Handyman Jack 01 - Die Gruft
– Roosevelt Island – die sich am Ende der Straße, an der Tante Grace und Tante Nellie wohnten, im Fluss befand.
Würden sie darum herumschwimmen und nach Manhattan zurückkehren? Wollte das Monster sie wieder in Tante Nellies Haus bringen?
Nein. Sie kamen am Ende der Insel vorbei, aber das Monster wandte sich nicht nach Manhattan. Es schwamm geradeaus weiter den Fluss hinunter. Vicky zitterte und begann zu weinen.
23
Gia fiel das Kinn auf die Brust und sie schreckte auf. Der Film lief erst seit einer halben Stunde und sie schlief bereits ein. Sie war bei Weitem nicht so wach, wie sie gedacht hatte. Sie schaltete den Fernseher aus und ging ins Schlafzimmer zurück.
Die Angst traf sie wie ein Messer zwischen die Rippen, als sie die Tür öffnete. Das ganze Zimmer stank faulig. Jetzt erkannte sie den Gestank. Es war der gleiche Geruch, den sie in der Nacht, als Nellie verschwand, in deren Schlafzimmer bemerkt hatte. Ihr Blick schoss zum Bett und ihr blieb das Herz stehen, als sie bemerkte, dass es flach war – es fehlte die vertraute kleine Wölbung, die ein zusammengerolltes kleines Kind unter der Bettdecke verursacht.
»Vicky?« Ihr brach die Stimme, als sie den Namen rief und das Licht anschaltete. Sie muss hier sein!
Ohne auf eine Antwort zu warten, rannte Gia zum Bett und schlug die Decke zurück.
»Vicky?« Ihre Stimme war nur noch ein Wimmern. Sie ist hier – sie muss hier sein!
Sie rannte zum Kleiderschrank und tastete den Boden ab. Dort war nur Mrs. Jellirolls Tragekoffer. Danach kroch sie zum Bett und sah darunter nach. Auch da war Vicky nicht.
Aber da war etwas anderes – ein kleiner dunkler Klumpen. Gia streckte die Hand aus und griff danach. Ihr wurde speiübel, als sie eine frisch geschälte und zum Teil aufgegessene Orange ertastete.
Ein Orange! Jacks Worte kamen ihr wieder in den Sinn: »Willst du, dass Vicky so endet wie Grace und Nellie? Dass sie spurlos verschwindet?« Er hatte gesagt, dass da etwas in der Orange war – aber er hatte sie fortgeworfen! Wie war Vicky dann an sie herangekommen?
Sie musste mehr als eine Orange in ihrem Spielhaus gefunden haben.
Das ist ein Albtraum! Das kann nicht wahr sein!
Gia rannte durch die ganze Wohnung, öffnete jede Tür, jeden Schrank, jede Anrichte. Vicky war verschwunden. Sie hastete ins Schlafzimmer zurück und stürzte zum Fenster. Das Fliegengitter fehlte, was sie vorher nicht bemerkt hatte. Vor ihrem inneren Auge sah sie Bilder eines zerschmetterten Kindes auf dem Straßenpflaster und musste einen Schrei unterdrücken. Sie hielt den Atem an und sah nach unten. Der Parkplatz war direkt unter ihr und von Straßenlaternen gut beleuchtet.
Keine Spur von Vicky.
Gia wusste nicht, ob sie jetzt erleichtert sein sollte oder nicht. Im Augenblick wusste sie nur, dass ihr Kind nicht da war und dass sie Hilfe brauchte. Sie rannte zum Telefon und wollte den Notruf wählen, hielt dann aber inne. Die Polizei würde sich sicherlich mehr um ein vermisstes Kind kümmern als um zwei alte Damen, die verschwunden waren, aber würden sie auch mehr ausrichten können? Gia hatte da ihre Zweifel. Es gab nur eine Nummer, die ihr weiterhelfen konnte: Jacks.
Jack wird wissen, was zu tun ist. Jack kann helfen.
Sie zwang ihren zitternden Zeigefinger dazu, die Nummern einzutippen, erhielt aber nur ein Besetztzeichen. Sie legte auf und wählte neu. Wieder besetzt. Sie hatte keine Zeit zu warten. Sie rief bei der Vermittlung an und sagte, es sei ein Notfall und sie müssten unbedingt das Gespräch in der Leitung kappen. Sie wurde in eine Warteschleife verwiesen. Es dauerte vielleicht eine halbe Minute, kam ihr aber wie eine Ewigkeit vor. Dann hatte sie die Vermittlung wieder am Apparat, und ihr wurde gesagt, dass die Leitung nicht besetzt sei – der Teilnehmer habe seinen Hörer nicht aufgelegt.
Gia schleuderte ihren Hörer auf die Gabel. Was sollte sie tun?
Sie war außer sich. Was war bei Jack los? Hatte er den Hörer absichtlich danebengelegt oder war das Telefon heruntergefallen?
Sie rannte ins Schlafzimmer zurück, zwängte sich in eine Jeans und warf sich eine Bluse über, ohne vorher ihren Schafanzug auszuziehen. Sie musste Jack finden. Wenn er nicht in seiner Wohnung war, war er vielleicht in Abes Laden – sie war sich ziemlich sicher, dass sie dort wieder hinfinden würde. Wenigstens hoffte sie das. Sie war so durcheinander. Sie konnte an nichts anderes als an Vicky denken.
Vicky, Vicky, wo bist du?
Aber wie sollte sie zu Jack kommen? Das
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