Hanan 2 - Weltenjäger
sie hat es versucht...‹
›Meide sie!‹
Die Schranken fielen. Einsamkeit, ein toter Asuthe, Jahre des Schweigens. Immer noch war die Einsamkeit da, weil ein Asuthe ihren Rat zurückwies und blind und stur das anstrebte, was den anderen getötet hatte. Lag der Fehler bei ihr? War sie es, die tötete? Sie liebte Chimele und gab und gab, und die Iduve verstand nur zu nehmen. Reha hatte Chimele geliebt: Was hätte er als ihr Asuthe dagegen tun können? Er wäre jetzt noch am Leben, hätte er nicht gelernt, Chimele zu lieben. Sie würde es keinen anderen mehr lehren.
Dunkelheit, Kälte. Die Schranken brachen zusammen. Aiela wich zurück, und sie riß die Erinnerung weg, faßte sich wieder, unterdrückte sie, wie sie es gelernt hatte.
›Du hast abgestritten‹
, erinnerte er sie sanft,
›daß Ashanome ihn getötet hat. War Chimele nun doch verantwortlich dafür?‹
Die Abschirmung blieb bestehen. Nur Worte drangen durch, sorgfältig kontrolliert.
›Sie war nicht verantwortlich. Achtung ist alles, was sie geben kann. Für die Nasithi ist das auch das Höchste. Aber welchen Wert hat sie für einen M'metane?‹
›Und doch liebst du sie‹
, sendete Aiela, und ein trauriges Lachen perlte zurück.
›Hör zu – sie hat mit ihrem ganzen iduvischen Herzen versucht, mich glücklich zu machen. Dreimal hat sie mich gebeten, einen neuen Asuthe zu nehmen. Er ist wie du, sagte sie diesmal. Er ist intelligent, er hat für einen M'metane große Chanokhia. Könnte es mit ihm klappen? Ich war einverstanden. Sie hat viel riskiert, indem sie mir diese Entscheidung überließ. Du müßtest die Iduve kennen, um zu begreifen, wie schwierig das für sie war – etwas zu versuchen, aus dem einzigen Grund, mir zu helfen. Sie empfindet – etwas. Ich bin nicht sicher, was es ist. Vielleicht versuchen wir M'metanei, etwas in die Iduve hineinzulesen, was wir gerne sehen möchten. Vielleicht ist das der Grund, warum wir nicht aufhören zu geben, obwohl wir wissen, daß es sinnlos ist.‹
›Laß mich in Ruhe!‹
bat er.
›Wenn ich einen Fehler machen muß, dann soll es mein Fehler sein.‹
›Und wenn du ihn machst‹
, sagte sie,
›werden wir beide dafür bezahlen. So funktioniert das System, Aiela.‹
Es war die Wahrheit; er erkannte es – ärgerte sich, daß sie eine Frau war. Es war eine unfaire Verpflichtung.
›Es tut mir leid‹
, sagte er einen Augenblick später.
›Dann wird es eben so sein. Ich lasse mich nicht von dir zurückhalten.‹
›Ich behindere dich?‹
›In mancher Hinsicht.‹
Sie fing einen nur halb ausgegorenen Gedanken aus seinem Bewußtsein auf, den Verdacht, daß die Iduve genug über die Gefühle der Kallia wüßten, um sie zu benutzen, sie nach ihrem Willen zu manipulieren. Isande war schön: Dafür hatte er Augen, um das zu bemerken. Er bemerkte es immer wieder. Daß sie sich dessen dauernd bewußt war, machte ihn verlegen; ihm war klar, daß sie nicht in dieser Weise an ihn denken wollte.
›Aber‹
, sendete er,
›wenn du schon in der unwürdigen Lage warst, die innersten Gedanken eines Mannes teilen zu müssen, dann konnte es nicht ausbleiben, daß du von Zeit zu Zeit noch direktere Gedanken empfingst. Oder war Reha gegen solche Dinge immun gewesen?‹
Ihre Abschirmung senkte sich völlig vor diese Erinnerungen, wie immer: ihre Intimsphäre mit Reha ging ihn nichts an.
›Er und ich haben so jung angefangen, daß wir wie ein Geist waren; so etwas konnte zwischen uns nie aufkommen. Asuthi sollten diesen Bereich des Lebens niemals miteinander teilen: man sollte sich einige Illusionen bewahren. Ich bin nicht für Spielchen und nicht zu deinem Vergnügen da, und du nicht zu meinem, lieber Freund. Es gibt eine Grenze. Du bist diesem Wesen zu nahe gekommen, mißachtest meine Warnungen bezüglich der Iduve, und ich sehe ein, daß ich dir
nicht helfen kann: du willst nicht von einer Frau beraten werden. Aber ich kann wenigstens vernünftig genug sein, mich von dir fernzuhalten, wenn es passiert.‹
Verletzte Gefühle. Bittere, verletzte Gefühle.
›Nein‹
, sagte er und griff nach ihrem zurückweichenden Bewußtsein. Und als sie zögerte, fragend, suchte er etwas, das er ihr sagen konnte:
›Wenn du nicht schlafen gehst, bleib noch ein wenig. Es ist elend still hier.‹
Eine sanfte Berührung seines Bewußtseins. Er hatte ihr eine Freude gemacht, als er sie darum bat. Ihre Stimmung besserte sich, Wellen der Belustigung gingen von ihr aus: Als ob sie die Macht hätte, mit den Alpträumen, die ihn
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