Hanan 2 - Weltenjäger
erreichten.
›Aiela‹
, sendete Isande,
›was machst du? Warum schirmst du dich ab?‹
Aiela schloß sie völlig aus. Mitleid war gefährlich. Sobald man damit anfing, fiel eine Schranke nach der anderen. Für eine kurze Zeit mußte er ebenso kalt werden wie der Iduve, mußte er fähig sein zu töten.
Sein Bewußtsein wandte sich zurück zu der sicheren und geordneten Zivilisation von Aus Qao, wo ein Verbrechen gewöhnlich das Resultat einer persönlichen Verwirrung war, wo Diebstahl nur von Fremden und gerissenen Reichen begangen wurde, und wo Mord aus einer Geistesverwirrung heraus geschah, die eine Reorientierung des Mörders erforderlich machte. Seit fünftausend Jahren hatte kein kalliranischer Offizier auf Aus Qao mehr eine tödliche Waffe abgefeuert.
Er war nicht sicher, ob er es konnte. Ashakh konnte es, ohne überhaupt ein Problem dabei zu sehen: er reagierte nur auf das Drängen des Takkhenes und war damit der Unschuldigere von ihnen. Ein Kallia mußte irgendwie, dachte Aiela, die Kraft zum Haß aufbringen, ehe er handeln konnte.
Er konnte nicht töten. Die aufkeimende Erkenntnis erschreckte ihn. Sein Gewissen bestand darauf, daß er seinem Iduvebegleiter diese innere Schwäche gestand, ehe sie Ashakh das Leben kostete. Etwas – Arastiethe oder Angst, er wußte es nicht – ließ ihn schweigen. Giyre war bei diesem Wesen unmöglich: wenn er zu erklären versuchte, würde Ashakh ihn wegschicken. Alles, was er tun konnte, war, alles abzuschütteln, Gewissen und Kastien, und bei dem Iduve zu bleiben, soweit ihn seine Anstrengungen tragen konnten.
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Rakhi schwitzte. Große Tropfen rannen seine Wangen hinunter, und der beruhigende Anblick des Paredre der
Ashanome
wurde durch das nervöse Flackern einer unentschlossenen Gedankenberührung des Projektionsgeräts ständig ein- und ausgeschaltet. Aber es war keine Projektion. Zwischen den einzelnen Schüben wurde die Luft schwül und roch verbrannt; er war im Körper einer Frau, fühlte den Drang nach Takkhenes mit dem darin wohnenden Leben, ein fremdartiges Sehnen, wo es bisher weder Bewegung noch volles Bewußtsein gab – nur die primitivste Form von Leben, aber ichbewußt und kostbar. Zorn strömte kalt durch seine Adern: Lichter verdüsterten sich, Lichter blitzten auf, Bildschirme flackerten auf und erloschen wieder. Er wagte nichts zu tun, konnte es nur durchstehen, in Vereinigung, bewußt; gelegentlich leitete er Chaikhes erschöpftes Bewußtsein, wenn ihre Reaktionen nachließen. Sein Körper hatte Glieder von ungeheurer Größe, sein Bewußtsein erstreckte sich auf Hunderte von Stromkreisen; er fühlte mit ihr, wenn ihr Geist die Kontakte berührte und veränderte, Energie von einem System abzweigte und einem anderen zuführte, mit einer Koordination, die ebenso fließend war wie die eines lebendigen Körpers.
Und er empfand das Hämmern von Tejefs Waffen gegen das Schiff bzw. den Körper, das Wogen von Kräften auf den Schutzschirmen, einen schwächeren Abfluß von Energie, der eine große Anstrengung erforderte, um die Verteidigung auf der richtigen Ebene zwischen Schwäche, Verschwendung und Zerstörung der Stadt zu halten. Es wurde langsam offenbar: Tejefs Schiff, ein kleines Akites, war im Vorteil gegenüber Chaikhes Energievorrat von zwei kleineren Schiffen. Chaikhe konnte durch Geschicklichkeit und effektive Bewirtschaftung den Kampf verlängern, aber sie konnte keine Offensive starten. Tejef konnte ihre Schutzschirme nicht niederreißen, denn Forschungs- und Fährschiffe, wie sie Chaikhe befehligte, waren schwer abgeschirmt, aber ihre vereinigte Waffengewalt, die zwar eine Stadt in Sekundenschnelle dem Erdboden gleichmachen konnte, war gegenüber einem Akites wirkungslos. Der Chronometer lief unerbittlich weiter, tickte die Augenblicke fort, in denen die
Ashanome
auf die Hauptdunkelheit zurückte und Kej, Lichtjahre entfernt, dem bernsteinfarbenen Meer von Tiphrel entstieg: Schatten hüllten die Küstenebene ein bis zum Mount Im im Osten, bewegten sich in Richtung auf das alte Cheltaris. Die Zeit von Priamos auf der inneren Kreisbahn verging langsamer, hatte aber auch einen kürzeren Weg zurückzulegen. Seit Mitternacht waren neun Stunden vergangen. Noch drei Stunden, und Priamos würde aufflammen wie eine Nova und sterben.
Die lebenserhaltenden Systeme und die Kühlung waren, bis auf den Kontrollraum, ausgeschaltet worden. Selbst hier waren alle Lichter bis auf die Schalttafel gelöscht. Im Basisschiff kauerten Tesyel und der Rest
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