Handyman Jack 01 - Die Gruft
Angst. Das war kein Traum! Sie wollte schreien und öffnete den Mund, aber eine kalte, klamme Hand legte sich auf den unteren Teil ihres Gesichts, bevor sie einen Laut hervorbringen konnte.
Die Hand war riesig, sie war unglaublich scheußlich und nicht menschlich.
In einer heftigen Angstreaktion stemmte sie sich gegen das, was sie da festhielt. Es war, als würde man sich einer Naturgewalt entgegenstellen. Helle Lichter explodierten vor ihren Augen, während sie verzweifelt nach Luft schnappte. Nach wenigen Augenblicken löschten die Explosionen alles andere aus. Und dann sah sie nichts mehr.
10
Vicky war wach. Sie zitterte unter ihrer Bettdecke. Nicht weil ihr kalt war, sondern wegen des Traums, den sie gerade durchlitten hatte und in dem Mr. Traubenklau Mrs. Jelliroll entführt hatte, um sie in eine Pastete einzubacken. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, als sie durch das Dunkel zum Nachttisch neben ihrem Bett sah. Mondlicht fiel durch die Gardinen vor dem Fenster links von ihr und reichte aus, um ihr zu zeigen, dass Mrs. Jelliroll und Mr. Traubenklau friedlich da lagen, wo sie sie schlafen gelegt hatte. Sie musste sich keine Sorgen machen. Nur ein Traum. Und hieß es nicht auf der Packung, dass Mr. Traubenklau ihr »freundschaftlicher Rivale« war? Und er wollte nicht Mrs. Jelliroll selbst zu Marmelade verarbeiten, sondern nur ihre Trauben.
Trotzdem zitterte Vicky. Sie rollte sich zur Seite und schmiegte sich an ihre Mutter. Das war das, was ihr an den Aufenthalten bei Tante Nellie und Tante Grace am besten gefiel – sie schlief bei Mommy. In ihrer eigenen Wohnung hatte sie ihr eigenes Zimmer und musste allein schlafen. Wenn sie wegen eines Gewitters oder eines bösen Traums Angst bekam, konnte sie immer zu Mommy laufen und sich dort einkuscheln, aber meistens musste sie in ihrem Bett schlafen.
Sie versuchte wieder einzuschlafen, aber es gelang ihr nicht. Bilder von dem großen, schlaksigen Mr. Traubenklau, der Mrs. Jelliroll in einen Topf steckte und sie zusammen mit ihren Trauben kochte, tauchten immer wieder vor ihr auf. Schließlich ließ sie ihre Mutter los und drehte sich zum Fenster um.
Der Mond war aufgegangen. Sie fragte sich, ob wohl schon Vollmond war. Sie sah ihn gern an. Sie schlich sich aus dem Bett und zum Fenster hinüber und teilte die Vorhänge. Der Mond stand fast in der Mitte des Himmels und war beinahe voll. Und sein Gesicht lächelte sie an. Es strahlte so freundlich. Fast wie am Tag.
Da die Klimaanlage lief und alle Fenster geschlossen waren, um die Hitze draußen zu halten, waren alle Geräusche von draußen ausgesperrt. Alles war still und ruhig dort draußen, fast wie ein Gemälde.
Sie sah hinunter auf das Dach ihres Spielhauses, das im Mondschein weiß leuchtete. Von hier oben aus dem zweiten Stock sah es so klein aus.
Unten in den Schatten bewegte sich etwas. Etwas Großes und Dunkles und Knochiges. Es sah aus wie ein Mensch und doch so ganz anders. Es bewegte sich in einer fließenden Bewegung durch den Hinterhof, ein Schatten zwischen den Schatten, und es sah so aus, als würde es etwas tragen. Und da drüben vor der Mauer schien noch so ein Wesen zu warten. Das zweite sah auf und blickte mit glühenden gelben Augen direkt zu ihr herauf. Sie sahen hungrig aus – hungrig nach ihr.
Vicky gefror das Blut in den Adern. Sie wollte zurück ins Bett zu ihrer Mutter springen, aber sie konnte sich nicht bewegen. Sie konnte nur dastehen und schreien.
11
Gia wachte auf und war bereits auf den Füßen, nach einem kurzen Moment völliger Orientierungslosigkeit, in dem sie weder wusste, wo sie war, noch was sie da tat. Das Zimmer war dunkel, ein Kind schrie und sie hörte ihre eigene angsterfüllte Stimme, die merkwürdig verzerrt Vickys Namen rief.
Panische Gedanken tobten durch ihren langsam erwachenden Verstand.
Wo ist Vicky?… Das Bett ist leer …Wo ist Vicky? Sie konnte sie hören, aber sie sah sie nicht. Wo, um Himmels willen, ist Vicky?
Sie stolperte zum Schalter an der Tür und knipste das Licht an. Einen Moment lang wurde sie durch die plötzliche Helligkeit geblendet, dann sah sie Vicky, die noch immer schreiend vor dem Fenster stand. Sie rannte zu ihr und nahm sie in die Arme.
»Es ist alles gut, Vicky! Alles ist gut!«
Vicky hörte auf zu schreien, aber sie zitterte weiter. Gia hielt sie fester und versuchte, Vickys Zuckungen mit ihrem eigenen Körper zu lindern. Schließlich beruhigte sich das Kind und nur dann und wann entfuhr ihrem zwischen Gias
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