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Handyman Jack 01 - Die Gruft

Handyman Jack 01 - Die Gruft

Titel: Handyman Jack 01 - Die Gruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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könnte aber auch sehr viel besser sein. Er könnte wieder in Fort William in Kalkutta sein. Da war es zwar auch nicht viel kühler, aber näher am Meer. Wenn das Pulverfass Indien explodiert, ist es von da nur ein Katzensprung, und man ist auf einem Schiff den Hoogly hinunter und in Sicherheit im Golf von Bengalen.
    Er nahm noch einen Schluck und lehnte sich an die Hauswand in seinem Rücken. Es war keine Haltung, die einem Offizier geziemte, aber das war ihm im Augenblick egal. Sein Büro war wie ein frisch angeheizter Ofen. Das Intelligenteste, was er tun konnte, war es, hier mit dem Wasserkrug zu warten, bis die Sonne nicht mehr so hoch stand. Es war jetzt drei Uhr. Es sollte bald kühler werden.
    Er wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht herum. Sollte er je lebend aus Indien herauskommen, dann würde es nur eines geben, an das er sich noch besser erinnern könnte als an die Hitze und die Schwüle – die Fliegen. Sie waren überall – bedeckten alles auf dem Markt – die Ananas, die Orangen, die Zitronen, die Reisberge – alles war mit schwarzen Punkten überzogen, die sich bewegten, aufstiegen, sich wieder niederließen und wieder aufstiegen. Immer wieder hatte man dreiste, arrogante Fliegen im Gesicht, die wegflogen, gerade bevor man sie totschlagen konnte.
    Dieses unaufhörliche Summen – waren das die Käufer, die mit den Händlern feilschten, oder waren es die Fliegenschwärme?
    Der Geruch von frischem Brot stieg ihm in die Nase. Das Ehepaar an dem Stand auf der anderen Seite der Marktgasse verkaufte Chapattis, kleine ungesäuerte Teigfladen, die zum Speiseplan jedes Inders gehörten, egal, ob arm oder reich. Er hatte sie ein paarmal probiert, aber sie schmeckten nach nichts. In der letzten Stunde hatte die Frau sich über ein Dungfeuer gebeugt und eine Unzahl von Chapattis auf flachen Eisentellern gebacken. Um die Feuerstelle herum mussten es weit über 50 Grad sein.
    Wie hielten diese Leute das aus?
    Er schloss die Augen und wünschte sich eine Welt ohne Hitze, Dürre, gierige Gläubiger, Vorgesetzte und aufständische Sepoys. Er hielt die Augen geschlossen und genoss die relative Dunkelheit hinter den Lidern. Wenn er doch nur den Rest des Tages so verbringen könnte, einfach hier stehen und …
    Es war kein Geräusch, dass ihn auffahren ließ, es war das Fehlen von Geräuschen. Es war plötzlich vollkommen still geworden. Als er sich von der Wand löste, sah er Käufer, die gerade noch Waren inspiziert und mit Händlern gefeilscht hatten, in Seitenstraßen und Häusereingängen verschwinden – keine Hektik, keine Panik, aber sie bewegten sich alle mit zielstrebiger Eile, als sei ihnen plötzlich eingefallen, dass sie ja irgendwo anders sein sollten.
    Nur die Händler blieben zurück … die Händler und die Fliegen.
    Misstrauisch und mit einem mulmigen Gefühl tastete Westphalen nach dem Griff des Säbels an seiner Hüfte. Er hatte seinen Gebrauch zwar trainiert, aber er hatte sich noch nie damit verteidigen müssen. Hoffentlich musste er das jetzt nicht.
    Er spürte eine Bewegung zu seiner Linken und drehte sich um.
    Ein fetter, kleiner Mann in der orangefarbenen Robe eines heiligen Mannes führte völlig unbekümmert eine Karawane von sechs Maultieren die Straße hinunter.
    Westphalen entspannte sich ein wenig. Nur ein Svamin oder sonst ein heiligen Mann. Hier trieben sich immer ein paar von denen herum.
    Er beobachtete weiter und sah zu, wie der Mönch zur anderen Straßenseite hinüberging und mit seinen Maultieren vor einem Käsestand haltmachte. Er drehte sich nicht nach links oder rechts um, er ging auch nicht auf den Händler zu; er stand einfach da und wartete. Der Käsehändler suchte hastig ein paar seiner größten Stücke und Käseräder zusammen und brachte sie zu dem kleinen Mann, der kurz den Kopf senkte, nachdem er einen Blick auf das Angebot geworfen hatte. Der Händler verstaute die Waren in einem Sack auf dem Rücken eines der Maultiere und kehrte dann wieder hinter seinen Stand zurück.
    Es war kein Geld zwischen den beiden geflossen.
    Westphalen beobachtete mit steigender Verwunderung weiter.
    Der nächste Halt war auf Westphalens Straßenseite – der Chapatti-Stand nebenan. Der Mann brachte einen vollen Korb zur Begutachtung heraus. Wieder ein Nicken und auch diese fanden ihren Weg auf den Rücken eines der Maultiere.
    Und wieder hatte es keine Bezahlung gegeben – und keine Fragen nach der Qualität der Ware. Seit seiner Ankunft in Indien hatte Westphalen so etwas nicht

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