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Hana

Hana

Titel: Hana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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eigentlich vom Gefühl des Bedauerns geheilt sein müsste, funktioniert das Heilmittel eben nicht bei allen gleich und ist nicht immer perfekt. Deshalb träumen meine Tante und mein Onkel manchmal noch. Deshalb bekam meine Cousine Marcia immer wieder hysterische Weinkrämpfe, ganz unvermittelt und ohne ersichtlichen Grund.
    »Und was ist mit dir?« Er wendet sich wieder mir zu und sein Lächeln ist zurück, genau wie der neckende, zwinkernde Tonfall in seiner Stimme. »Was hast du für eine Ausrede?«
    »Ich wollte eigentlich gar nicht kommen«, sage ich schnell. »Ich musste …« Ich breche ab, als mir klar wird, dass ich gar nicht sicher bin, warum ich überhaupt hier bin. »Ich musste jemandem was geben«, sage ich schließlich.
    Er hebt die Augenbrauen, sichtbar unbeeindruckt. Ich spreche schnell weiter: »Hana. Meiner Freundin. Du hast sie neulich kennengelernt.«
    »Ich erinnere mich«, sagt er. Ich habe noch nie jemanden so lange lächeln sehen. Es ist, als wäre das der natürliche Ausdruck auf seinem Gesicht. »Du hast dich übrigens noch gar nicht entschuldigt.«
    »Wofür?« Die Menge hat sich näher an die Bühne gedrängt, daher sind Alex und ich nicht länger von Leuten umringt. Gelegentlich geht jemand mit einer Flasche in der Hand vorbei und singt schräg mit, aber die meiste Zeit sind wir allein.
    »Dafür, dass du mir einen Korb gegeben hast.« Einer seiner Mundwinkel zuckt noch etwas höher und ich habe erneut das Gefühl, als teilte er ein wunderbares Geheimnis mit mir, als versuchte er mir etwas zu sagen. »Du bist damals nicht bei Back Cove aufgetaucht.«
    Plötzlicher Triumph erfüllt mich – er hat also wirklich in der Bucht auf mich gewartet! Er wollte sich wirklich mit mir treffen! Gleichzeitig lodert die Angst in mir auf. Er will etwas von mir. Ich bin mir nicht sicher, was, aber ich kann es spüren und es beunruhigt mich.
    »Also?« Er verschränkt die Arme und wippt auf seinen Fersen, immer noch lächelnd. »Entschuldigst du dich jetzt oder nicht?«
    Seine Unbeschwertheit und Selbstsicherheit gehen mir auf die Nerven, genau wie neulich bei den Labors. Es ist so unfair, weil ich mich so ganz anders fühle – als würde ich gleich einen Herzinfarkt bekommen oder zu einer Pfütze zerschmelzen.
    »Ich entschuldige mich nicht bei Lügnern«, sage ich, überrascht, wie unbewegt meine Stimme klingt.
    Er zuckt zusammen. »Was soll das heißen?«
    »Komm schon.« Ich verdrehe die Augen, werde immer selbstbewusster. »Du hast behauptet, du hättest mich bei der Evaluierung nicht gesehen. Du hast behauptet, du hättest mich nicht wiedererkannt.« Ich zähle seine Lügen an den Fingern ab. »Du hast behauptet, du wärst am Tag der Evaluierung noch nicht mal in den Labors gewesen.«
    »Okay, okay.« Er hebt beide Hände. »Tut mir leid, ja? Hör zu, ich bin derjenige, der sich entschuldigen muss.« Er sieht mich einen Moment an und seufzt dann. »Ich habe dir doch erzählt, dass die Wachleute während der Evaluierungen den Laborkomplex nicht betreten dürfen. Damit das Verfahren ›rein‹ bleibt oder so was, ich weiß es nicht. Aber ich brauchte echt eine Tasse Kaffee und im zweiten Stock in Block C steht eine Maschine, die richtig guten macht, mit echter Milch und allem, also habe ich mich mit meinem Zugangscode reingeschmuggelt. Das ist alles. Ende der Geschichte. Und nachher musste ich deswegen lügen. Das könnte mich den Job kosten. Und ich arbeite nur bei den blöden Labors, um mein Studium zu finanzieren …« Er verstummt. Ausnahmsweise sieht er nicht selbstsicher aus. Er sieht besorgt aus, als hätte er Angst, ich könnte ihn wirklich verraten.
    »Und warum warst du auf der Tribüne?«, hake ich nach. »Warum hast du mich beobachtet?«
    »Ich bin gar nicht bis in den zweiten Stock gekommen«, sagt er. Er sieht mich durchdringend an, als schätzte er meine Reaktion ab. »Ich kam rein und … und hörte plötzlich dieses verrückte Geräusch. Dieses tosende, dröhnende Geräusch. Und noch etwas anderes. Ein Schreien oder so was.«
    Ich schließe kurz die Augen und erinnere mich an die brennenden weißen Lampen und daran, dass ich glaubte, das Meer vor den Labors rauschen zu hören und die Schreie meiner Mutter über die Entfernung eines Jahrzehnts hinweg. Als ich die Augen wieder öffne, betrachtet mich Alex immer noch.
    »Wie auch immer, ich hatte keine Ahnung, was los war. Ich dachte – ich weiß nicht … Es klingt verrückt, aber ich dachte, vielleicht würden die Labors

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