihr Zentrum gewesen. Dort hatte auch ich meine Waren erworben, ordentlich mit Taschengeld bezahlt, blieb Stunden in Abteilungen, versteckte mich und erlebte meine kindischen Abenteuer. Ich lachte in die von Schwüle feuchte Luft und neuen Mut fassend schritt ich die Treppen hinab, tiefer in den Bauch des Bahnhofs und noch tiefer hinaus zum alten Busbahnhof, der ungenutzt war wie das Warenhaus, das keine fünfzehn Schritte entfernt lag. Hier mochte ich vielleicht einen anderen Eindruck gewinnen, der die zutiefst deprimierende Atmosphäre wenn nicht tilgen so doch mildern konnte. Mit erneutem, noch stärkerem Schaudern stellte ich fest, dass dort nichts mehr war hinter einem Bauzaun, wo gepflasterte Haltestellen, eine Überdachung oder Fensterfassaden auf mich warten sollten. Nur eine öde, eine verwaiste Baustelle, als seien Arbeiter von ihr geflohen, was ich ihnen bei Gott nicht verdenken konnte. Als meine Gedanken die Menschen streiften, wurde ich auch gewahr, dass ich als Einziger hierher geschritten war, und ich fragte mich, wie lange sie schon diesen Ort mieden und ob es von einer instinktiven Abwehr herrührte. Niemand geriet schließlich freiwillig in die Nähe eines Gefängnisses.
    Trotz alledem sollte ich mich zu dieser Stunde hier einfinden und nirgendwo anders, hatte mir von meiner Arbeit freigenommen, denn mein alter Jugendfreund Dennis Roder, mit dem ich so manche Tage im Warenhaus verbracht hatte, schickte mir nur wenige Stunden

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