Handy-Falle
ungewöhnlich. Darum ist er mir auch aufgefallen. Und irgendwie kam mir die Melodie bekannt vor …«
»Sing doch mal«, schlug Kim vor. »Vielleicht erkenne ich sie ja wieder.«
Franziska begann, leise vor sich hin zu summen, brach aber gleich wieder ab. »Mist!«, schimpfte sie. »Ich kann einfach nicht singen! In Musik bin ich eine komplette Niete. Darum verstehe ich auch nicht, warum meine Eltern mich seit Jahren dazu zwingen, Klavierunterricht zu nehmen.«
»Du spielst Klavier?«, fragte Kim erstaunt. Sie konnte sich Franziska prima im Hühnerstall oder auf der Pferdekoppel vorstellen – aber am Klavier? Nein, das passte überhaupt nicht zu ihr.
Franziska machte ein düsteres Gesicht. »Von spielen kann keine Rede sein. Ich treibe meine Klavierlehrerin regelmäßig an den Rand des Wahnsinns, weil ich nie übe. Aber ich hab nun mal einfach keine Lust. Leider lassen mich meine Eltern nicht aufhören. Sie glauben, dass es gut für meine Entwicklung ist, wenn ich meine Musikalität entdeckte. Hast du schon mal so einen Unsinn gehört?«
Franziska schnaubte wütend, und Kim musste lachen. Da krallte Franziska plötzlich ihre Finger in Kims Arm.
»Aua!«, quiekte Kim. »Spinnst du? Du tust mir weh!«
»Sorry«, entschuldigte sich Franziska und lockerte ihren Griff. »Aber hör doch mal!« Sie lauschte. »Hörst du das Handyklingeln? Das ist dieselbe Melodie wie die von Annas Handy. Komm mit!«
Franziska zog Kim zwischen den vielen Schülern hindurch, die während der großen Pause in kleinen Gruppen auf dem Schulhof herumstanden. Jetzt konnte Kim es auch hören. Irgendwo klingelte ein Handy. Während sie im Zickzack hinter Franziska über den Schulhof lief, begann sie, die Melodie leise mitzusummen. Wo hatte sie dieses Lied nur schon mal gehört?
»Mist!«, rief Franziska. Sie blieb plötzlich wie angewurzelt stehen und lauschte angestrengt. »Es hat aufgehört. Jetzt wissen wir nicht, wessen Handy das war. Annas kann es jedenfalls nicht gewesen sein. Sie ist drinnen geblieben, weil sie heute Klassendienst hat.«
Kim sah sich suchend um und entdeckte einen Jungen, der etwas abseits stand und eindringlich in ein Handy sprach. Er sah ziemlich angespannt aus und fuhr sich nervös mit der Hand durch die Haare.
»Vielleicht war es ja das Handy von dem Typ da drüben«, sagte sie und zeigte auf den Jungen.
Franziska nickte. »Könnte sein. Auf jeden Fall finde ich es ziemlich merkwürdig, dass dieser komische Klingelton plötzlich hier auf dem Schulhof die Runde macht. Wenn ich nur wüsste, was das für eine Melodie war …«
»Kann ich dir sagen«, sagte Kim und begann zu singen. »Taler, Taler, du musst wandern, von der einen Hand zur andern …«
»Genau!«, unterbrach Franziska sie. »Das ist es! Woher kennst du das Lied?«
»Von früher«, sagte Kim. »Das ist ein uraltes Kinderlied. Wir haben es, glaube ich, immer im Kindergarten gesungen.«
Franziska schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. »Na klar! Dass ich da nicht eher drauf gekommen bin! Ich musste dieses bescheuerte Lied in meiner ersten Klavierstunde spielen.« Sie zog eine Grimasse. »Wahrscheinlich hab ich es darum auch verdrängt. Aber findest du nicht, dass das ein ziemlich seltsamer Klingelton für ein Handy ist?«
Kim nickte. »Stimmt, ganz schön uncool. Wer lädt sich schon freiwillig ein Kinderlied runter? Es sei denn, das ist gerade der neueste Schrei und wir haben das irgendwie nicht mitbekommen.«
»Glaub ich nicht«, sagte Franziska. »Da steckt bestimmt was anderes dahinter. Taler, Taler, du musst wandern – und Anna fängt plötzlich an zu klauen. Sieht ganz so aus, als würde es tatsächlich um Geld gehen. Ich finde, wir sollten Anna auf jeden Fall weiterhin im Auge behalten.«
»Finde ich auch«, stimmte Kim zu. »Kommst du mit zum Kiosk? Ich brauche unbedingt noch einen Schokoriegel, sonst überlebe ich die letzten beiden Stunden nicht. Wie schaffst du das bloß, nur mit einem Apfel auszukommen? Hast du denn gar keinen Hunger?«
Franziska schüttelte den Kopf. »Nö, ich bin kein guter Esser. Du müsstest mal meine Mutter hören! Ständig liegt sie mir in den Ohren, dass ich mehr essen soll, total nervig.«
»Dafür bist du aber auch superschlank«, stellte Kim fest und warf einen neidischen Blick auf Franziskas eng sitzende Jeans. »Ich versuche ständig abzunehmen, aber irgendwie klappt das nicht. Ich kann nun mal ohne Schokolade nicht leben.«
»Wieso willst du denn abnehmen?«, fragte Franziska erstaunt. »Du
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