Handy-Falle
noch immer sehr blass und hatte dunkle Ringe unter den Augen. Ob sie in der letzten Nacht wieder Albträume geplagt hatten?
»Guten Morgen!«, sagte Franziska betont fröhlich und lächelte Anna zu.
Anna lächelte zurück. Franziska ging zu ihrem Platz und stellte ihren Rucksack ab. Am besten redete sie sofort mit Anna, bevor die anderen kamen. Sie wollte gerade zu Anna hinübergehen, als lautes Handyklingeln ertönte. Eigentlich mussten Handys im Klassenzimmer ausgeschaltet bleiben. Aber das hatte Anna wohl vergessen. Sie zuckte zusammen und begann, in ihrer Tasche zu wühlen. Sie war noch etwas blasser geworden. Ihre Hände zitterten, als sie das Handy aus der Tasche zog und es an ihr Ohr hielt.
»Hallo?«, flüsterte sie. Ihre Stimme klang ängstlich.
Dann wurde ihr Gesicht plötzlich völlig ausdruckslos. Mit leerem Blick hörte sie zu und sagte am Schluss nur noch einmal leise »Ja«, bevor sie das Gespräch beendete und das Handy vor sich auf den Tisch legte.
»Alles in Ordnung?«, fragte Franziska und ging zu Anna hinüber.
Anna saß zusammengesunken auf ihrem Platz und schien völlig weggetreten zu sein. Sie starrte ihr Handy an, als wäre es ein besonders widerliches und gefährliches Insekt. Franziska meinte sogar, so etwas wie Hass in ihren Augen zu sehen. Aber warum sollte Anna ihr Handy hassen? Oder hasste sie vielleicht die Person, die gerade angerufen hatte?
»Schlechte Nachrichten?«, versuchte Franziska es nochmal.
Anna blickte auf. »Was?« Sie sah Franziska verwirrt an. Langsam schien sie wieder zu sich zu kommen. »Nein, nein, alles in Ordnung.«
»Danach siehst du aber nicht aus«, stellte Franziska fest. »Wer hat dich denn gerade angerufen?«
»Ach … das war nur … meine Mutter«, stammelte Anna. »Sie ist die Einzige, die mich auf dem Handy anruft. Sie hat einen totalen Kontrollwahn und nervt mich ständig mit ihren Anrufen.« Anna versuchte ein Lächeln, was ihr aber nicht besonders gut gelang.
Franziska setzte sich neben Anna und sah sie ernst an. »Warum hörst du nicht endlich auf mit dem Theater? Ich weiß doch, dass bei dir irgendetwas nicht stimmt. Willst du mir nicht sagen, was los ist? Vielleicht kann ich dir ja helfen.«
Anna sprang auf. »Es ist alles in Ordnung!«, rief sie. »Wirklich! Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, ich hab alles im Griff.« Auf ihren Wangen erschienen hektische rote Flecken, und ihre Augen waren vor Panik weit aufgerissen. Sie sah keineswegs so aus, als hätte sie alles unter Kontrolle.
»Okay, okay«, sagte Franziska beschwichtigend. »Reg dich nicht auf. Warum setzt du dich nicht wieder hin und wir reden in aller Ruhe über die Sache?«
»Da gibt’s nichts zu reden!«, rief Anna. »Kümmere dich gefälligst um deinen eigenen Kram!« Sie drehte auf dem Absatz um und stürmte aus dem Klassenzimmer.
Franziska sah ihr nach und stieß einen tiefen Seufzer aus. »Herzlichen Glückwunsch, Franziska Winkler«, murmelte sie. »Das hast du ja mal wieder toll hingekriegt.«
»Und dann?«, fragte Kim gespannt und packte ihr Pausenbrot aus. »Was ist dann passiert?«
Franziska biss in einen riesengroßen, grasgrünen Apfel und machte ein missmutiges Gesicht. »Nichts«, berichtete sie mit vollem Mund. »Anna ist erst wieder aufgetaucht, als die erste Stunde schon angefangen hatte. Sie sah total verheult aus und hat behauptet, ihr wäre übel. Frau Pauli hätte sie beinahe nach Hause geschickt, aber Anna wollte nicht.«
»Die Ärmste«, sagte Kim, zerknüllte das Butterbrotpapier und warf es in den nächsten Papierkorb. Dann biss sie genüsslich in ihr Leberwurstbrot.
»Ich würde zu gerne wissen, wer Anna heute Morgen angerufen hat«, sagte Franziska und machte ein nachdenkliches Gesicht.
Kim nahm noch einen Bissen von ihrem Brot. »Vielleicht war es ja wirklich ihre Mutter. Könnte doch sein, oder?«
Franziska schüttelte langsam den Kopf. »Glaub ich nicht. Dafür hat sie der Anruf zu sehr mitgenommen. Anna hatte richtig Angst, das war nicht zu übersehen. Sie ist ja schon vor Schreck fast vom Stuhl gefallen, als das Handy geklingelt hat.«
Kim überlegte. »Dann wusste sie also, wer sie anrufen würde.«
»Vermutlich. Moment mal, da fällt mir was ein!« Franziskas Augen blitzten aufgeregt. »Der Klingelton! Irgendetwas war merkwürdig daran.«
»Was denn?«, fragte Kim und schob sich den Rest ihres Leberwurstbrotes in den Mund.
»Weiß ich auch nicht …« Franziska schien angestrengt nachzudenken. »Ich glaube, er war ziemlich
Weitere Kostenlose Bücher