Hanan 2 - Weltenjäger
schwer zu erlangender Zufriedenheit zu erledigen. Daher pochte Mejakh auf ihren Rang als Nächststehende einer indirekt verwandten Sra, denn Chimele hatte niemanden sonst. Da sie schon erwachsene Kinder hatte, mochte sie vierzig oder mehr Jahre zählen, aber sie hatte nicht die schüchterne Haltung einer alternden Frau. Sie bewegte sich mit der unverschämten Anmut einer wesentlich Jüngeren, denn die Iduve lebten lang, sofern sie nicht durch Gewalt starben. Sie war schlank und von kalter Schönheit, herrisch in ihrem Benehmen, obgleich ihre Attraktivität durch ihre krächzende Stimme beeinträchtigt wurde.
»Chimele«, sagte Mejakh, »ich habe es gehört.« Chimele hätte die angebotene Unterstützung durch eine Höflichkeitsbezeugung honorieren können, die Iduve sparten normalerweise nicht mit Komplimenten. Aber alles, was Mejakh empfing, war ein Blick, wie man ihn einem überheblichen Nas Kame zuwerfen mochte, und das Schweigen wurde unheilvoll dadurch erwidert, daß Mejakh ihre Augen nicht senkte. Es war ein Schlagabtausch, den ein Außenseiter nicht bemerkt hätte; aber Aiela lebte nun schon lange genug bei den Iduve, um die Kälte zu spüren.
»Chimele«, sagte Rakhi durch die Sprechanlage, »Projektionen von Tashavodh und Mijanothe.«
»Neun und zehn frei, Rakhi.«
Die Projektionen nahmen sofort Gestalt an, die Umrisse verschmolzen, ein roter Hintergrund kämpfte gegen Violett. Zur Linken stand ein großer, breitschultriger Mann mit eckigem Gesicht, gerunzelter Stirn und einem verdrossenen Zug um den Mund: ›Kharxanen‹, erkannte Isande durch Aielas Augen. Haß verband sich mit diesem Namen, Erinnerungen an den toten Reha, an Tejef, an Mejakhs Entehrung; er war Sogdrienis Vollbruder, Tejefs vermutlicher Onkel. Der andere Besucher war eine Frau, die in einem Holzstuhl saß, eine Iduve, die so alt war, daß ihr Haar silbern und ihre indigoblaue Haut hell geworden war – eine kleine Frau, deren hohe Bakkenknochen, kräftige Nase und große, glänzende Augen ihr einen Ausdruck von Wildheit und enormer Würde verliehen; ein Chromstab lag auf ihrem Schoß. Irgendwie schien es ganz natürlich, daß Chimele ihr auf ihrem eigenen Schiff Ehrerbietung bezeigte.
»Thiane«, Isandes Ton war voll Ehrfurcht. »Oh, sei vorsichtig und mach dich nicht bemerkbar, Aiela. Das ist die Präsidentin des Orithanhe.«
»Heil Ashanome«, sagte Thiane mit leiser Stimme. »Vergebt einer alten Frau die Formlosigkeit, aber mir bleiben zu wenige Jahre, um mit Grüßen und guten Wünschen Zeit zu vergeuden. Zwischen uns ist keine Vaikka.«
»Nein«, sagte Chimele, »nein, wir haben keine Vaikka miteinander. Sei willkommen, Thiane. Und um Thianes willen, willkommen, Kharxanen.«
»Heil Ashanome«, sagte der große Mann mit einer steifen Verbeugung. »Ehre dem Orithanhe, dessen Entscheidungen zu respektieren sind. Und heil Mejakh, einst von Tashavodh, weniger geehrt.«
Mejakh zischte leise, und Kharxanen lächelte und wandte sich wieder an Chimele.
»Das Kind der Sra von Mejakh gedeiht«, sagte er. »Die Übereinkunft ist unser beider Ehre zugute gekommen. Ich verabschiede mich, Ashanome: Es war ein Höflichkeitsbesuch. Nun wißt ihr, daß ich hier bin.«
»Heil Tashavodh«, sagte Chimele ausdruckslos, während auch Mejakh sich ausschaltete und mit einem Wutschrei verschwand, und nur Chimele, Thiane und Aiela, der im Schatten stand, zurückblieben.
»Au«, sagte Thiane, offensichtlich entrüstet über diese Szene, und Chimele verbeugte sich sehr tief.
»Ich schäme mich«, sagte Chimele.
»Ich schäme mich auch«, sagte Thiane.
»Du bist natürlich höchst willkommen. Wir fühlen uns sehr geehrt, daß du persönlich die Harathos übernommen hast.«
»Chimele, Chimele – du und Kharxanen könnt zwischen euch drei Viertel der Iduverasse gegeneinander aufbringen, und das verdient doch wohl meine Besorgnis?«
»Älteste von uns allen, ich bin überwältigt durch das Wissen um unsere Verantwortung.«
»Es wäre ein unvorstellbares Unglück. Sollte hier etwas schiefgehen, müßte ich die Schmach für alle Zeiten tragen.«
»Thiane«, sagte Chimele, »kannst du glauben, daß ich die Bedingungen verletzen würde? Wenn ich gewollt hätte, daß die Vaikka mit Tashavodh zur Katastrophe führt, hätte ich dann erst das Orithanhe einberufen?«
»Ich sehe nur dies: Du hast weniger als drei Tage Zeit und zögerst immer noch; du hast diesen Tejef in Reichweite, und er ist immer noch ungeschoren, und ich habe den Verdacht, daß sich
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