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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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selbst in die Hand genommen, war die erbitterte Antwort. Es wäre anmaßend, wollte ich mich noch ferner zu seinen Gunsten bemühen.
    So verlassen Sie ihn in seiner äußersten Not?
    Im Gegenteil, Mansell hat mich im Stich gelassen.
    Das war nicht zu leugnen; um ihretwillen hatte er die Verteidigung Lügen gestraft, die Hilfe seines Anwalts verschmäht. – Sie senkte schweigend das Haupt.
    Es ist schwer vorauszusehen, fuhr Orkutt im Geschäftston fort, welche Entscheidung der Gerichtshof morgen treffen wird. Vielleicht läßt Ferris in Anbetracht der Täuschung, die an Ihnen verübt worden ist, die Klage fallen, vielleicht zeigen sich die Geschworenen zur Milde gestimmt, um derGroßmut willen, die der Angeklagte geübt hat. Sollte letzteres der Fall sein, so werde ich seine Freisprechung nicht hindern, aber mehr verlangen Sie nicht von mir! Was könnte mich wohl bewegen, noch ferner für den Geliebten eines Weibes zu kämpfen, das meine Ehre geschädigt hat. –
    Sie hatte so fest auf ihn gebaut; diese Entscheidung mußte sie zu Boden schmettern.
    Wehe mir, murmelte sie, so glauben Sie also an seine Schuld, sonst würden Sie ihn nicht hilflos seinem Schicksal überlassen. Wäre Ihnen je der leiseste Zweifel gekommen, wie mir, als ich erfuhr, daß er sich niemals zu dem Verbrechen bekannt hat, Sie würden nicht um meines Irrtums willen Ihre Pflicht als Verteidiger vergessen und die Hand von ihm abziehen.
    Orkutt warf ihr einen spöttischen Blick zu. O, diese Weiber! höhnte er. Sie haben alles geopfert, selbst Ihr Leben aufs Spiel gesetzt für den Mann, den Sie für einen Mörder halten. – Und wenn ein anderer in seiner Lage Sie nur um Mitleid anflehen wollte, Sie würden ihn fliehen wie die Pest.
    Sie achtete nicht auf seine Worte. Herr Orkutt, fragte sie mit dem Mut der Verzweiflung, glauben Sie, daß Craik Mansell unschuldig ist?
    Er sah sie verächtlich an. Habe ich seine Sache geführt, als ob ich ihn für schuldig hielte?
    Nein, doch Sie sind ein Anwalt; Sie müssen Ihre wahre Meinung verbergen. Wie könnten Sie ihn aber in Ihrem innersten Herzen für schuldlos halten, wenn so viele und schwere Beweise gegen ihn sprechen?
    Sie suchte die Antwort in seinen Blicken zu lesen; der seltsame Ausdruck seiner Miene erfüllte sie mit tausend Zweifeln.
    O, wenn Sie auch nur je vorübergehend an seine Unschuld geglaubt haben, sagen Sie es mir! flehte sie und legte beschwörend die Hand auf seinen Arm.
    Er trat einen Schritt zurück und sagte mit eisiger Kälte: Ich habe Herrn Mansell niemals für den Verbrecher gehalten.
    Niemals – auch jetzt nicht?
    Nein, auch jetzt nicht.
    Trotz allem, was gegen ihn spricht und ihn zu verdammen scheint?
    Ich weiß, daß er im Hause seiner Tante war um die Zeit, als der Mord verübt ward, aber damit ist nicht erwiesen, daß er sie erschlagen hat.
    Aber warum entfloh er in solcher Hast? Warum reiste er sofort nach Buffalo, ohne mir noch Gelegenheit zu einer Zusammenkunft zu geben, wie wir verabredet hatten?
    Soll ich es Ihnen sagen? fragte Orkutt voll Hohn. Wollen Sie wissen, warum er es tat – dieser Mann, den Sie so innig lieben, für den Sie Ihr Leben lassen möchten? – Nun, er traut eben dem Wort einer Frau. Er verläßt sich so fest auf Ihre Aufrichtigkeit, Imogen, daß er glaubt, Sie haben die Wahrheit gesagt, als Sie sich heute vor Gericht für eine Mörderin erklärten und behaupteten –
    Was? stieß sie bebend hervor, was glaubt er? – Lassen Sie es mich noch einmal hören, ich fasse es nicht!
    Daß Sie wirklich die Verbrecherin sind, für die Sie sich ausgeben, die Mörderin der Frau Klemmens. Er hat es von Anfang an geglaubt, aus welchem Grunde weiß ich nicht. Ob er damals, ehe Sie ihn von dem Hause fliehen sahen, dort etwas gehört hat, was ihn in dieser Meinung bestärken mußte; ob es ihm als Beweis Ihrer Schuld genügte, daß sich der Ring, den Sie ihm seines Wissens nicht zurückgegeben hatten, auf dem Fußboden fand – genug, sobald er die erste Nachricht von dem gewaltsamen Tode seiner Tante erhielt, fiel sein Verdacht auf Sie, und er ist trotz meiner Gegenvorstellungen bis zum heutigen Tag nicht davon abzubringen gewesen. – Was ist die Ehre,die Ihr Geliebter dem Weibe erweist, welches für ihn alles geopfert hat, was auf der Welt für hoch und heilig gilt.
    Ich – ich kann es nicht glauben. Sie spotten meiner, stammelte sie verwirrt.
    Haben Sie es denn nicht selber bemerkt? Er hat ja seine Gefühle so deutlich zur Schau getragen, daß ich mehr als einmal

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