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Hanan 2 - Weltenjäger

Hanan 2 - Weltenjäger

Titel: Hanan 2 - Weltenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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offenliegenden Erinnerungen, sammelte dies und jenes mit einem sich steigernden Gefühl der Besorgnis und Empörung. Er spürte, daß sie im Begriff war, ihm für alles die Verantwortung zu geben, Vorwürfe zu machen, die um so schlimmer treffen würden, weil sie berechtigt waren.
    Sie tat es nicht. Er war so müde, daß ihn seine Beine nicht mehr tragen wollten, und er fühlte sich sehr einsam, selbst in ihrer Gegenwart: Er hatte alles mißachtet, was sie ihm zu ihrer beider Schutz geraten hatte, und nun, da sie allen Grund hatte, ihn zu beschimpfen, tat er ihr zu leid, als daß sie ihn angeklagt hätte. Sie kannte sein Wesen und seine Schwächen, und sie bedauerte ihn.
    ›Laß mich allein‹
, wünschte er, und dann, wütend:
›Laß mich doch endlich allein!‹
    Sie floh.
    Er kleidete sich aus, wusch sich und traf alle die gewohnten Vorbereitungen zum Schlafengehen, dann versuchte er einzuschlafen. Es war unmöglich. Seine Muskeln waren von der vorhergehenden Anspannung immer noch verkrampft. Wenn er die Augen schloß, sah er das Paredre, Chimele – Käfige.
    Er stand auf, ging durchs Zimmer und versuchte, die alten Bänder abzuhören, die er von Kartos mitgebracht hatte. Das war noch schlimmer als die Stille. Er schaltete aus und setzte müßig den Monitor in Gang, der auf Daniels benachbarte Wohnung eingestellt war. Der Mensch lag immer noch in seliger Bewußtlosigkeit.
    Die Erinnerung, wie es gewesen war, in dieser fremden Hülle zu leben, kehrte zurück. Er verbannte diesen Gedanken, der ihn betäubte und verwirrte, ging wieder ins Badezimmer und wanderte, wie schon ein Dutzendmal zu dem mannshohen Spiegel. Der enthielt alles, was ihm auf der
Ashanome
bekannt und vertraut war.
    Sein Spiegelbild starrte ihn an, splitternackt bis auf das Idoikkhe, das sein Handgelenk wie ein bizarrer, barbarischer Schmuck umgab. Sein Silberhaar erholte sich langsam vom phantasielosen Haarschnitt des Arztes, und er hatte sich an die Veränderung gewöhnt. Seine Gesichtszüge galten bei den Kallia als makellos: Gerade, silberne Brauen, eine gerade Nase, an den Nasenlöchern leicht geschwungen, ein Mund, der breit genug war, um Größzügigkeit auszudrükken, das vorstehende Kinn aller Lyailleues. Er betastete seine hohen Backenknochen und die Höhlung darunter, betrachtete seine Augen genau aus der Nähe im Spiegel und fragte sich, wieviel von den Augen der Iduve wohl Iris war. Alles? Und konnten sie Farben sehen wie die Kallia? Die Menschen konnten es. Das wußte er. Er betrachtete seinen Körper, 7,8 meis groß, etwas größer als der Durchschnitt, breitschultrig und schmal in den Hüften, mit den schlanken, muskulösen Gliedern eines Sportlers, dem flachen Bauch und der elastischen Taille eines Läufers, ein durchtrainierter Körper ohne Makel. Er war nie ernstlich krank gewesen, nie verwundet worden und hatte nie unter einem Mangel gelitten, es sei denn freiwillig. Er war Parome Deians einziger Sohn; hätte er irgendeinen Geburtsfehler gehabt, so hätte man ihn ohne Rücksicht auf die Kosten beheben lassen. Wäre er nicht besonders intelligent gewesen, so hätte ihm Parome Deians Geld jede erreichbare Hilfe verschafft, um ihn zu unterrichten und seinen Geist zu schulen. Hatte er sich gelangweilt, wurde sofort für Spielzeug, Spiele, Jagden und Sport zu seiner Unterhaltung gesorgt, und als er heranwuchs, führte man ihm die hübschesten und passendsten Mädchen zu und gab für ihn die erlesensten Gesellschaften. Er hatte Privatlehrer, die besten und anspruchsvollsten Schulen nahmen ihn auf; es hatte eine Familientragödie gegeben, als er darauf bestanden hatte, sich zum Nachteil seiner Studien dem Sport zu widmen, sein Leben bei Jagden zu riskieren und eine Karriere in der Bezirkspolitik auszuschlagen, die darauf zugeschnitten war, ihn in die höchsten Ebenen der Regierung zu führen – all dies ein Mangel an Giyre gegenüber der Familie und dem Vater, den dieser nicht verstehen konnte (»
›Ikas‹
«, hatte Deian gesagt, »und undankbar.« – »Bin ich
›ikas‹
«, hatte er geantwortet, achtzehn Jahre alt und allwissend, »weil mein Lebensstil nicht der deine ist?« – »Seit zweihundert Jahren sitzen die Lyailleues im Hohen Rat, zur Ehre von Xolun und dieser Familie. Mein Sohn wird nicht derjenige sein, der mit dieser Tradition bricht.«)
    In diesem Jahr hatte er einmal mit dem Gedanken gespielt, sich in seinem Flugzeug (einem Luxusmodell) gegen den Mount Ryi zu schleudern und vor den Augen all der vornehmen Villen

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