Hanan 2 - Weltenjäger
Reaktion, indem er nach seiner Tasse griff. Als Aiela seine Gedanken auffing, die Erinnerung an jenen Käfig und die Reise, verging ihm selbst beinahe der Appetit.
»Die hier sind anständige Leute«, versicherte ihm Aiela leise, damit die Amaut den Wortwechsel nicht mitbekommen konnten.
»Paß einmal auf, wie sie mich alle ansehen, wenn sie glauben, daß ich es nicht bemerke. Ich könnte genauso gut ein Ausstellungsstück in einem Zoo sein. Und ich kenne die Amaut. Ich kenne sie; versuche nicht, mir etwas anderes zu erzählen. Dadurch wird mein Vertrauen zu dir nicht größer.«
»Hat denn die menschliche Rasse keine Banditen, Verbrecher, keine abartigen Elemente?«
Aiela fing eine verwirrende Momentaufnahme menschlicher Geschichte auf, als Daniel diese Frage erwog; und mit einer bewußten Anstrengung strich Daniel die Erinnerung an den Frachter aus seinem Bewußtsein. Aber er wollte die Amaut immer noch nicht ansehen.
›Aiela.‹ Das war Isande, ganz nahe. Sie erkundigte sich bei Aiela, ob es ihm angenehm sei, und als er sie dazu aufforderte, kam sie in die Messe, nahm sich ein warmes Getränk aus dem Automaten und schloß sich ihnen an. Durch Aielas Bewußtsein nahm sie Verbindung mit Daniel auf und stellte sich vor.
Ihr strahlendes Lächeln (eine Waffe, die sie bewußt einsetzte) rief bei Daniel, der in bezug auf Aielas Reaktion immer noch ängstlich war, nur eine schüchterne Erwiderung hervor; als aber Aiela seine Billigung ausgedrückt hatte, wurde der Mensch aufgeschlossener und lächelte tatsächlich; zum ersten Mal hatte Aiela bei diesem Wesen einen Augenblick ungetrübtes Glück erlebt. Isandes Anwesenheit war wie Sonnenschein, der alle Schatten verschwinden ließ, eine Versicherung für Daniel, daß hier die Welt noch gesund und heil war, in einem Normalzustand, den er schon fast vergessen hatte. »Ich«, sagte Daniel laut und kämpfte mit den unvertrauten Lauten der kalliranischen Sprache. »Ich bedauere es wirklich sehr, daß ich dich gekränkt habe.«
»Du bist sehr nett«, sagte Isande und täschelte seine Hand – Aiela war froh, daß seine eigene Abschirmung in diesem Augenblick geschlossen war. Er hatte das vorausgesehen und kannte Isande gut genug, um zu wissen, daß sie ihn mit Absicht irgendwie herausfordern würde. Der arme Daniel sah ganz überwältigt aus und wußte nicht mehr, was er tun sollte; Aiela öffnete seine Abschirmung auf Isandes Seite und ließ sie wissen, was er von ihrer kleinlichen ›Vaikka‹ hielt.
›Hör
auf,
Isande!
Sei
einmal
eine
Kallia! Empfinde etwas!‹
Sie hatte Daniel nicht durchschaut, hatte nicht gewußt, daß er so völlig verletzlich und ängstlich ihnen gegenüber war. Jetzt sah sie ihn mit Aielas Augen.
»Bitte«, sagte Daniel, der an diesem kleinen Wortwechsel nicht beteiligt gewesen, sich aber der ihn ausschließenden Stille peinlich bewußt war: »Ich bin eine Unannehmlichkeit für euch beide – aber erspart uns allen die Verlegenheit. Sagt mir, warum ich hierhergebracht wurde, warum man mich – auf so unwillkommene Weise – an euch beide gebunden hat.«
Isande war bestürzt und schämte sich; aber Aiela sah den Menschen mit so viel Achtung an, wie er sie je für irgend jemand empfunden hatte.
»Ja«, sagte Aiela, »ich glaube, es ist jetzt Zeit, daß wir uns alle drei zurückziehen und genau das tun.«
Es wäre barmherzig gewesen, überlegte Aiela, wenn Chimele sich bereitgefunden hätte, mit dem Menschen möglichst ohne Ablenkung zu sprechen. Statt dessen waren, als er und seine beiden Asuthi das Paredre betraten, nicht nur die Nasithi-Katasakke anwesend, sondern, wie im Isande bestürzt signalisierte, das gesamte ›Melakhis‹. Die blaue Trennwand war zurückgeschoben und öffnete den Blick auf den Versammlungssaal, wo fast fünfzig Iduve saßen, um sie zu beobachten.
›Kamethi‹
, sendete Isande,
›haben normalerweise mit dem Melakhis nichts zu tun. Iduve in Gruppen sind gefährlich. Ihre Stimmung kann ohne sichtbaren Grund in Gewalttätigkeiten umschlagen. Sei sehr vorsichtig, Daniel; sei überaus vorsichtig und respektvoll.‹
Chimele begrüßte sie freundlich, Aiela bedachte sie mit einem besonders höflichem Nicken. Dann sah sie Daniel, dessen Herz in Todesangst schlug, voll an.
›Beruhige dich‹
, riet ihm Aiela.
›Isande und ich sind hier, um dir beizustehen, wenn du in Verwirrung gerätst.‹
»Bitte, nehmt Platz«, sagte Chimele zu ihnen allen. Sie nahm wieder den Mittelplatz im Paredre ein – einen Stuhl für
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