Handyman Jack 01 - Die Gruft
Vergnügen, wieder mit Ihnen zu sprechen. Darf ich Ihnen sagen, dass Sie gestern Abend wundervoll aussahen.«
»Das dürfen Sie. So oft Sie wollen.« Als er höflich lachte, fügte sie hinzu: »Warten Sie einen Augenblick. Ich hole Nellie.«
Sie war im Flur der zweiten Etage. Nellie war in der Bibliothek und sah sich eine dieser Diskussionsrunden an. Zu ihr hinunterzurufen wäre vielleicht in einer Mietskaserne angemessen gewesen, aber nicht in einer Stadtvilla am Sutton Square. Und ganz bestimmt nicht, wenn ein indischer Diplomat in der Leitung war. Also eilte Gia die Treppe hinunter.
Auf dem Weg überlegte sie, dass Mr. Bahkti ein gutes Beispiel dafür war, dass man seinem ersten Eindruck nicht trauen sollte. Er war ihr auf den ersten Blick unsympathisch gewesen, aber jetzt entpuppte er sich als sehr netter Mann. Sie lächelte grimmig. Auf ihre Charaktereinschätzungen sollte sich niemand verlassen. Sie hatte Richard Westphalen für so anziehend gehalten, dass sie ihn sogar geheiratet hatte, und man musste sich ja nur ansehen, was daraus geworden war. Und dann war da Jack. Keine sehr beeindruckende Liste.
Nellie nahm das Telefonat in ihrem Sessel vor dem Fernseher an. Während die alte Dame mit Mr. Bahkti sprach, widmete Gia ihre Aufmerksamkeit dem Fernseher, wo der Außenminister unter Beschuss durch einige Reporter geraten war.
»So ein netter Mensch«, sagte Nellie, als sie auflegte. Sie kaute auf etwas.
»So scheint es. Was wollte er denn?«
»Er will sich selbst einige Black-Magic-Pralinen bestellen und wollte wissen, woher ich sie bekommen habe. ›Himmlische Versuchung‹, so hieß das Versandgeschäft doch, oder?«
»Ja.« Gia hatte sich die Adresse eingeprägt. »In London.«
»Das habe ich ihm auch gesagt.« Nellie kicherte. »Er war sehr süß: Er wollte, dass ich eine probiere und ihm sage, ob sie immer noch so gut sind, wie ich sie in Erinnerung habe. Und das habe ich dann. Sie sind himmlisch! Ich glaube, ich esse sofort noch eine.« Sie hielt ihr die Schale entgegen. »Bitte, bedien dich.«
Gia schüttelte den Kopf. »Nein danke. Da Vicky allergisch gegen Schokolade ist, habe ich nie welche im Haus und habe den Geschmack daran verloren.«
»Das ist schade«, sagte Nellie, hielt eine weitere Praline zwischen Daumen und Zeigefinger, wobei der kleine Finger elegant abgespreizt war, und nahm einen winzigen Bissen. »Sie sind einfach köstlich.«
7
Matchball im Mount Holly Lawn Tennis Club:
Jack war völlig durchgeschwitzt. Er und sein Vater hatten es gerade so eben mit einem Tiebreak in die nächste Runde geschafft: 6:4, 3:6, 7:6. Nach ein paar Stunden Pause kamen dann die nächsten Ausscheidungen. Das Vater-Sohn-Team, dem sie jetzt gegenüberstanden, war viel jünger – der Vater war nur wenig älter als Jack, der Sohn höchstens zwölf. Aber sie konnten spielen! Im ersten Satz gewann Jack mit seinem Vater gerade mal einen Punkt, aber dieser leichte Sieg musste ihre Gegner in falsche Sicherheit gewogen haben, denn sie machten einige vermeidbare Fehler im zweiten Satz und verloren ihn 4:6.
Mit einem Satz für beide Seiten stand es jetzt 4:5 und Jack verlor gerade seinen Aufschlag. Es stand ausgeglichen mit Advantage für den Gegner. Jacks rechte Schulter brannte wie Feuer. Er hatte all seine Kraft in die Aufschläge gelegt, aber die beiden auf der anderen Seite gaben jeden davon zurück. Das war’s. Wenn er diesen Punkt verlor, war das Spiel vorbei, und er und sein Vater waren aus dem Turnier geflogen. Was Jack ganz bestimmt nicht das Herz brechen würde. Wenn sie das Spiel gewannen, musste er am nächsten Sonntag wieder antreten, ein Gedanke, der ihm ganz und gar nicht gefiel. Aber er würde das Spiel nicht absichtlich verlieren. Sein Vater hatte ein Recht darauf, dass er hundert Prozent gab, und das würde er auch tun.
Er stand dem Jungen gegenüber. Seit drei Sätzen versuchte er jetzt eine Schwachstelle in seinem Spiel zu finden. Der Zwölfjährige hatte eine sehr gute flache Vorhand, eine starke beidhändige Rückhand und servierte mörderische Schmetterbälle. Jacks einzige Hoffnung lag in seinen kurzen Beinen, die ihn verhältnismäßig langsam machten, aber er parierte meistens so brillant, dass Jack das nicht ausnutzen konnte.
Jack retournierte die Rückhand des Jungen und sprintete zum Netz, in der Erwartung, eine schwache Parade zu erhalten, die er verwandeln konnte. Er bekam einen harten Ball zurück, den er sachte auf den Vater zurückspielte. Der retournierte ihn
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