Hana
Bram, wo zum Teufel bleibt das Wasser?«
Eine Hand in meinem Nacken und dann plötzlich die Rettung. Ein Gefühl wie Eis und eine Flüssigkeit: Wasser füllt meinen Mund und meine Kehle aus, fließt mir übers Kinn, spült den Staub weg, den Geschmack nach Feuer. Erst huste ich, würge, muss fast weinen. Dann schlucke ich, trinke, sauge, wobei die Hand die ganze Zeit in meinem Nacken liegt und die Stimme mir Mut zuflüstert: »Gut so. Trink, so viel du willst. Es ist alles gut. Du bist in Sicherheit.«
Schwarze, offene Haare, die ein Zelt um mich herum bilden: eine Frau. Nein, ein Mädchen – ein Mädchen mit einem schmalen, angespannten Mund, Falten in den Augenwinkeln, die Hände so rau wie Weidengeflecht, so groß wie Körbe. Ich denke: Alex . Ich denke: Mutter .
»Du bist in Sicherheit. Es ist gut. Alles wird gut.«
So werden Babys ja schließlich geboren: von jemandem im Arm gehalten, saugend, hilflos.
Anschließend zieht mich das Fieber wieder hinab. Ich habe nur wenige wache Momente voller unzusammenhängender Eindrücke. Weitere Hände und Stimmen; ich werde hochgehoben; ein Kaleidoskop aus Grün über mir und fraktale Muster am Himmel. Später der Geruch nach Lagerfeuer. Etwas Kaltes und Nasses, das auf meine Haut gepresst wird, Rauch und gedämpfte Stimmen, brennender Schmerz an meiner Seite, dann Eis, Erleichterung. Etwas Weiches, das an meinen Beinen entlanggleitet.
Dazwischen habe ich Träume wie nie zuvor. Sie sind voller Explosionen und Gewalt: Träume von verwesender Haut und verkohlten Skeletten.
Alex kommt nie mehr zu mir zurück. Er ist vor mir hergegangen und jenseits des Tunnels verschwunden.
Fast jedes Mal, wenn ich aufwache, ist sie da. Das schwarzhaarige Mädchen drängt mich, Wasser zu trinken, oder legt mir ein kühles Handtuch auf die Stirn. Ihre Hände riechen nach Rauch und Zedernholz.
Und über allem, über dem Rhythmus aus Wachen und Schlafen, aus Fieber und Schüttelfrost, ist das Wort, das sie immer wieder wiederholt, so dass es mit meinen Träumen verwoben wird und langsam etwas von der Dunkelheit dort zurückdrängt, mich vorm Ertrinken rettet: Sicherheit. Sicherheit. Du bist in Sicherheit. Schließlich, nach ich weiß nicht wie langer Zeit, lässt das Fieber nach und endlich treibe ich auf dem Rücken dieses Wortes zurück ins Bewusste, sanft und behutsam, als würde man auf einer einzigen Welle den ganzen Weg bis ans Ufer reiten.
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